Der russische Einmarsch in die Ukraine findet nicht nur auf dem Schlachtfeld statt: Die Ukraine sucht Hacker für eine Cyber-Armee, mit Google-Reviews wird gegen Propaganda gefeuert.
Krieg im 21. Jahrhundert wird nicht nur mit Waffen geführt – auch das Internet ist seit Jahren Schlachtfeld der Cyber-Armeen. Aber auch der Otto-Normal-User kann sich einbringen – mit Guerilla-Methoden.
Google-Reviews gegen russische Propaganda
Eigentlich haben Bewertungen (Reviews) auf Google und anderen Plattformen den Nutzen, dass sich Leute einen Eindruck von Geschäften, Restaurants oder anderen Orten machen können. Seit Montag (28. Februar) folgen allerdings zahlreiche Menschen Aufrufen in sozialen Medien mit folgender Anweisung: Such ein russisches Restaurant oder Geschäft auf Googlemaps, gib ihm fünf Sterne und schreib, was in der Ukraine passiert! Nur staatseigene Orte sollten einen Stern bekommen.
Das Ganze geht wohl auf die Idee eines Twitter-Users namens Konrad03249040 zurück – richtig groß wurde die Aktion aber dadurch, dass das Hacker-Kollektiv Anonymous sie auf seinen Kanälen verbreitet hat.
So sollen Russen erreicht werden, die ihre Informationen nur aus den Staatsmedien beziehen. In denen ist nämlich weder die Rede von einem Krieg, noch von Verlusten auf russischer Seite. Begriffe wie „Angriff“ oder „Invasion“ dürfen in den Medien nicht verwendet werden. Durch diese Guerilla-Taktik können die russischen Zensurmaßnahmen, die zuletzt verstärkt worden waren, umgangen werden.
Anonymous lieferte auch direkt einen Mustertext in russischer Sprache mit, der sich in etwa so übersetzen ließe:
Eine erste Version davon war allerdings laut vielen muttersprachlichen Kommentatoren fehlerhaft beziehungsweise nicht authentisch.
Auch aus Deutschland werden Bewertungen hinterlassen:
Eine Twitter-Userin wies darauf hin, nicht nur Rezensionen bei Google, sondern bei dessen russischem Äquivalent Yandex zu hinterlassen. Es wird von der Mehrheit der russischsprachigen Bevölkerung genutzt.
Offensichtlich hat Google schnell bemerkt, dass die Bewertungsfunktion missbraucht wurde: Viele der abgegebenen „Rezensionen“, die sich an die russischen Bürgerinnen und Bürger richteten, sind inzwischen unauffindbar.
Ukraine: Russische IT-Schwachstellen nutzen
Die Ukraine sucht jetzt sogar gezielt nach Hackern, um Russland auch online die Stirn zu bieten. „Wenn Sie Informationen über Schwachstellen in der russischen Cyberabwehr (Bugs, Backdoors, Anmeldeinformationen) besitzen, melden Sie diese bitte“, schrieb die nationale Polizei der Ukraine auf Twitter.
Ukraine stellt Internet-Armee für Cyberkrieg gegen Russland auf
Vize-Regierungschef Mykhailo Fedorov hatte am Wochenende (26. Februar) geschrieben, dass sein Land eine „IT-Armee“ aufstelle. Sie soll gegen russische Cyber-Attacken vorgehen. Mitmachen kann demnach jeder, der sich in der digitalen Welt gut auskennt.
Schon in der vergangenen Woche hatte die Ukraine alle im Land lebenden Hacker aufgefordert, beim Schutz kritischer Infrastrukturen zu helfen und Cyber-Spionage-Missionen gegen russische Truppen durchzuführen.
Mehrere russische Websites gehackt
Anscheinend haben sich das einige IT-Spezialisten nicht zweimal sagen lassen. Denn auch am Montag (28. Februar) wurden mehrere russische Seiten gehackt und lahmgelegt. Zum Beispiel die Website der russischen Nachrichtenagentur Tass: Die reguläre Seite wurde durch eine Anti-Kriegsbotschaft ersetzt – es waren auch Aufrufe zu lesen, die Invasion der Ukraine zu stoppen.
