Seit inzwischen einer Woche ist der sechs Jahre alte Arian aus Bremervörde-Elm verschwunden. Die Suche nach ihm gehe weiter – allerding werde die aktive Suche ab Dienstag eingestellt, bestätigte ein Polizeisprecher.
Nachbar: Es gibt niemanden, der nicht nach Arian guckt
„Wir hatten gedacht, wir finden ihn“, sagte der Sprecher. Die Ermittler gingen weiter von einem Vermisstenfall aus. „Man kann diese hohen Suchmaßnahmen nicht permanent aufrechterhalten.“ Man habe schon viele Tipps bekommen. Etwas Konkretes sei allerdings nicht dabei gewesen.
„Die Betroffenheit ist riesengroß“, sagt Anwohner Hans-Hermann Tiedemann am Dienstag. „Es gibt niemanden, der – wenn er irgendwo ist – nicht guckt“, sagte er mit Blick auf die Menschen in dem Ortsteil. Alle suchten irgendwie weiter. Es sei unverständlich, dass der Junge trotz der so schnell begonnenen, großen Suche nicht gefunden wurde.
Polizei: Aktive Suche nach vermisstem Arian wird eingestellt
Es werde nicht mehr flächendeckend, sondern gezielt und „anlassbezogen“ gesucht, etwa wenn es neue Hinweise oder „Ideen“ gebe, hatte es am Montag vom Pressesprecher der Polizei geheißen. Auch die Bundeswehrsoldaten seien inzwischen abgezogen. Jetzt werde nur noch punktuell nach dem autistischen Jungen gesucht.
Eine neue fünfköpfige Ermittlungsgruppe mit Experten für Vermisstenfälle koordiniere nun das Vorgehen. Weiter heißt es: „Wir gehen jetzt von der Einsatz- in die Ermittlungsphase über.“ Arians Familie sei über das Vorgehen unterrichtet und werde engmaschig durch die Notfallseelsorge, Polizei und Angehörige betreut.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bedankte sich am Montag bei den Einsatzkräften. „Dies ist auch für sie ein schwieriger Einsatz – dessen bin ich mir bewusst“, sagte Weil. Und er betonte, die Suchaktion sei ein eindrucksvolles Beispiel für Mitgefühl und Zusammenhalt.
1.200 Helfer: Größte Suchaktion nach Arian am Sonntag ohne Erfolg
Am Sonntag durchsuchten rund 1.200 Helferinnen und Helfer das Gebiet nördlich von Arians Wohnort Bremervörde-Elm. Dabei bildeten 800 von ihnen eine 1,5 Kilometer breite Menschenkette, die bis zum Abend in Richtung Elm das Gebiet durchstreifte. Auch weitere Boote und Drohnen waren im Einsatz, dazu noch eine Reiterstaffel. „Die große Anzahl an Kräften, die wir heute nochmal haben, zeigt, dass wir immer noch die Hoffnung haben“, sagte eine Sprecherin der Polizei. Von einer Straftat gehe die Polizei weiterhin nicht aus.
Suche nach Arian: „Aufgeben ist für uns noch keine Option“
Aufgeben ist für die Polizei und die Helfer vor Ort aber keine Option. Man habe weiter Hoffnung, Arian lebend zu finden. „Wir suchen weiter Tag und Nacht“, sagte die Sprecherin. Auf Social Media kursieren teilweise Videos, die den Anschein erwecken, Arian sei inzwischen gefunden worden. Das ist allerdings leider nicht wahr.
Arian verschwand nur mit Sweater, Jogginghose und Socken
Seit Montagabend (22. April) ist Arian irgendwo um seinen Wohnort Bremervörde herum unterwegs. Er hat in dieser Zeit wahrscheinlich nichts gegessen und nichts getrunken. Auch die kalten Nächte sind eine riesige Gefahr: Arian trägt nur einen Sweater, Jogginghose und Socken. Die private Überwachungskamera eines Nachbarn hatte am 22. April aufgenommen, wie er gegen 19:15 Uhr mit einem Stöckchen spielt und dabei die Stadt in Richtung eines Waldgebietes verlässt. Seitdem fehlt von ihm jede Spur.
