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Von Autor/in Lea Hufnagel

Wer in einer Partnerschaft Gewalt erfährt, kann Hilfe bekommen – sowohl schnell in einer Gefahrensituation als auch langfristig. Welche Möglichkeiten Betroffene haben, erklärt die Anwältin Juliane Hilbricht.

Häusliche Gewalt kann jeden treffen

Gewalt in der Partnerschaft ist keine Frage der Bildung, des Einkommens oder des Lebensstandards. Sie kann in jeder Beziehung vorkommen und sie kommt immer häufiger vor. Das Bundeskriminalamt hat im vergangenen Jahr mehr als 240.000 Fälle registriert – das ist ein Anstieg um achteinhalb Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Mehr als 700 solcher Fälle endeten tödlich. Deutlich mehr als zwei Drittel der Betroffenen waren Frauen und die Täter überwiegend Ehemänner, Lebenspartner oder andere Familienmitglieder.

Im Video: Täglich gibt es 400 Fälle von häuslicher Gewalt. Warum bleiben viele Frauen trotzdem bei ihren Partnern?

Anwältin Hilbricht hilft Opfern häuslicher Gewalt

Das Thema beschäftigt auch die Anwältin Juliane Hilbricht in ihrer Kanzlei. In über 20 Jahren als Anwältin für Familien- und Sozialrecht hat sie schon viele Opfer vor Gericht vertreten. Im Fall der häuslichen Gewalt kommen Frauen aus den verschiedensten Bereichen zu ihr:

Das ist die Chefärztin, das ist die Lehrerin, das ist die Arbeiterin. Das ist die Frau, die frisch aus der Türkei nach Deutschland geholt worden ist und noch gar kein Deutsch sprechen kann.

Wer schlägt, der geht!

Wenn es zu Auseinandersetzungen kommt, rufen in vielen Fällen Nachbarn die Polizei, erklärt Juliane Hilbricht: „Die spricht dann ganz häufig schon eine polizeiliche Wegweisung aus, nach dem Grundsatz: wer schlägt, der geht! Also: ‚Du bist jetzt erst einmal für zehn Tage hier raus‘. Und dann hat die Frau zehn Tage Zeit, sich zu einer Anwältin oder einem Anwalt zu begeben und mit dieser Hilfe einen entsprechenden Wegweisungsantrag beim Familiengericht zu stellen. Und dann geht es auch wirklich in der Regel ratzfatz. Dann wird untersucht: gibt es Beweise dafür, dass es einen Übergriff gegeben hat? Gibt es irgendwelche Ausnahmetatbestände, warum der Mann jetzt doch wieder in die Wohnung können sollte? Das ist aber ganz selten, wenn wirklich ein Gewaltvorfall bewiesen werden kann.“ 2021 hat SWR3 das Thema in einem SWR3-Report aufgegriffen. Dort ging Juliane Hilbricht genauer auf das Thema häusliche Gewalt ein.

Die Scham der Opfer bei häuslicher Gewalt: „Ich bin doch selbst schuld“

So unterschiedlich die betroffenen Frauen auch sind, kämpfen viele in dieser Situation mit dem gleichen Problem: Scham. Auf der Suche nach dem Fehler bei sich selbst, wenden sich die meisten, wenn überhaupt, erst sehr spät an Hilfe- und Beratungsstellen. Erst dort verstehen viele, dass sie in ihrer Lage nicht alleine sind. Für Juliane Hilbricht sind solche erste Treffen häufig wie eine Art Therapiestunde. Sie erklärt dann zunächst, dass es viele Frauen gibt, denen so etwas passiert und dass es auch bestimmte Mechanismen gibt, damit umzugehen.

Der Weg in ein Leben ohne Angst: möglich!

Wie die Zeit nach einem solchen ersten Treffen weitergeht, ist allein von der Betroffenen abhängig. Nicht immer bleiben Klientinnen in der Kanzlei:

Das sage ich auch im ersten Gespräch immer: dass ich mir gut vorstellen kann, dass sie es noch mal im Guten mit ihm versucht. Dass es dann aber auch wieder stattfinden kann und dass sie dann wiederkommen kann. Weil ich weiß, dass manche Frauen diese Schlaufen brauchen. Und dann gibt es sehr häufig auch von den Männern das Angebot einer Paartherapie und so weiter. Ich antworte darauf immer, dass ich gar nicht weiß, warum eine Paartherapie nötig sein soll. Eigentlich müsste er doch eher seine Impulskontrolle in den Griff bekommen und ein Anti-Aggressionstraining machen. Leider sind viele Frauen dann auch zu gutmütig und kümmern sich sogar um die Termine der Paartherapie für die beiden. Statt dann auch mal die Verantwortung entsprechend dem Mann zu überlassen.

