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Ferdinand Vögele
Ferdinand Vögele
Christoph Mautes

Was ist denn jetzt höher, die Steuereinnahmen durch die Raucher oder die Folgekosten des Rauchens? Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten.

Krass! So viel verdient der Staat an Rauchern! Oder etwa doch nicht? Wir haben uns das mal genauer angeschaut.

Gleich vorweg: Eine einfach Antwort, auf die Frage, ob Raucher den Staat und die Sozialsysteme mehr kosten, als er über die Tabaksteuer einnimmt, gibt es nicht. Auch wenn die Lage zunächst ziemlich eindeutig erscheint:

Eine Frau raucht eine Zigarette

Nachrichten Wie viel kosten Rauchen den Staat und das Gesundheitssystem?

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Was ist denn jetzt höher, die Steuereinnahmen durch die Raucher oder die Folgekosten des Rauchens

Wie viel verdient der Staat an Rauchern mit der Tabaksteuer?

Wenn man mal ganz stumpf die Zahlen vergleicht – wie viel der Staat durch Rauchen einnimmt und wie viel Kosten das Rauchen jedes Jahr verursacht – dann steht da unterm Strich ein richtig fettes Minus. Schauen wir uns die Zahlen mal an:

Laut Statistischem Bundesamt hat der Staat 2021 14,67 Milliarden Euro an Tabaksteuer eingenommen. Laut dem Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) machte die Tabaksteuer am Preis einer Zigarette 54,2 Prozent aus (aktuellste Daten aus dem Jahr 2021). Dabei sind Dreh- und Stopftabak, Zigarillos und Zigarren sowie Pfeifentabak, einschließlich Wasserpfeifentabak und Tabaksticks für Tabakerhitzer oder E-Liquids niedriger besteuert. Kau- und Schnupftabake, sind von der Tabaksteuer sogar ausgenommen.

Zu den Einnahmen durch die Tabaksteuer kommt noch die Mehrwertsteuer, die einheitlich für Tabakprodukte bei 19 Prozent liegt.

Deutsches Krebsforschungszentrum: Folgen des Rauchens kosten Staat fast 100 Milliarden!

Nun also zu den Folgekosten des Rauchens: Die liegen laut der aktuellen Ausgabe des Tabakatlas des DKFZ bei 97,24 Milliarden Euro – jährlich!

Die direkten Kosten des Rauchens machen dabei sogar nur 31 Prozent aus. Das heißt Krankheitskosten durch Rauchen und Passivrauchen, aber auch Pflegekosten oder Reha-Maßnahmen sowie Unfälle wie Brände etc.

Viel schwerer fallen laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum die indirekten Kosten ins Gewicht. Die machen 69 Prozent aus und betreffen ganz dick den Arbeitskräftemarkt. Größtes Problem: „Ressourcenverlust durch frühzeitigen Tod“. Das heißt, dass einem Unternehmen eine Arbeitskraft salopp gesagt durch das Rauchen wegstirbt.

Aber auch langfristige und kurzfristige Arbeitslosigkeit sowie Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsminderung sind wichtige Faktoren. Hinzu kommen Pflegebedürftigkeit und die Zeit für Reha-Maßnahmen, die dem Arbeitgeber flöten geht.

DKFZ: Zigaretten müssten viel teurer sein!

Das Deutsche Krebsforschungszentrum rechnet hoch, dass eine Packung Zigaretten 22,80 Euro kosten müsste, um die direkten und indirekten Kosten zu kompensieren. Laut dem Deutschen Zigarettenverband kostete eine Schachtel Zigaretten (20 Stück) der beliebtesten Marke aktuell 8 Euro.

Vergleicht man nun also die Einnahmen durch Tabaksteuer mit den vom DKFZ errechneten Folgekosten des Rauchens, bleibt unterm Strich erst mal ein ziemlich großes Minus von 83 Milliarden Euro. Die Antwort ist doch also klar – doch jetzt kommt das Aber.

Karlsruher Wirtschaftswissenschaftler: Raucher kosten den Staat weniger

ABER: So richtig einig ist man sich bei dieser Rechnung nicht. Es gibt einige Wissenschaftler – vor allem Wirtschaftswissenschaftler – die da einen anderen Blick drauf haben.

