Hauptdarsteller unterm röhrenden Hirsch, immer wieder lautes Stöhnen, Sofas, Planschbecken, Kameras in Fabriketagen. Und zwei Ermittler, die mehr oder weniger fassungslos sind, welche Spielarten es so gibt beim Pornodreh. Ivo Batic und Franz Leitmayr ermitteln in einem Milieu, das ihnen weitgehend fremd ist – und einigen Zuschauern wohl auch.

Zu viel Porno für einen Tatort?

Ist es mutig oder übertrieben einen Tatort zu zeigen, der vor allem in der Porno-Szene spielt? Diese Frage wird nach Ausstrahlung des Tatorts aus München hitzig debattiert. Vor allem von einer Zeitung, von der man wenig Spießigkeit in Bezug auf Nacktheit erwartet hätte: der BILD-Zeitung. „Scheinheilig“, sagt Brigitte Egelhaaf bei SWR3. Ein Standpunkt.

„Das passt jetzt möglicherweise nicht in dein Weltbild“

Achtung! Im Münchener Tatort geht es nicht um Blümchen und Bienchen. Es geht um Dinge und Namen, die man im Verlauf am PC oder Smartphone sofort wieder löscht, nachdem man sie gegoogelt hat. Und es geht um Frauen, die sich gerne verkaufen – die all diese Dinge freiwillig machen. Das sagt zumindest Leitmayr zum Kollegen Batic: „Das passt jetzt möglicherweise nicht in dein Weltbild, Ivo, aber es kann ja sein, dass sie einfach Lust gehabt hat.“

Mit Bikini, Masken und Socken

Diese Frau im Bikini im Kinderplanschbecken, umringt von Männern, die alle Masken auf, und Socken an haben. Gesichter in Großaufnahme, da braucht es keine Worte und keine Geräusche. Die gibt es später noch genug. Luna Pink, die Bikinifrau, ist am nächsten Morgen tot und abgesehen von halbnackt war sie auch die Tochter eines Vorgesetzten.  

Viel Gestöhne am Tatort

In Hardcore sehen wir viele nackte Menschen, viel horizontale und vertikale Bewegung und es wird sehr, sehr viel gestöhnt. Sonntagabend um 20.15 Uhr konnten wir ausnahmsweise mal ganz ungeniert zuschauen, wie das so ist – beim Pornodreh. Es gibt keine Gewaltszenen und dennoch echt widerliche Momente. Es geht hier auch um Trauer und Scham, um vermeintliches Glück, um das Geschäft mit dem Sex, mal als vergnügliches Hobby für jedermann, mal eklig und schmuddelig und immer mit eindeutiger Sprache.

Leitmayr und Batic als gelassenes Gegengewicht

So ein Tatort mit so viel Nacktheit kann schrecklich schief gehen, wenn man nicht zwei bodenständige bayerische Ermittler entgegensetzen kann. Die bleiben im ganzen Drunter und Drüber weißhaarig gelassen – der Leitmayr noch etwas mehr als der Batic. Und wenn es mal wirklich zu eklig wird, steuern die Drehbuchautoren mit einem kleinen Gag gegen.

Wenig Kunst, aber viel Mut

Ein Tatort, an den man sich erinnern wird, allerdings nicht, weil er künstlerisch so wertvoll wäre. Mutig ja, auf jeden Fall. Sicher ist aber auch, dass die Meinungen weit auseinander gehen werden. Mir persönlich kam der Kriminalfall ein bisschen zu kurz. Manches hätte es für die Story nicht gebraucht, zum Beispiel den überlangen Showdown am Ende.

Tatort-Kommissar kämpft ums Überleben

Die Münchener Kriminalhauptkommissare Batic und Leitmayr schnappen einen Messerstecher, der ihnen beim letzten Mal entwischt ist. Ben Schröder hieß das Zufallsopfer damals, erstochen vor einem Supermarkt, vor den Augen seiner Frau und seines Sohns. Der mysteriöse Mord klärt sich nun auf – aber damit fängt das Drama erst an. Dieser Tatort war eine Wiederholung, Erstausstrahlung: April 2017.

Kommissar im Koma

Leitmayr humpelt am Stock über den Krankenhausflur, schaut dann nach rechts ins Krankenzimmer vom Kollegen Batic, der dort an Schläuchen und im Koma liegt. Es sieht nicht gut aus. Ich kenne die zwei nicht persönlich, aber nach 26 Jahren Sonntagabendwohnzimmerbekanntschaft nimmt mich das doch irgendwie ein bisschen mit. Bedrückend auch die Vorgeschichte zum Krankenhausaufenthalt. Ein Mann mit Halbglatze und im Trenchcoat wählt sein Opfer aus. Völlig willkürlich. Er zählt die Passanten, an denen er vorüber geht. Der fünfte Mensch, der ihm begegnet, soll es sein. Er sticht zu. Mehrmals. Doch das Opfer überlebt und der Täter wird gefasst.

Was ist hier nur los?

Er ist der Mann, der ein Jahr zuvor auch Ben Schröder erstochen hat. Klaus Barthold, ein unscheinbarer Typ, der als Museumswärter per kleiner, handlicher Klickmaschine auch Besucher zählt. Klick, klick, klick. Soweit klar. Aber irgendetwas muss zwischen der Festnahme von Klaus Barthold und der Szene im Krankenhaus ja passiert sein. Was genau hat Leitmayr an den Stock und Batic ins Koma gebracht? Das sollen nun Mitglieder eines Untersuchungsausschusses klären. Ivo Batic erwacht aus dem Koma und die Suche nach der Wahrheit wird für Leitmayr schmerzhaft.

Hat ihn sein Freund und Kollege angelogen?

Egal wie das hier ausgeht, der Batic hat ganz schönen Mist gebaut. Und da hakt die Geschichte. Denn wie sehr sich Ivo Batic im vergangenen halben Jahr auch verändert haben mag, sein Handeln nehm ich ihm nicht ab, das ist doch sehr konstruiert. Trotzdem, es sind wieder tolle Bilder, allein die Spiegelbildfestnahme im Museum ist einfach grandios, Leitmayr überzeugt in seiner Verzweiflung, Messerstecher Barthold ist schlicht gruslig und ja, es gibt spannende Momente. Leider insgesamt keine so mitreißende Fortsetzung, wie man's vielleicht erwartet hat nach dem grandiosen ersten Teil um den unbekannten Messerstecher.

Gute 3 von 5 Elchen gibt es von mir und so schräg, wie Batic drauf ist, die berechtigte Frage: „Wie soll das weitergehen – mit uns?“

Autor/in: Brigitte Egelhaaf
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