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Autor/in
Stefan Scheurer
Stefan Scheurer
Lea Hufnagel
Lea Hufnagel: Website-Redakteurin bei SWR3
Onlinefassung
Felix Stängle

Tatorte mit Kommissar Murot sind Kult: Kaum ein anderer schafft einen derart originellen, fesselnden und verrückten Fernsehabend – warum wir ihn dieses Mal schauen sollten, weiß Stefan Scheurer.

Es ist hellichter Tag im Tatort – und das kommt echt selten vor. In einem Frankfurter Hochhaus wird eine hübsche Leiche entdeckt. Kommissar Murot ermittelt – und findet etwas, das er noch nie zuvor gesehen hat: Die nackte Frau hat keinen Bauchnabel mehr. Die Stelle sieht eher aus wie ein zusätzliches weibliches Geschlechtsorgan.

Tatort Wiesbaden: Die Suche nach dem Sinn

Schon nach fünf Minuten ist klar, dass wir zusammen mit Murot auf eine der verrücktesten Reisen ever gehen. Wir fahren wie in einer Geisterbahn an menschlichen Abgründen und Hochgefühlen vorbei. Ganz nebenbei wird klar: Murot selbst leidet unter seinem Alter und einer vergeblichen Suche nach Sinn und Glück. 

Das Privatleben des Kommissars ist nicht wie sonst in Tatorten üblich peinlich, albern oder komplett unnötig im Sinne von „too much information“. In diesem Tatort brauchen wir die Sinnsuche von Murot, sonst können wir einfach nicht gut genug mitleiden.

Murot hat Gefallen gefunden an der sexuell anmutenden Öffnung, aber wo gibt’s das Ding und wofür ist es da? Es dauert nicht lange, da bekommt er es raus und der Tatort nimmt gewaltig Fahrt auf  – ob diese Recherche wirklich gut ausgeht, darf man gerne jetzt schon mal bezweifeln.

Tatort-Kritik Wiesbaden „Murot und das Paradies“: Murot in Nazi Uniform und zwei gezogenen Waffen
Er ist nun selbst Teil des abgründigen Geschehens...

Alter Kommissar aber ganz neues Fernsehen

Tatorte mit Kommissar Murot gehören zur Spitzenklasse der Krimis. Nicht, weil die Fälle immer so sehr zum Knobeln sind, sondern weil wir hier immer wieder neues Fernsehen erleben – wir haben eben doch noch nicht alles gesehen, was die Glotze hergibt.

Mal vertatterte sich der Polizist in einer Zeitschleife (5 Elche) mal musste er sich mit 50 Toten gleichzeitig rumschlagen (5 Elche), mal lebt er in einem Paralleluniversum aufgrund eines Tumors (0 Elche). Und dieses Mal ist er auf der Suche nach der ganz großen letzten Erlösung – das klappt tatsächlich ganz ohne Alkohol oder Drogen.

Tatort-Kritik Wiesbaden „Murot und das Paradies“: Murot schwebt in einem Raumanzug durch das All
Plötzlich stellt Murot bestürzt fest, dass auch er mittlerweile keinen Nabel mehr hat, sondern den absonderlichen Port trägt. Bild in Detailansicht öffnen
Tatort-Kritik Wiesbaden „Murot und das Paradies“: Felix Murot auf einer Bühne vor vielen Leuten
Felix Murot (Ulrich Tukur) Bild in Detailansicht öffnen
Tatort-Kritik Wiesbaden „Murot und das Paradies“: Ein dunkler Gang, am Ende ein Mann
Ständig in Gefahr, dass ihn seine verzweifelte Suche nach dem Glück zerstören könnte. Bild in Detailansicht öffnen

SWR3 Tatort-Kritik: Ein Krimi auf Hollywood Niveau

Ein Tatort mit Murot leiht sich auch immer was bei den besten und größten Filmemachern der Welt aus. Dieses Mal bekommen wir so einiges zu sehen: Serviert bekommen wir Anlehnungen an „Matrix“ mit Keanu Reeves oder Stanley Kubricks „2001 Odyssee im Weltraum“ oder auch Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“ – und das alles für 18,36 Euro Rundfunkbeitrag in einem Tatort. 

Dieser Tatort lässt Netflix und Co keine Chance. Man muss ihn schauen. Er hat eine ganz besonders tiefe, aber auch chaotische Erzählung über die lowest Lows und highest Highs in unserem Leben. Ich denke, es könnte der beste Tatort des Jahres werden – wenn man sich drauf einlässt. 5 von 5 Elchen.

Kann man per Knopfdruck glücklich werden?

Die Suche nach dem Glück gibt es nicht nur im Tatort, sondern auch in der wissenschaftlichen Forschung. Henning Beck ist Neurowissenschaftler und hat uns im SWR3-Interview verraten, wo sich das Glück in uns versteckt.

Das Gehirn hat eigene Regionen nur für das Glücksempfinden. Und diese Region ist immer dann aktiv, wenn wir ein Glücksgefühl haben. Egal, ob wir Schokolade essen, ein tolles Lied hören, ein Buch lesen, beim Sex – es ist immer dieselbe Region, die dann aktiv ist. Laut Henning Beck darf man aber eines nicht vergessen:

Das Glück ist auch nur deswegen so schön, weil wir auch immer Phasen haben, wo wir nicht glücklich sind. Das Gehirn vergleicht immer die schönen Phasen mit den schlechten Phasen. Das heißt, wir können nicht dauerhaft glücklich sein, sondern immer nur ein bisschen mehr als vorher.

Glück auf Knopfdruck ist keine gute Idee

Die Glücksregionen im Gehirn aktiv anzusteuern ist theoretisch möglich, haben Versuche gezeigt. Auf Knopfdruck mithilfe einer Elektrode Glücksgefühle zu haben, funktioniert. Trotz der technischen Lösung glaubt Henning Beck aber nicht, dass das eine gute Lösung ist:

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