Im Iran ist der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd wegen Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt worden. Sharmahd soll laut Justiz der Anführer einer terroristischen Vereinigung und an Anschlägen beteiligt gewesen sein. Er sei daher wegen „Korruption auf Erden“ schuldig gesprochen worden.
Sharmahds Tochter bittet Bundesregierung um Hilfe
Seine in den USA lebende Tochter Gazelle Sharmahd hat die Bundesregierung eindringlich gebeten, sich für ihren Vater einzusetzen.
Sie fügte hinzu: „Es ist die letzte Chance, das Leben meines Vaters zu retten. Wenn das Leben meines Vaters für die deutsche Regierung keinen Wert hat, dann werden sie das Todesurteil vollstrecken, allein um ihre Macht zu zeigen.“
Sharmahd 2020 entführt
Der Iran hatte Sharmahds Festnahme im August 2020 bekannt gegeben. Nach Angaben seiner Familie wurde der 67-jährige Deutsch-Iraner, der zuletzt in den USA lebte, bei einem Zwischenstopp in Dubai vom iranischen Geheimdienst entführt und in den Iran verschleppt. Im Februar 2022 begann sein Prozess.
Was wirft der Iran Sharmahd genau vor?
Die iranische Justiz wirft Sharmahd insbesondere vor, an einem Anschlag auf eine Moschee in der südiranischen Stadt Schiras im April 2008 beteiligt gewesen zu sein, bei dem 14 Menschen getötet wurden. Sharmahd soll an der Planung von insgesamt 23 Anschlägen beteiligt gewesen sein. Er soll zudem mit FBI- und CIA-Agenten in Kontakt gewesen sein und versucht haben, Kontakte zum israelischen Geheimdienst Mossad aufzubauen. Unterstützer Sharmahds in Deutschland wiesen die Vorwürfe zurück und forderten die Bundesregierung auf, seine Verurteilung zu einer Todesstrafe zu verhindern und so sein Leben zu retten. Sharmahd kann wohl noch Berufung gegen seine Verurteilung beim Obersten Gericht im Iran einlegen.
Baerbock: Todesstrafe ist „grausam, unmenschlich und erniedrigend“
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kritisierte das Urteil als „absolut inakzeptabel“. „Nicht nur ist die Todesstrafe grausam, unmenschlich und erniedrigend, Jamshid Sharmahd hatte auch zu keinem Zeitpunkt nur den Ansatz eines fairen Prozesses", erklärte Baerbock. Zugleich kündigte die Ministerin an, die Verhängung der Todesstrafe werde „eine deutliche Reaktion zur Folge haben“.
Deutschland hat wegen des Urteils kurzfristig zwei iranische Diplomaten aus Deutschland ausgewiesen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat das Todesurteil als „inakzeptabel“ bezeichnet. Er sagte, „wir verurteilen dies auf das Schärfste und fordern das iranische Regime auf, das Urteil zurückzunehmen.“
So bewertet SWR3-Redakteurin Evi Seibert die Ausweisung der Diplomaten:
Amnesty: kein faires Verfahren
Amnesty kritisiert das Todesurteil. „Der Prozess gegen Jamshid Sharmahd war ein Schauprozess, der mit einem rechtsstaatlichen Verfahren nichts zu tun hat“, erklärte die Nahost-Expertin bei Amnesty International in Deutschland, Katja Müller-Fahlbusch. Der Iran habe ihm zahlreiche Rechte vorenthalten, darunter die freie Wahl eines Anwalts. Seine Familie habe seit mehr als zwei Jahren so gut wie keinen Kontakt zu ihm gehabt und wisse auch nicht, in welchem Gefängnis er einsitzt, erklärte Müller-Fahlbusch. Er habe in der Haft keine angemessene medizinische Versorgung bekommen und sei vermutlich auch gefoltert worden.
EU verhängt Sanktionen
Die neuen Sanktionen sollen nach Angaben von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) die Verantwortlichen für die jüngsten Hinrichtungen treffen. Das Sanktionspaket der EU-Außenminister richte sich insbesondere gegen diejenigen, die für „diese unglaublichen Verbrechen“ verantwortlich seien, sagte sie in Brüssel.
Todesstrafe für „Krieg gegen Gott“
Sharmahds Todesurteil ist nicht das erste im Iran. Der hingerichtete Madschidresa Rahnaward war dafür verurteilt worden, am 17. November zwei Angehörige der Sicherheitskräfte erstochen und vier weitere verletzt zu haben. Der Vorwurf lautete „Krieg gegen Gott“. Darauf steht die Todesstrafe. Rahnaward wurde in der Stadt Maschhad im Nordosten des Iran öffentlich an einem Baukran erhängt.
Das Staatsfernsehen verbreitete Videoaufnahmen, die angeblich zeigen, wie Rahnaward einen Mann ersticht und dann wegrennt. Rahnaward sei bei dem Versuch festgenommen worden, ins Ausland zu fliehen, hieß es.
SWR3-Korrespondent Uwe Lueb berichtet über die Details im Zusammenhang mit dem Tod des jungen Mannes:
Zuvor ist auch der 23-Jährige Mohsen Schekari hingerichtet worden. Er soll bei einer Straßenblockade in Teheran ein Mitglied der paramilitärischen Basidsch-Milizen mit einer Machete an der Schulter verletzt haben. Menschenrechtsaktivisten verurteilten die in „Schauprozessen“ verhängten Todesurteile gegen Demonstranten.
Ein Revolutionsgericht in Teheran hatte Schekari den Angaben zufolge am 1. November ebenfalls wegen „Kriegsführung gegen Gott“ verurteilt. Am 20. November habe das Oberste Gericht die Berufung abgewiesen und damit die Vollstreckung des Urteils erlaubt.
Im ARD-Weltspiegel berichtet eine Frau über Folterungen und Vergewaltigungen im Iran:
Journalistin: Menschen werden „mit roher Gewalt ausgebremst“
Die SWR3-Morningshow hat mit der deutsch-iranischen Journalistin Susan Zare gesprochen. Sie betont, wie wichtig es ist, die Menschen im Iran zu unterstützen.
Der Tod von Jina Mahsa Amini nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei hatte eine riesige Protestwelle im Iran ausgelöst. Manche sprachen von einer Revolution. Ein Jahr danach stellt sich die Frage: Was ist davon übrig geblieben?