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Leo Eder
Leo Eder

Er färbt den Himmel orange und sorgt für post-apokalyptische Stimmung: Sand, der aus der Sahara zu uns geweht wird. Aber: Er hat auch bedenkliche Auswirkungen auf unsere Gletscher.

Der Schnee verschwindet von den Gletschern – und das immer schneller. Derzeit gibt es eine Extremschmelze. „2022 wird als ein Rekordjahr eingehen, das ist sicher“, betont der Glaziologe Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut, dem Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.

Deutsche Gletscher: In zehn Jahren weg?

In Deutschland gibt es noch fünf Gletscher, die alle in Bayern liegen: den nördlichen und den südlichen Schneeferner, den Höllentalferner (alle drei auf dem Zugspitzmassiv), das Blaueis und den Watzmanngletscher in den Berchtesgadener Alpen. Bisher gingen Fachleute davon aus, dass den Gletschern noch etwa 30 Jahre bleiben. Im April 2021 korrigierten sie ihre Prognose drastisch nach unten: Sie gaben den Gletschern nur noch zehn Jahre.

Besonders bedenklich steht es um den südlichen Schneeferner: „Das ist wirklich ein ganz armseliger Rest. Wenn es jetzt noch zwei Monate hohe Temperaturen hat, bin ich mir nicht sicher, ob der dieses Jahr noch überlebt“, meint Wilfried Hagg von der Hochschule München.

Hauptfaktor für Gletscherschmelze: Sahara-Sand

Die Experten sehen drei Gründe für das Abschmelzen der Gletscher. Im vergangenen Winter hat es nicht so viel geschneit; Bayern stand mit einem nur kleinen Minus aber noch relativ gut da. Dann ist dieser Sommer extrem heiß und sehr sonnig, ohne Unterbrechung durch die normalerweise typischen Kaltfronten.

Der Hauptfaktor ist laut den Glaziologen, wie Gletscher-Fachleute genannt werden, aber der Sand, der aus der Sahara nach Europa geweht wurde. Der hat sich vor allem im März rot-braun auf die Gletscher gelegt und sorgt so dafür, dass der Schnee viel schneller schmilzt.

Saharastaub erwärmt Schnee

Das liegt daran, dass die helle Schneeoberfläche Sonnenstrahlen zu 90 Prozent reflektiert. Der dunklere Staub, der den Schnee nun bedeckt, nimmt aber mehr Energie auf und gibt diese als Wärme an den Schnee ab. Zudem erhöht sich der Staub auf wärmere Temperaturen als der Schnee und bleibt an diesem auch gut kleben, sodass er nicht durch Wind weggeweht werden kann.

Am Beispiel des südlichen Schneeferners beobachtete Hagg, dass die schützende Schneedecke an der Zugspitze einen Monat früher weggewesen sei: „Der Gletscher schmilzt jetzt schon seit Mitte Juni statt ab Mitte/Ende Juli.“ Ein Sommer wie dieser sei seit den 1960ern nicht mehr vorgekommen.

Wenn noch mehr solcher Jahre auftreten, verkürzt sich die Lebensdauer des Gletschers noch mehr, als wir vorhergesagt haben, weil wir bei der Prognose solche Extremjahre nicht im Blick hatten.

Das Phänomen bei den bayerischen Gletschern beobachtet man auch in Österreich, in der Schweiz, Frankreich und Italien, berichtet Glaziologe Olaf Eisen. Man habe jetzt einen Zustand, „wie er normalerweise am Ende des Sommers kurz vor dem ersten Schneefall auftritt“.

Why does the summer of 2022 might be the perfect storm for the #glaciers of the #Alps? All the factors that could adversely affect glacial dynamics seem to have come into agreement, discover more in this week blog post by @g_baccolo and @lander_vt! https://t.co/Dv8xxPwRfn https://t.co/0CBTxqwkvV

Schweiz: Seit 2.000 Jahren unter Eis liegender Pass freigelegt

Die Gletscherschmelze hat in der Schweiz auch einen Pass teilweise freigelegt, der seit mindestens 2.000 Jahren mit Eis bedeckt war. Über dem Zanfleuronpass auf rund 2.800 Metern Höhe sei noch 2012 eine Eisdicke von 15 Metern gemessen worden, sagte die Betreibergesellschaft des dortigen Skigebiets. Dieser Sommer sei katastrophal für die Gletscher. Die beiden Gletscher Zanfleuron und Scex Rouge hätten in diesem Jahr dreimal so viel an Dicke verloren wie im Durchschnitt der vergangenen zehn Sommer. Der Pass werde bis Ende September wahrscheinlich vollständig eisfrei sein.

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