Kindermord in der Schwarzwaldsiedlung
Still steht der Schwarzwald da, weiß überzuckert. Ein Schuss hallt. Ein Mensch ist tot. Drei Kinder haben im Wald gespielt, eins wird vermisst, eins kommt verwirrt nach Hause, eines wird tot im Schnee gefunden. Die erste Aufgabe für die beiden Kommissare Franziska Tobler und Friedemann Berg – und das wird gerne mal in Tatorten ausgeblendet – ist gleich schon mal die Übelste: den Eltern sagen, dass ihr Kind nicht mehr nach Hause kommen wird.
Polizeiarbeit statt Seelendrama
Blick hinter die Kulissen So entsteht ein Kommissariat
Neuer Tatort – neue Kulisse! Requisiteur Markus Lorenz sorgt dafür, dass das neue Kommissariat auch wirklich echt aussieht. Und so geht's:
Und dann beginnt etwas, was wirklich selten im Tatort geworden ist: klassische, nüchterne, knochentrockene Polizeiarbeit. Spurensicherung, Beweissichtung, Forensik und keinerlei Seelenprobleme der Ermittler. Keine Familiendramen der Kommissare, keine dunklen Geheimnisse bei den Beamten der Kripo. Das ist wirklich wohltuend. Danke dafür! Dafür gibt es perfekt gezeichnete Charaktere: Die drei offensichtlich zugereisten Familien, deren Kinder in den Fall verwickelt sind, könnte jeder alteingesessene Freiburger mehrfach in der eigenen Nachbarschaft wiedererkennen. Dazu kommt dann noch die Kripochefin Cornelia Harms, die ziemlich pragmatisch ist, sich nach der politischen Decke streckt und ansonsten nach dem Motto lebt: machen, was irgend machbar ist. Eigentlich war ja Harald Schmidt als Polizeichef auserkoren, aber der konnte oder wollte nicht. Eigentlich muss man ihm dankbar sein, denn er hätte in diesen gut gemachten Tatort nicht wirklich reingepasst.
Guter Krimi, aber wenig Regionales
So ist Goldbach ein spannender, gut gezeichneter, handwerklich ohne klaffende Ritzen und Fugen gemachter, schöner, sauberer Sonntagabendkrimi, wie man ihn lang nicht gesehen hat. Einziger winziger Wermutstropfen: Obwohl beide Kommissare und eine ganze Reihe Nebencharaktere, die laut Drehbuch in der Gegend beheimatet sind, und obwohl die beiden Ermittler-Darsteller Eva Löbau und Hans-Jochen Wagner aus Baden-Württemberg stammen, taucht Lokalkolorit eigentlich nur in den Landschaftsbildern auf. Mundart gibt es nur ganz gelegentlich und beinah scheu-ausrutscherhaft bei Kommissar Berg. Da darf mehr sein, aber mit dem ersten Tatort aus dem Schwarzwald stehen wir ja auch noch ganz am Anfang. Für den gebe ich gut und ehrlich verdiente vier von fünf Elchen.
Tatort-Kommissar kämpft ums Überleben
Die Münchener Kriminalhauptkommissare Batic und Leitmayr schnappen einen Messerstecher, der ihnen beim letzten Mal entwischt ist. Ben Schröder hieß das Zufallsopfer damals, erstochen vor einem Supermarkt, vor den Augen seiner Frau und seines Sohns. Der mysteriöse Mord klärt sich nun auf – aber damit fängt das Drama erst an. Dieser Tatort war eine Wiederholung, Erstausstrahlung: April 2017.
Kommissar im Koma
Leitmayr humpelt am Stock über den Krankenhausflur, schaut dann nach rechts ins Krankenzimmer vom Kollegen Batic, der dort an Schläuchen und im Koma liegt. Es sieht nicht gut aus. Ich kenne die zwei nicht persönlich, aber nach 26 Jahren Sonntagabendwohnzimmerbekanntschaft nimmt mich das doch irgendwie ein bisschen mit. Bedrückend auch die Vorgeschichte zum Krankenhausaufenthalt. Ein Mann mit Halbglatze und im Trenchcoat wählt sein Opfer aus. Völlig willkürlich. Er zählt die Passanten, an denen er vorüber geht. Der fünfte Mensch, der ihm begegnet, soll es sein. Er sticht zu. Mehrmals. Doch das Opfer überlebt und der Täter wird gefasst.
Was ist hier nur los?
Er ist der Mann, der ein Jahr zuvor auch Ben Schröder erstochen hat. Klaus Barthold, ein unscheinbarer Typ, der als Museumswärter per kleiner, handlicher Klickmaschine auch Besucher zählt. Klick, klick, klick. Soweit klar. Aber irgendetwas muss zwischen der Festnahme von Klaus Barthold und der Szene im Krankenhaus ja passiert sein. Was genau hat Leitmayr an den Stock und Batic ins Koma gebracht? Das sollen nun Mitglieder eines Untersuchungsausschusses klären. Ivo Batic erwacht aus dem Koma und die Suche nach der Wahrheit wird für Leitmayr schmerzhaft.
Hat ihn sein Freund und Kollege angelogen?
Egal wie das hier ausgeht, der Batic hat ganz schönen Mist gebaut. Und da hakt die Geschichte. Denn wie sehr sich Ivo Batic im vergangenen halben Jahr auch verändert haben mag, sein Handeln nehm ich ihm nicht ab, das ist doch sehr konstruiert. Trotzdem, es sind wieder tolle Bilder, allein die Spiegelbildfestnahme im Museum ist einfach grandios, Leitmayr überzeugt in seiner Verzweiflung, Messerstecher Barthold ist schlicht gruslig und ja, es gibt spannende Momente. Leider insgesamt keine so mitreißende Fortsetzung, wie man's vielleicht erwartet hat nach dem grandiosen ersten Teil um den unbekannten Messerstecher.
Gute 3 von 5 Elchen gibt es von mir und so schräg, wie Batic drauf ist, die berechtigte Frage: „Wie soll das weitergehen – mit uns?“