Was treibt Menschen an, die auf Intensivstationen arbeiten? Welchen körperlichen und seelischen Belastungen sind sie ausgesetzt? SWR3-Reporter Jakob Reifenberger hat eine Nachtschicht begleitet und berichtet von seinen Erfahrungen.
Intensivstationen – das ist natürlich nicht nur Corona. Durch die Pandemie ist die Lage dort deutlich angespannter, viel los war aber auch vorher, denn Motorradunfälle und Herzinfarkte gibt es ja weiterhin.
Nachtdienst auf der Intensivstation: eine Arbeit an der Belastungsgrenze
Mich berührt, wie viel der Job Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten abverlangt – manchmal so viel, dass sie ihre eigene Gesundheit aufs Spiel setzen. Denn: Die Gefahr lauert nach der Nachtschicht. Ulrike arbeitet auf der Intensivstation des Westpfalz-Klinikums in Kaiserslautern, wo ich sie für eine Nacht begleitet habe. Sie macht den Job seit 18 Jahren und kennt das Problem:
Auf der Intensivstation ist es niemals still
Nachtschicht auf der Intensivstation – das bedeutet auch, dass es dort niemals still wird. Mein erster Eindruck schon kurz nach Mitternacht: Wie hält man sowas durch? Ständig piept ein Alarm irgendwo. „Manchmal nervt das, wenn man müde ist, das merkt man oder, wenn man viele Dienste am Stück hat“, erzählt Ulrike.
Für die Pflegekräfte heißt der Dienst auch, dass sie die Nacht über von Zimmer zu Zimmer müssen, zum Beispiel um den Patientinnen und Patienten Medikamente zu geben. Meine Füße sind schnell müde – darüber lacht die Nachtschicht verständnisvoll. Die körperliche Belastung gehe vor allem auf die Knochen, wird mir erzählt: „Der Rücken ist eigentlich das Hauptproblem von jedem und dann die Knie und Füße.“
Motivation trotz körperlicher und seelischer Belastungen
Ein weiterer Knochenjob der Nacht: Patienten drehen. Zu den Aufgaben gehört es außerdem, Blut abzunehmen, lebenswichtige Daten zu messen und Infusionen nachzufüllen. Aber der Job wird auch von den unvorhersehbaren Dingen bestimmt: Kreislaufzusammenbruch, Wiederbelebung, Todesfall. Trotz Gepiepse und dem vielen Laufen hat diese Nachtschicht auf mich vergleichsweise ruhig gewirkt, immerhin blieben Wiederbelebungen und Todesfälle glücklicherweise aus.
Die psychische Belastung für das Personal bleibt aber. Um durchzuhalten sei im Team der besondere, schwarze Humor nötig, erklärt Ulrike. Deshalb steht auch „Höllenschmerzen“ auf dem Schrank mit den richtig starken Schmerzmitteln.
Die Baby-Intensivstation: große Hilfe für die Kleinsten
Mit dem hektischen Betrieb und lauten Alarmton der Intensivstation im Kopf fühlt sich die Frühchen-Intensivstation für mich fast wie eine Ruhe-Oase an, denn für die Kleinsten soll so viel Stress wie möglich vermieden werden. Doch der ruhige Schein trügt: der Wechsel zu einem Notfall geschieht häufig in wenigen Sekunden.
Die mobile Intensivstation: Leben retten to go
Bitte eine Intensivstation zum Mitnehmen! Klingt wie ein Scherz, ist aber ernst. Nur fünf von diesen speziellen Transport-Wagen gibt es jeweils in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg. Sie sind extrem wichtig, wenn etwa eine Intensivstation voll ist und ein Patient verlegt werden muss. Eine Fahrt, bei der selbst Schlaglöcher und Vollbremsungen lebensgefährlich sein können.
Für Intensivverlegungen ist ein hoher Aufwand und viel Vorsicht nötig. Sie sind aber auch unverzichtbar im Kampf um Menschenleben, wie mir Dr. Frank Wappler erklärt:
Nicht nur bei einer überdurchschnittlichen Belegung der Intensivstation durch eine Pandemie oder durch Großunfälle kommt die Intensivverlegung infrage. Für eine passende Behandlung können die Wege zukünftig allgemein weiter werden:
Wer hilft den Helfern? Traumatische Erlebnisse im Job
Fast alle sagen mir, dass sie versuchen, ihren Job so gut wie möglich vom Provatleben zu trennen. Doch natürlich bleiben auch immer wieder heftigere Fälle im Gedächtnis. Der Umgang damit ist sogar Teil der Pflegeausbildung:
Azubi in der Pflege – lohnt sich das?
Lara Wieczorek habe ich auf den Krankenhausfluren in Kaiserslautern getroffen. Sie macht eine Ausbildung in der Pflege und bestärkt alle, die sich auch dafür interessieren. Denn auch wenn der Beruf viel Kraft koste, bekomme sie viel zurück: