Stand
Autor/in
Sebastian Lehmann
Comedians bei "Andreas Müller & Friends"
Onlinefassung
Jessica Brandt
Jessica Brandt

Wenn man Kinder hat, fragt man sich oft, was man früher mit der ganzen Zeit angestellt hat. So geht es auch Sebastian Lehmann.

Seit ich ein Kind habe, frage ich mich, was ich eigentlich davor den ganzen Tag gemacht habe. Gearbeitet natürlich, die Wohnung geputzt, eingekauft, gekocht, das Besteck im Geschirrspüler sortiert und so weiter. Aber das mache ich ja jetzt auch alles – nebenher, während ich dem Baby zuschaue, wie es gewissenhaft alle meine Bücher aus dem Regal räumt, die Seiten herausreißt und dann aufisst. Wie habe ich also damals ohne Kind meine Tage gefüllt?

Ich habe Serien geguckt. Und geschlafen.

Das ist leider die Wahrheit. Ich habe mein Leben vergeudet. Ich hatte so viel Zeit – und ich habe sie nur dafür genutzt, Emily in Paris zu gucken und dabei gemütlich gegen halb neun einzuschlafen und erst morgens – oder sagen wir mittags – wieder aufzuwachen.

Die Zeit vor dem Kind

Eigentlich habe ich früher vor dem Kind auch oft nachts nicht geschlafen. Sondern Alkohol in Kneipen getrunken und besoffen zu 90er-Jahre Hits getanzt. Manchmal lag ich auch nachts wach und konnte nicht einschlafen. Weil ich mir Sorgen machte. Sorgen eines Menschen ohne Kind. Sowas wie: Der Vorderreifen meines Fahrrads ist platt.

Oder: Irgendjemand kommentiert auf Facebook, dass er meine Geschichten langweilig findet und ich aussehe wie Frodo. Ich habe mir auch Sorgen gemacht, dass ich am nächsten Tag müde sein könnte.

Dabei kannte ich damals die wahre Müdigkeit gar nicht. Die habe ich erst als Vater kennengelernt. Sie fühlt sich an, als wäre man gleichzeitig betrunken und verkatert.

Und jetzt gibt es nur noch eine Sorge: Ist das Baby glücklich?

Alles andere ist plötzlich egal: Oh, ich habe meinen Laptop aus Versehen in den Gefrierschrank gelegt statt in die Schublade meines Schreibtisches, weil ich so unendlich müde bin. Aber das Baby kann jetzt sowas Ähnliches sagen wie „Papa“. Also, es klingt eher wie „Baba“ – oder vielleicht auch wie „Mama“. Aber das ist so schön. Da ist es mir egal, dass mein gefrorener Laptop in der Mitte auseinander gebrochen ist wie ein Eiszapfen.

Am Abend schaue ich dann endlich mal wieder eine Serie an. Ich schlafe sofort nach dem Vorspann ein.

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