Wer sich hingegen für ein eigenständiges Leben entscheidet, nimmt Verantwortung in die Hand. Für manche Frauen sei das ein weiter Weg, weil sie manchmal gelernt haben, bestimmte Dinge abzugeben, sich beispielsweise mit Technikfragen weniger auseinanderzusetzen. Daraus kann neuer Mut geschöpft werden, „denn stattdessen sagen sie: ich nehme das selber in die Hand! Das ist ein Prozess, den man dann ganz häufig dann entsprechend beobachtet“, erklärt Juliane Hilbricht.

Finanzielle Abhängigkeit und die Angst vor der Zukunft

Die Trennung von einem gewalttätigen Partner bringt oft ganz existenzielle Fragen mit sich. Besonders, wenn Frauen, etwa für gemeinsame Kinder, auf ihren Job verzichtet haben und ein finanzielles Ungleichgewicht herrscht, steigt die Hemmschwelle, den Partner zu verlassen – auch, wenn sie das gerne tun würden.

Auch die Kosten für ein Gerichtsverfahren und anwaltlichen Beistand, die nicht gering ausfallen, lassen Interessierte zunächst schlucken. Hier empfiehlt die Expertin eine umfassende Aufklärung über mögliche Prozesskostenhilfen. Zudem trage bei einem Schuldspruch der Angeklagte die Kosten. Und ganz unabhängig davon appelliert Juliane Hilbricht auch an die Frauen, sich selbst das Geld wert zu sein:

Es wird für so vieles Geld ausgegeben. Da muss man manchmal auch für so eine, ja eigentlich lebenswichtige Angelegenheit, mal Geld ausgeben. So bitter es ist!

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Jessica wurde von ihrem Mann fast zu Tode geprügelt. Doch mittlerweile erzählt sie ihre Geschichte, um anderen Frauen Mut zu machen. Der Weg bis dorthin war lang und schmerzhaft.

Weitere Verunsicherung komme durch Vorurteile und mangelndes Wissen über Einrichtungen wie Frauenhäuser. Sie bieten schnellen körperlichen Schutz und den Raum, innere Ruhe für die nächsten Schritte zu finden. Außerdem sind Personen vor Ort, die den weiteren Weg begleiten können und viel Erfahrung im Umgang mit Opfern häuslicher Gewalt haben. Ihr schlecher Ruf werde ihnen dabei nicht gerecht und besser als bei einem gewalttätigen Partner sei es in jedem Fall, findet Anwältin Juliane Hilbricht:

Ich weiß nicht, ob man mutiger sein muss, ins Frauenhaus zu gehen oder doch in der Beziehung zu verbleiben.

„Wir müssen jeder Frau und auch jedem männlichen Opfer häuslicher Gewalt immer wieder Anker bieten“

Im Interview spricht Juliane Hilbricht ganz offen darüber, dass sie sich immer wieder fragt, ob es denn wirklich gerade dieses Gebiet sein muss: „Beispielsweise, wenn ich Frauen berate, die ich für äußerst gefährdet halte. Man bekommt irgendwann ein Gefühl dazu, wie gefährlich oder ungefährlich die Dinge sind. Wenn die dann wieder zurückgehen, verzweifelt man manchmal. Aber auch wenn ich meine Gewinn-und-Verlust-Rechnung am Ende des Jahres kriege, dann denke ich auch manchmal: es hätte besser ein anderes Rechtsgebiet sein sollen. Dann hätte man besser verdient.

Warum sie seit mehr als 20 Jahren aber dennoch im Familien- und Sozialrecht tätig ist, benennt sie klar:

Man streitet sich andauernd mit den Gerichten über die Frage: war das jetzt notwendig oder nicht? Aber gleichzeitig denke ich: Wir müssen jeder Frau und auch jedem männlichen Opfer häuslicher Gewalt immer wieder Anker bieten, um solche Situationen zu verlassen. Und das braucht auch Leute, die das anwaltlich begleiten!

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