Einer von ihnen ist Berthold Wigger vom Karlsruher Institut für Technologie KIT. Zusammen mit einem Kollegen hat er 2015 eine Studie zum Thema durchgeführt, deren Ergebnisse auch noch heute Gültigkeit haben, erklärt er. Laut der Studie gibt es zwei Hauptargumente, die gegen die oben genannte Rechnung sprechen:

Grund 1: Raucher sterben früher

Weil Rauchen bekanntermaßen richtig gesundheitsschädlich ist, sterben Raucherinnen und Raucher früher. Im Schnitt leben sie fünf bis zehn Jahre weniger als Nichtraucher, heißt es vom DKFZ. Damit entlasten sie die Rentenkassen – ja, das klingt zynisch.
Noch zynischer: In der Regel sterben Raucher erst nach ein paar Jahren im Ruhestand. Davor haben sie aber kräftig ins Rentensystem eingezahlt. Sie profitieren nur nicht allzu lange davon...

Und noch das Sahnehäubchen für Zyniker: Im angelsächsischen Raum spricht man bei solchen Berechnungen von einem sogenannten „Death Benefit“ also einem Tod, der für das Sozialsystem nützlich ist, erklärt Wigger. Nach so viel Zynismus schnell zu Grund Zwei...

Grund 2: Auch Nichtraucher sterben

Klingt banal: Auch Nichtraucher sterben – wenn auch nicht an Tabakkonsum. „Der [Nichtraucher] stirbt an einer anderen Krankheit. Und das löst vermutlich auch Gesundheitskosten aus, die dann beim Raucher natürlich so nicht entstehen“, ergänzt Wigger. Im Gegensatz zum Raucher hat der Nichtraucher aber nicht in das Sozialsystem in Form einer Steuer für sein Verhalten eingezahlt.

Neuseeland hat per Gesetz künftigen Generationen verboten, zu rauchen. Was hat es mit dem neuen Gesetz auf sich?

Kosten Raucher den Staat mehr? Man muss Brutto- und Nettokosten vergleichen

Wigger erklärt das ganze noch mal etwas wissenschaftlicher: Um die Kosten des Rauchens zu berechnen, gibt es zwei mögliche Ansätze: Einen Brutto- und einen Nettokostenansatz.

Der Bruttokostenansatz funktioniert so wie beim DKFZ: Man zählt einfach alle Kosten, die durch Rauchverhalten oder den Tabakkonsum pro Jahr entstehen (Behandlungen etc.) zusammen und rechnet ihn gegen die Einnahmen durch die Tabaksteuer.

Das sei ein Ansatz, der zumindest in der internationalen ökonomischen Literatur schon seit geraumer Zeit verworfen sei, so Wigger. „Die relevante Frage ist ja eigentlich [...]: Wie viele Kosten wären denn entstanden, hätte die jeweilige Person nicht geraucht?

Im Nettokostenansatz wird genau dies berücksichtigt: Also den früheren Tod eines Rauchers oder einer Raucherin und mögliche Kosten eines Nichtrauchers. Von diesen Kosten wird am Ende auch wieder die eingezahlte Tabaksteuer abgezogen.

Und mit diesem Nettokostenansatz kommt Wiggers Studie zur Schlussfolgerung, dass Raucher „[...] sogar in der Summe aus über den ganzen Lebenszyklus hinweg, die öffentlichen Kassen eher entlasten als belasten.“

Rauchen oder nicht rauchen? Was ist jetzt das Fazit? 

Fassen wir zusammen: Die zwei unterschiedlichen Ansätze kommen zu ganz unterschiedlichen Zahlen. Doch sie lassen sich auch gar nicht miteinander vergleichen: „Die Zahlen, die wir berechnen, sind nicht direkt vergleichbar mit den Zahlen des Krebsforschungszentrums, und zwar deshalb nicht, weil wir eine Lebenszyklusbetrachtung haben“, so Wigger.

Und jetzt wird es noch mal spannend: Denn der Wirtschaftswissenschaftler erklärt, dass viel entscheidender sei, mit welchen Zahlen letztlich Politik gemacht wird. Die Tabaksteuer allein wegen der Folgekosten des Rauchens zu erhöhen, wäre laut Wiggert nicht gerechtfertigt – auch wenn es viele andere gute Gründe gäbe, sie zu erhöhen.

Man muss das so sagen: Raucher tragen in hohem Maße die Lasten ihres Rauchverhaltens selbst. Das heißt aber nicht, dass es für irgendwen von Vorteil ist, dass sie rauchen. Am besten ist es für uns, nicht zu rauchen. Das steht außer Frage. [...] Rauchen ist ganz ohne Zweifel ein äußerst gesundheitsschädliches Verhalten! Hier [bei unserer Studie Anm. d. R.] geht es aber nur um die Frage: In welchem Umfang belasten Raucher mit ihrem Rauchverhalten finanziell auch andere?

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