Stand
Autor/in
SWR3
Künstler/in
Paul Simon

Einer versteckt sich.
Tut so, als ob er schlafen würde hinter seiner Zeitschrift.
Der Mond geht grade über den Bergen auf.
Er wacht auf und schaut auf die Felder raus.
Nebendran schläft ein Farmer. An seine Frau gelehnt.
Er macht sich Gedanken drüber, wie’s weitergeht.
Der Bus fährt nach Süden, rein nach Washington DC.

Eine Mutter mit Kind, zwei Monate alt vielleicht.
Sie wird ihm jetzt was zu essen geben, dann schläft er ein.
Der Schatten vom Capitol gleitet über das Gesicht des Jungen.
Sein Herz pumpt, will Freiheit haben. Endlich.
Der Vater sitzt da, wie aus Stein gemeißelt.
Hirt seiner Herde.
Der Bus fährt jetzt nach Westen, nach Dallas. Über Little Rock.

Er liest den Brief nochmal durch:
Sal, mein Liebling.
Der Mond über der Wüste sei mein Zeuge.
Ich habe nicht genug Geld, um an die Ostküste zu kommen.
Aber ich weiß, dass du bald bei mir bist.

Der Bus fährt jetzt nach Dallas rein, am Grassy Knoll vorbei.
Da war damals Kennedy gestorben, die Stadt beinahe draufgegangen.
Kein Leben mehr, kein Gefühl. Jahrelang.
Er hört Musik. Und dass jemand spanisch spricht.

In Tucson ist die Grenzpatrouille zugestiegen.

Ausländer hier drin? Besser gleich melden.
Was mit dir, Junge. Du siehst so aus.
Spanisches Blut. Habla Ingles? Kapiert?

Ja. Ich bin ein Fremder. Ich komme vom Mars.
Direkt vom Mars zur Erde.
Und selbst wenn ich mein ganzes Leben auf der Flucht wäre,
ihr Kerle würdet mir immer noch nachrennen.

Aber seine Angst, die kann er nirgends lassen.
Er erinnert sich an damals.
An jeden Stich. An den Schrei. Und an den Wind.
Phantome in der Staubwolke hinter dem Bus.

Stand
Autor/in
SWR3
Künstler/in
Paul Simon

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