Nach Verdachtsmomenten um Russland-Verstrickungen und China-Spionage scheint sich die AfD immer mehr von ihrem Europa-Spitzenkandidaten Krah zu distanzieren. Jetzt der nächste Tiefschlag.
Maximilian Krah, der eigentliche Spitzenkandidat der AfD bei der Europawahl, gehört nicht zur Delegation der Partei für das Europäische Parlament. Das sagt Krah in einem Video auf der Online-Plattform X. Der Bundesvorstand der Partei habe ihn nicht in den Kreis der Delegierten gewählt. Das entschieden die neu gewählten AfD-Abgeordneten mit acht zu vier Stimmen bei drei Enthaltungen. Den Schritt könne Krah nicht nachvollziehen: „Ich halte ihn für strategisch falsch und ich halte ihn für das falsche Signal.“
Aust führt Delegation der AfD im EU-Parlament
Die AfD-Delegation im Europäischen Parlament soll vom Thüringer AfD-Vizechef René Aust geführt werden. Das haben die neu gewählten Abgeordneten am Montag in Berlin entschieden. Im Gegensatz zu Krah wird der umstrittene Bundestagsabgeordnete Petr Bystron ebenfalls Teil der künftigen AfD-Delegation im Europaparlament sein. Bystron habe laut AfD-Co-Chef Tino Chrupalla eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, dass er kein Geld angenommen habe und „die Aussagen alle falsch sind“. Die AfD wurde bei der Wahl mit knapp 16 Prozent zweitstärkste Kraft in Deutschland und bekam damit 15 Mandate im EU-Parlament. Die Delegation wird nach jetzigem Stand aber nur 14 Mitglieder haben.
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Vor der Europawahl: AfD aus Fraktion ausgeschlossen
Die AfD wurde schon vor der Europawahl von der rechten ID-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen. Zu der Fraktion gehören neben der AfD auch die italienische Lega, die französische Partei RN von Marine Le Pen und die österreichische FPÖ. Hintergrund waren verharmlosende Aussagen zur SS des AfD-Spitzenkandidaten Krah. Er hatte unter anderem gesagt, nicht alle Mitglieder der SS seien kriminell gewesen. Die nationalsozialistische SS bewachte und verwaltete im Zweiten Weltkrieg unter anderem die Konzentrationslager.
Als Reaktion hatte die AfD rund zweieinhalb Wochen vor der Europawahl ein Auftrittsverbot für Maximilian Krah verhängt, das für alle Wahlkampfveranstaltungen der AfD und für andere Veranstaltungen der Bundespartei galt. Krah selbst schrieb auf X: „Die AfD muss ihre Einigkeit bewahren.“ Er verzichte deshalb auf weitere Wahlkampfauftritte und verlasse den Bundesvorstand seiner Partei.
Spitzenkandidat der AfD blieb er für die Europawahl trotzdem. Denn: Laut Wahlrecht kann ein Kandidat nur dann von der Wahlliste gestrichen werden, wenn er stirbt oder von einem Gericht zu einer höheren Strafe verurteilt wird. Wäre er zurückgetreten, wäre die gesamte Wahlliste der AfD ungültig geworden.
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Spionage für China? Mitarbeiter von AfD-Kandidat Krah verhaftet
Krah steht in der Kritik, unter anderem, weil ihm mögliche Geldzuweisungen aus Russland unterstellt werden. Vor allem aber, weil einer seiner Mitarbeiter wegen des Verdachts der Spionage für China verhaftet wurde.
Letztere Nachricht war am 23. April wie eine Bombe eingeschlagen: Der Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, soll für China spioniert haben. Das hatten das ARD-Hauptstadtstudio, SWR und RBB und recherchiert.
„Wir werden klare Konsequenzen ziehen, wenn sich diese Dinge gegen den Herrn Krah und Herrn Bystron bestätigen“, sagte Chrupalla am 25. April bei Maybrit Illner im ZDF. Beide hätten schriftlich versichert, dass an den Vorwürfen nichts dran sei, und von daher gelte die Unschuldsvermutung.
Krah-Mitarbeiter soll für chinesischen Geheimdienst gearbeitet haben
Die Bundesanwaltschaft hatte am 23. April mitgeteilt, der Beschuldigte Jian G. sei am Tag davor in Dresden festgenommen worden. Einen Tag später wurde der Mann, der selbst aus China stammt, offiziell verhaftet – wohl ein Hinweis darauf, dass sich die Vorwürfe erhärtet haben.
Laut den Recherchen ist der 43-jährige Jian G. Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes und arbeitet seit 2019 für Krah. Auf einer Internetseite des Europa-Parlaments wird ein Jian G. als akkreditierter Mitarbeiter von Krah genannt.
Die AfD nannte die Vorwürfe „sehr beunruhigend“. Krah selbst äußerte sich überrascht über die Festnahme. Er habe davon am Vormittag aus der Presse erfahren, erklärte der 47-Jährige in einer Mitteilung. „Weitere Informationen liegen mir nicht vor.“ Das EU-Parlament suspendierte den Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung.
AfD-Politiker sollen Geld von russischem Einflussnahme-Netzwerk erhalten haben
Die AfD steht seit Monaten vermehrt in der öffentlichen Kritik: Zunächst wegen des Potsdamer Geheimtreffens mit Rechtsextremen, dann wegen des Vorwurfs der möglichen Annahme russischer Gelder durch die Nummer zwei der AfD-Europaliste, Petr Bystron, und nun wegen Spionagevorwürfen gegen einen Mitarbeiter des Europawahl-Spitzenkandidaten Maximilian Krah.
Dies steht offenbar im Zusammenhang mit internationalen Ermittlungen zu einem russischen Einflussnahme-Netzwerk. Auch Krah soll in diesem Zusammenhang zur Herkunft von 3.000 Dollar und zu seinen Verbindungen nach Russland vom amerikanischen FBI verhört worden sein.
Nach Verdachtsmomenten um Russland-Verstrickungen und China-Spionage gab es vor allem von Politikern aus CDU und CSU heftige Kritik. So griff der baden-württembergische CDU-Landeschef Manuel Hagel die AfD scharf an und nannte sie „Vaterlandsverräter“:
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Auch in der AfD sind einige alarmiert
Aus der AfD selbst waren am 24. April kritische Stimmen gekommen: Da warfen zwei Parteimitglieder der Führung schwere Fehler vor. Sie hätte von einer Parteiführung eine Entscheidung und nicht nach langer Wartezeit „ein Mäuslein“ erwartet, so die scheidende AfD-Europaabgeordnete Sylvia Limmer am 25. April im Deutschlandfunk:
Es habe immer wieder auch Streit mit internationalen Partnern in der Fraktion gegeben, so Limmer. Krah sei zweimal von der Fraktion suspendiert worden. Sie fragt: „Also was muss man eigentlich noch machen, damit der Bundesvorstand begreift, und zwar noch vor Magdeburg, dass Herr Maximilian Krah eine problembewährte Person ist?“
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