Wer für Tiktok nützlich ist, hat offenbar schneller Erfolg: Durch sogenanntes „Heating“ pusht die Plattform wohl heimlich Accounts, die zur Unternehmens-Agenda passen.
Wie bekommt man viele Klicks auf der Video-Plattform Tiktok? Coole Videos machen, klar – aber wer zum Beispiel durch sein Image besonders gut zu Tiktok passt, hat offenbar noch bessere Chancen. Denn der chinesischen Video-Plattform wird vorgeworfen, individuelle Inhalte gezielt zu pushen und sie so künstlich erfolgreich zu machen.
Reichweite manipuliert: Ex-Tiktok-Manager bestätigt Heating-Vorwürfe
Die Vorwürfe, die unter anderem das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes erhebt, bestätigt auch Charles Bahr, der eineinhalb Jahre lang als Manager bei Tiktok gearbeitet hat. Vor allem Videos von prominenten Menschen würden gezielt gepusht, bekämen also künstlich besonders viele Aufrufe, ohne dass das für irgendjemanden nachvollziehbar wäre:
Nach Ansicht des ehemaligen TikTok-Managers seien diese Profile mutmaßlich durch Tiktok hervorgehoben worden, um sicherzustellen, dass die Personen mit den Zahlen auf der Plattform glücklich sind.
Auch politische Inhalte oder Werbung könnten von Heating bei Tiktok betroffen sein
Dabei ist kein konkretes Muster zu erkennen, welche Accounts gepusht werden. Heating funktioniert offenbar bei vielen Tiktok-Beschäftigten einfach per Knopfdruck mit Freigabe von Vorgesetzten, allerdings über eine "mindestens zweistufige Freigabeschleife", so Charles Bahr. Die gepushten Accounts wurden darüber nicht einmal informiert.
Theoretisch wäre es so auch möglich, dass Mitarbeitende bei Tiktok beispielsweise die Videos von Werbekunden des Unternehmens künstlich deutlich öfter anzeigen, ohne dass diese als Werbung gekennzeichnet werden. Auch politische Botschaften könnten öfter ausgespielt werden, weil jemand von Tiktok sie gerade gutheißt – ebenfalls theoretisch. Ex-Tiktok-Manager Charles Bahr erklärt jedoch, dass ihm solche Fälle zumindest in Deutschland nicht bekannt seien. Allein die Möglichkeit sei aber gefährlich.
Einsatz von „Heating“ bei Tiktok auch intern umstritten
Auf Anfragen von SWR3 reagiert Tiktok zunächst nicht. Erst spät schickt das Unternehmen ein Statement, in dem es die Verwendung der „Heating“-Funktion nicht dementiert. Offen bleibt jedoch, ob und wie das Unternehmen Manipulation oder Missbrauch verhindert.
Doch die Brisanz des Heatings von Inhalten scheint vielen Tiktok-Beschäftigten klar zu sein. Es werde zwar drauf geachtet, vorsichtig damit zu arbeiten, erklärt Charles Bahr. Trotzdem setze Tiktok die Funktion strategisch ein.
Fazit: „Heating“ bei Tiktok ist intransparent und birgt Gefahren
Auch SWR3-Wirtschaftsredakteur Max Dehling sieht das Potenzial von Heating kritisch. Dass einzelne Tiktok-Beschäftigte die Möglichkeit hätten, politisch motivierte Inhalte oder Videos von Werbepartnern ohne jegliche Kennzeichnungen für Hunderttausende und Millionen von Nutzerinnen und Nutzer hervorzuheben, sei undurchsichtig und bringe Probleme in der Sicherheit:
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