Diese Woche ein Polizeiruf aus Rostock mit Charly Hübner als Kommissar Bukow. Es geht um zwei entlassene Sexualstraftäter, die seit kurzem in einem kleinen Dorf wohnen und von ihren Nachbarn da rausgeekelt werden sollen. Ein Polizeiruf zu einem schwierigen Thema, sagt SWR3-Redakteur Michael Haas.
Ein Dorf in der Nähe von Rostock. Idylle. Gute gelaunte Kinder werfen mit Steinen auf eine Obdachlose. Sie wollen sie von einer Parkbank vertreiben. Das haben sie sich wahrscheinlich von ihren Eltern abgeguckt. Von wegen Idylle! Doch die Frau guckt weiter starr ins Leere. Da sitzt nur noch ihr Körper. Sie wurde ermordet und missbraucht. Und oh Wunder: direkt um die Ecke wohnen in einer Wohngemeinschaft ein ortsbekannter Pädophiler und ein verurteilter Vergewaltiger. Beide erst seit kurzem wieder draußen.
Klar, dass die beiden es jetzt gewesen sein sollen, wenn es nach den lieben Nachbarn geht. Doch die Dorf-Spießer haben selbst Dreck am Stecken. Einerseits haben sie Angst um ihre Frauen und Kinder, andererseits sind sie selbst auch nicht immer gesetzeskonform und gar nicht zimperlich in der Wahl ihrer Mittel. „Angst heiligt die Mittel“, so heißt dieser Polizeiruf dann auch vielsagend. Nach einer Weile ist dann der eine Straftäter tot und der andere verschwunden.
Was würden Sie tun, wenn ein Straftäter neben Ihnen einzieht?
Für mein Gefühl baut sich während des Polizeirufs nur mäßig Spannung auf. Dabei ist Thema gewaltig: Was würden Sie tun, wenn ein gefährlicher Straftäter neben Ihnen einzieht? Aber hier im Film kommt alles vielleicht doch bisschen Dicke: gucken wir mal, was wir haben: Vergewaltigung, Pädophilie, Entführung, Selbstjustiz, Freiheitsberaubung, versuchter Mord, Autoschieberei, Menschenhandel, Russenmafia, Manipulation von Beweismitteln. Als wär dieser Polizeiruf eine Krimi-Resterampe.
Dazu sehen die Hauptfiguren teilweise auch noch aus, wie frisch aus der Gosse gezogen. Kommissar Bukow hat ja eh sowas dahergelaufenes, aber diesmal wird er noch getoppt vom frisch entlassenen Häftling Kukulies: die ganze Zeit trägt der ein versifftes Feinripp-Unterhemd und eine Frisur als wäre er am Film-Set nicht in der Maske gewesen sondern in der Fritteuse. „Präzise Milieu-Studie“ heißt das im Werbedeutsch der ARD-Pressestelle. Aber zugegeben, dadurch wirken die Figuren auch sehr real, weil sie nicht künstlich daher kommen. Und die Kommissare, die Verdächtigen und vor allem der überlebende Ex-Häftling, alle total klasse gespielt, das muss man sagen.
Trotzdem konnte ich nicht viel mit diesem Polizeiruf anfangen. Ein übergroßes Thema, eine überfrachtete Story, aber auch ein gut gemachter, solider Film. Macht alles in Allem drei von fünf Elchen.