Archäologen haben nachgewiesen, dass im Amazonas-Regenwald vor tausenden Jahren eine komplexe Gesellschaft existiert hat. Mit Hilfe von Lasersensoren konnten sie zeigen, dass Erdhügel und zugewachsene Straßen im heutigen Ecuador Teil eines dichten Siedlungsnetzes waren, das in den bewaldeten Ausläufern der Anden lag und etwa 1.000 Jahre lang bestand:
Faszinierende LIDAR-Technik bringt verborgene Amazonas-Städte ans Licht
Es handle sich um ein vergessenes „Tal der Städte“, sagt der Forscher Stéphen Rostain über die am Donnerstag in der Zeitschrift Science veröffentlichten Erkenntnisse.
Gefunden haben die Archäologen das Netz aus Städten, indem sie die sogenannte LIDAR-Scan-Technik verwendet haben (LIDAR steht für „Light Detection And Ranging“ – also eine Entfernungsanalyse mit Hilfe von Licht). Dabei fotografiert eine Kamera von einem Flugzeug aus ein Waldgebiet und rechnet anschließend die Bäume heraus. Zurück bleibt das Boden-Profil, auf dem dann Gebäudereste und Straßen erkennbar sind.
Lidar-Scans liefern immer wieder überall auf der Welt faszinierende Ergebnisse. 2018 wurde mit der Technik im Regenwald von Guatemala eine große Maya-Stadt entdeckt:
Urwald-Metropole bereits vor 20 Jahren entdeckt - aber nicht erkannt
Die Überreste der Stadt im Amazonas-Dschungel von Ecuador hat Rostain, der am französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung arbeitet, bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten entdeckt. „Damals war ich mir jedoch nicht sicher, wie das alles zusammenpasst“, sagt der Archäologe.
Vor 2.000 Jahren lebten hier viele tausend Menschen
Nun stehe fest, dass die Siedlungen etwa zwischen 500 vor Christus und 300 bis 600 nach Christus vom Volk der Upano bewohnt waren – zu einer Zeit, die ungefähr mit dem Römischen Reich in Europa zusammenfällt, so die Forscher.
Wohn- und Zeremonialgebäude, die auf mehr als 6.000 Erdhügeln errichtet wurden, waren von landwirtschaftlichen Feldern mit Entwässerungskanälen umgeben. Die größten Verbindungsstraßen waren zehn Meter breit und erstreckten sich über eine Länge von zehn bis 20 Kilometern.
In den Siedlungen lebten mindestens 10.000 Menschen – und in der Blütezeit womöglich sogar 15.000 oder sogar 30.000, so der Archäologe Antoine Dorison, ein Mitautor der Studie.
Bauen ohne Steine: Amazonas-Bewohner betrieben „immensen Aufwand“
Das sei vergleichbar mit der geschätzten Einwohnerzahl Londons zur Römerzeit, der damals größten Stadt Großbritanniens. Dies spreche für eine intelligente Arbeitsorganisation, sagte José Iriarte, Archäologe an der Universität im britischen Exeter, der an der Studie nicht beteiligt war.
„Die Inkas und Mayas bauten mit Stein, aber die Menschen im Amazonasgebiet hatten in der Regel keinen Stein zum Bauen zur Verfügung – sie bauten mit Lehm“, so Iriarte. Der Arbeitsaufwand müsse „immens“ gewesen sein.