„Wir fordern Sie dringend auf, diesen Wahnsinn zu stoppen, schicken Sie Ihre Söhne und Ehemänner nicht in den sicheren Tod“, hieß es in der Botschaft. „Putin zwingt uns zu lügen und bringt uns in Gefahr ... Das ist nicht unser Krieg, lasst uns ihn aufhalten!“
Sorgen oder Angst: 5 Tipps, wenn die Nachrichten dich fertigmachen
Russland sei von der Welt isoliert, niemand kaufe mehr Öl und Gas, hieß es weiter. „In ein paar Jahren werden wir wie in Nordkorea leben.“ Auf anderen Internetseiten wurde lediglich eine Fehlermeldung angezeigt.
Auf ihrem Telegram-Kanal schrieb Tass: „Die Angreifer haben Informationen gepostet, die nicht der Wahrheit entsprechen.“ Als staatliche Nachrichtenagentur in Russland muss Tass berichten, was der Kreml vorgibt. Dazu gehört unter anderem, dass das Wort „Krieg“ nicht verwendet wird. Moskau spricht stattdessen von einer „militärischen Sonderoperation“ zum Schutz der russischsprachigen Bevölkerung.
Hackergruppe Anonymous bekennt sich zu Cyber-Angriffen in Russland
Die Hacker-Gruppe Anonymous hat sich anschließend zu einem Angriff auf die Portale mehrerer russischer Staatsmedien bekannt. Neben den Nachrichtenagenturen Tass und Ria Nowosti waren zum Beispiel die Zeitungen Kommersant und Iswestja betroffen – und auch das Magazin Forbes Russia. Auf den Seiten war am Montag für eine Zeitlang zu lesen, dass ein Ende der russischen Invasion in der Ukraine gefordert wurde.
Schon am Donnerstag (24. Februar) hatte Anonymous die Website des russischen Fernsehsenders RT attackiert. Am Samstag (26. Februar) folgten Hackerangriffe auf die Internetseiten des Kreml, der Duma und des russischen Verteidigungsministeriums, zu denen sich die Gruppe ebenfalls bekannte.
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Russland kapert Facebook- und Whatsapp-Konten
Aber auch Russland macht beim Cyber-Krieg mit: Die Facebook-Konten von mehreren öffentlichen Personen in der Ukraine sind von Hackern angegriffen worden. Das teilte der Meta-Konzern am Sonntag mit. Unter den Betroffenen seien hochrangige Militärvertreter, Politiker sowie ein Journalist.
Der Meta-Konzern wies darauf hin, dass in seinen Netzwerken Facebook, Instagram und Whatsapp Falschinformationen verbreitet würden, um die Ukraine als eine Schachfigur in den Händen der westlichen Staaten darzustellen.
Das für Cybersicherheit zuständige Team habe eine Reihe von gefälschten Konten mit Russland-Bezug blockiert. „Sie betrieben Websites, die sich als unabhängige Nachrichtenagenturen ausgaben, und schufen gefälschte Persönlichkeiten auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram, Twitter, Youtube, Telegram und auch dem russischen Odnoklassniki und VK“, teilte Meta in einem Blogbeitrag mit.
Pro-russische Hackergruppe verbreitet Falschinformationen
Seit einigen Tagen sei eine Gruppe von Hackern mit dem Namen „Ghostwriter“ dabei, gegen Militärs und Journalisten in der Ukraine vorzugehen. Laut Meta-Sicherheitsteam versuchen die Hacker, auf Facebook-Konten zuzugreifen, um Falschinformationen zu verbreiten. Zudem versuchten die Hacker, auf Youtube Videos zu verbreiten, die zeigen sollten, dass ukrainische Truppen geschwächt wurden.
Meta hat mittlerweile mehr als 40 russische Fake-Konten gesperrt. Auch der Kurznachrichtendienst Twitter hat mehr als ein Dutzend russische Konten gesperrt und das Teilen verschiedener Links wegen Manipulation gesperrt.
Russland schränkt Zugriff auf Facebook ein
Erst am Freitag (25. Februar) hatte Russland den Zugriff auf Facebook eingeschränkt. Das weltgrößte Internet-Netzwerk hatte sich geweigert, seine unabhängige Faktenprüfung von Nachrichten russischer Medien zu unterbinden.
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