Behörden versuchten, Arian mit „leiser Strategie“ zu finden
Am Freitag hatten Helferinnen und Helfer die Taktik geändert. Statt mit grellem Licht, Feuerwerk und lauter Musik (siehe weiter unten) suchten rund 200 Soldaten der Bundeswehr mit einer „leisen Strategie“ nach Arian – also in kleinen Gruppen und mit Nachtsichtgeräten.
Botschaften von Arians Mutter sollten ihm die Angst vor der Polizei nehmen
Bei der Suche waren auch Botschaften von Arians Mutter abgespielt worden. Darin erlaubte sie ihm, sich an Einsatzkräfte zu wenden, wie die Ergotherapeutin Jutta Bertholdt am Samstag der dpa berichtete. Bertholdt beriet die Helfer während der Suche.
Arian könne ohne die Erlaubnis einer Vertrauensperson vor einer Kontaktaufnahme mit Einsatzkräften zurückschrecken. Menschen mit Autismus seien Regeln vergleichsweise wichtig, sagte Bertholdt. Sie lobte, dass an allen Orten gesucht werde. Das sei richtig, denn es könne sein, dass Arian als Autist anders als Altersgenossen keine Angst etwa vor dem dunklen Wald habe. Laut Polizei sei es „durchaus möglich, dass sich der Junge auch hin und her bewegt“. Darum müsse man manche Orte mehrmals durchsuchen.
Luftballons, Lichtkegel und Kinderlieder sollten Arian anlocken
Am Mittwoch (24. April) hatten die Helfer und Helferinnen die Landschaft mit Dingen gespickt, die Arian mag: auffallend bunte Luftballons, Gummibärchen und Schokolade. Das alles hatte die Feuerwehr in den Feldern und Wäldern, die an das Zuhause des Jungen angrenzen, auf Wunsch der Eltern aufgehängt. Drumherum und im Wald positionierten die Helfer Wildkameras, die ihn entdecken sollen. In der Nacht zu Donnerstag wurde sogar ein Feuerwerk abgebrannt, weil Arian Feuerwerke mag.
Freitagnacht wurden laut Kinderlieder gespielt und sogenannte Skybeamer genutzt. Das sind Scheinwerfer, die einen Lichtkegel in den Himmel projizieren, wie die Polizei mitteilte. Auch die sollten Anreize für den vermissten Jungen setzen, die Orte aufzusuchen.
Experte in SWR3: „Da wird schon sehr viel richtig gemacht“
Fabian Diekmann ist vom Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus hält die Suchmethode für ziemlich gut. Im Interview mit SWR3 sagt er auch, was man tun sollte, wenn man den Jungen entdeckt:
Suche nach Arian: Die Behörden haben alles aufgefahren, was sie hatten
Auch Tornado-Jets, Hubschrauber mit Wärmebildkameras und Drohnen waren im Einsatz. Polizeitaucher suchten am Mittwoch den Fluss Oste in der Nähe des Wohnhauses ab. Polizisten sind den Fluss auch mit einem Sonarboot abgefahren:
Arians Eltern: Bitte Plätze, die wie eine Höhle wirken, absuchen!
Auf einem Facebook-Post, der wohl von Arians Eltern stammt, werden die Menschen in der Gegend gebeten, ihre Höfe, Häuser, Gartenlauben, Garagen und Keller abzusuchen. „Auch wenn ihr spazieren geht, könnt ihr auf Hochsitzen, Bushaltestellen oder Plätzen, die wie eine Höhle wirken können, nach Arian schauen“, heißt es da unter anderem.
„Außerdem bitten wir diejenigen, deren Grundstücke an Wälder, Wiesen oder Felder grenzen, Spielzeuge an euren Zäunen zu befestigen oder an einem Baum, den ihr gut sehen könnt, damit ihr es auch bemerkt, wenn Arian euch besucht.“ Die Sachen sollten aber so befestigt werden, dass Arian nicht über eine Straße laufen müsse, um sie zu erreichen.