Der Tatort soll dieses Mal eher ein Thriller als ein Krimi sein, so sehen das zumindest die Macher. Das Frauenteam Gorniak und Winkler ermitteln in Dresden in einem Fall rund um Verschwörungserzählungen im Internet und die Machenschaften der Boulevard-Presse. Ein richtig guter Film, unbedingt schauen, sagt SWR3 Redakteur Michael Haas.
Tatort Dresden: Irrwitzige Erzählungen und haltlose Vorwürfe
„Ich bitte Sie, von Mensch zu Mensch, lassen sie Frau Burkhardt am Leben! Wir werden alles tun, um die Kinder zu retten!“, Chef-Kommissar Schnabel wendet sich mit einem Appell an den Entführer. Der droht mit der Ermordung einer Boulevard-Journalistin, die in der Tat nicht ganz unschuldig ist. Sie hat ihrem jetzigen Entführer übel mitgespielt. Dazu glaubt der Mann auch noch an so eine irrwitzige Verschwörungserzählung aus dem Internet, nach der verschwundene Kinder in Dresdener Kellern gefangen gehalten werden. Die Journalistin habe da immer wieder öffentlich Öl ins Feuer gegossen, so sein Vorwurf. Und in der Tat hat sie selbst immer wieder üble Fakes verbreitet und den Entführer auch schon öffentlich als Mörder hingestellt. Ganz ohne Fakten selbstverständlich. Auch deshalb hatte es gegen sie und die Zeitung immer wieder Beschwerden beim Deutschen Presserat gegeben.
Wer denkt, schlimmer geht’s nicht, braucht sich nur in der Realität umzusehen. Bei Privatpersonen ist der Presserat machtlos. Da kann jeder einfach alles behaupten. Auch das mit den verschwundenen Kindern. Hauptsache es macht klick. „Jeder Klick bringt Geld, man muss nur irgend ne Sensation posten“, sagt denn auch einer der Typen, die im Internet an den Verschwörungstheorien ganz schön mitverdienen: „Die Wahrheit ist letztlich eher nebensächlich.“
Ein Kommissar gerät in die Fänge des Entführers
Es dauert nicht lange, da bekommt es auch Kommissar Schnabel damit zu tun. Verzweifelt versucht er dem gebrainwashten Entführer klarzumachen, an was für einen Quatsch er da glaubt: In den Kellern von Dresdener Restaurants würden Kinder von einem kriminellen Pädophilen-Ring gefangen gehalten und die Polizei mache da mit. „Wie können Sie als intelligenter Mensch so was glauben?“, schreit er den Entführer an, „das ist doch Quatsch. Das müssen Sie doch merken!“ Man möchte es förmlich mitschreien.
Fazit: „Unbedingt anschauen“
Look-and-feel in diesem Tatort sind absolut hollywoodreif. Sorgfältig eingesetzte Filter sorgen für das Gefühl von ganz großem Kino. Dabei ist es „nur“ ein Fernsehkrimi. Was heißt Krimi – Regisseur und Kameramann sagen beide, dass sie es toll fanden, hier mehr in Richtung Thriller drehen zu können. Und tatsächlich, das hat sich für die Zuschauer gelohnt. Dazu tragen aber auch die teils monumentale Musik und das perfekte Sounddesign bei, richtig gut! Großartig auch die Schauspieler, besonders Martin Brambach als Chef-Kommissar Schnabel. Ihm gelingt es nochmal neue stimmige Fassetten seiner Figur darzustellen, ohne in alte oft gespielte Klischees zurückzufallen. Sehr sehenswert!
Erstklassig auch die Story: Denn wenn man so nach einer Stunde vielleicht das Gefühl hat, es ist alles erzählt, kommt nochmal eine geschickte Wendung mit der Frage auf, ob die Polizei selbst jetzt den Entführer mit einen eigenen Fake-Video täuschen darf, oder ob der Staat auch an der Stelle sauber bleiben muss. Sehr gut gemacht! Fünf von fünf Elchen!
Was wird im echten Leben gegen Fakenews getan?
„Achtung, vor Schule XY, Kinder-Schänder im weißen Transporter“ – so eine Warnung hat vermutlich jeder schon mal in seiner Timeline oder Whatsapp-Gruppe gesehen. Ist da wirklich immer was dran und wie geht die Polizei mit solchen Meldungen um? David Fritsch vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg hat es uns im SWR3-Interview erzählt:
Eines haben Fakenews immer gemein: Es wird mit den Ängsten der Menschen gespielt. Auch beispielsweise mit der Angst, dass Kinder vor Schulen in einen weißen Van gezogen werden oder von Fremden angesprochen werden. Das Problem bei solchen Meldungen ist, dass gerade weil sie so hochemotional sind, sie entsprechend schnell in den Sozialen Netzwerken geteilt werden. Häufig auch ohne zu hinterfragen, ob die Information auch wirklich stimmt.
Fakenews ausräumen, bevor sie sich verbreiten
Gerade weil sich Fakenews so schnell verbreiten, sei es für Polizeikräfte wichtig, schnell einzugreifen, wenn es beispielsweise um laufende Einsätze geht. Hier werde oft schon spekuliert und vorverurteilt, bevor gesicherte Informationen überhaupt bekannt sind, erklärt Fritsche. Im Interview erzählt er von einem konkreten Beispiel: