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Autor/in
Sebastian Lehmann
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Steffen Auer
Steffen Auer

Der DHL-Bote hält mir zwei Päckchen entgegen. Er lächelt. Wie macht er das nur? Fährt den ganzen Tag durch den stressigen Verkehr und ist trotzdem gut gelaunt.

Ich bekomme schon schlechte Laune, wenn ich früh aufstehen muss. Vor allem, wenn mich der Paketbote aus dem Bett klingelt. Außerdem habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ständig was im Internet bestelle. Und weil ich nur eine Boxershort trage, dazu ein T-Shirt mit der Aufschrift „Abi 2003 – Too Drunk to learn“. Immerhin habe ich bei einem Päckchen den klimaneutralen Versand ausgewählt.

Welches ist denn jetzt das CO2-freie?“, frage ich den Boten. Er schaut lange die zwei identischen Päckchen an. Dann zeigt er auf eins und sagt: „Das.“ Er überlegt nochmal. „Oder doch das andere?“ Er sprintet wieder die Treppen runter.

Ich sollte meine Sachen wieder normal im Laden kaufen. Dann packe ich die Milch und die Butter aus und stelle sie in den Kühlschrank. Um mich von der Klimakatastrophe abzulenken, plane ich meinen nächsten Urlaub. Schön in Deutschland. Ich will nach von Stuttgart nach München fliegen...

Es klingelt wieder. Der Hermes-Bote. Das muss das Mehl und das Salz sein. Mein Mittagessen ist fast vollständig. „Fliegen Sie noch oder haben Sie dann ein schlechtes Gewissen wegen Klima?“, frage ich den Hermes-Boten. Er sieht dem DHL-Boten ziemlich ähnlich.

Keine Zeit für Urlaub, muss arbeiten“, ruft er fröhlich. Toll, jetzt habe ich ein noch schlechteres Gewissen.

Zum Glück kann ich bei der Buchung eine CO2-Kompensation auswählen, damit mein Flug klimaneutral ist. Der CO2-Rechner sagt, dass mein Flug nach München dann 2 € mehr kostet. Dann ist es ja voll in Ordnung, die Strecke zu fliegen! Schließlich bin ich mit dem Zug fast fünf Minuten langsamer.

Ich stelle mir das so vor: Ich sitze im Flugzeug und mein Sitz ist CO2-frei, der von meinem bösen Nebensitzer aber nicht, der fliegt dreckig, weil ihm das Klima egal ist. Wahrscheinlich werden so die klimaneutralen Päckchen verschickt, CO2-freie Fluggäste transportieren sie auf ihrem Schoß.

Es klingelt erneut. „Sie schon wieder?“, rufe ich. Der Bote trägt dieses Mal ein T-Shirt von UPS. „Drei Jobs“, sagt er. „Hier haben Sie 50 Cent Trinkgeld. Aber geben Sie nicht gleich alles auf einmal aus.

Sie sind ja großzügig“, sagt der Bote. „Wahrscheinlich zahlen sie auch CO2-Kompensation bei ihrem Flug? Das ist so wie zu sagen: Ich habe zwar gerade sieben Yes-Törtchen gegessen, aber das ist nicht schlimm, weil ich heute schon 500 Meter nordic walken war.“ – „Yes-Törtchen, lecker!“, rufe ich. „Muss ich mir gleich im Internet bestellen.

Darauf wollte ich nicht hinaus, sondern: Nur, weil irgendwer sieben Bäume pflanzt, ist ein Flug noch lange nicht klimafreundlich. Klimakompensation ist wie moderner Ablasshandel.“ Ich öffne das letzte Päckchen. Sechs Eier. „Drei davon sogar aus Freilandhaltung. Aber welche?

Es ist unmöglich, nur mit individuellem Konsum die Welt zu verändern“, sagt der Bote, „es braucht Gesetze für Klima- und Umweltschutz. Zum Glück nimmt das der große Klimakanzler Olaf Scholz in Angriff.

Wir lachen zusammen ein wenig. Dann verabschiedet sich der Bote und lässt mich mit meinem schlechten Gewissen allein. Schnell bestelle ich mir sieben Yes-Törtchen.

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