Das Leben schreibt die besten Geschichten, vor allem im Zug...
Ich bin mal wieder mit der Deutschen Bahn unterwegs. Von Berlin nach Freiburg. An einem Vierer-Tisch vor mir sitzt meine Zukunft: Ein Vater, ein paar Jahre älter als ich, mit etwas mehr grauen Haaren und noch größeren Augenringen. Neben ihm sein niedlicher Sohn, etwas älter als meiner. Er starrt gelangweilt aus dem Fenster auf die deutsche Industrielandschaft.
„Sind wir gleich da?“, fragt er unschuldig.
„Ja, bald, mein Schatz“, antwortet der Vater.
Kurze Pause. Dann nochmal: „Sind wir jetzt da?“
Der Vater bleibt beeindruckend entspannt. „Nein, mein Engel, noch nicht ganz…“
Eine Minute später: „Müssen wir jetzt aussteigen?“
„Nein, hier ist Kassel. Da steigt doch niemand freiwillig aus.“
Zugfahren mit Kind ist aufregend
„Da ist ein anderer Zug….“, ruft der Sohn plötzlich laut. Die ältere Dame neben mir verschüttet vor Schreck ihren Kaffee auf meine Hose. Ich will mich gerade aufregen, aber das Spektakel neben uns geht schon weiter: „Müssen wir jetzt aussteigen?“
„Nein, aber gleich. So in vier Stunden.“ Der Vater wirkt inzwischen doch leicht angespannt.
„Wie lange sind vier Stunden?“
„So lange wie wir zur Oma brauchen.“
„Ich hasse Oma.“
„Aber mein Schatz, die Oma ist doch immer lieb.“
„Oma stinkt.“ Der Sohn ist jetzt den Tränen nahe. Der Vater ebenfalls.
„Da sagt man doch nicht“, insistiert er.
„Sind wir jetzt da?“
Kinder im Zug sind gar nicht so anstrengend!
Der Vater stöhnt auf. „Willst du auf dem iPad vier Stunden lang Minecraft spielen?“
„Na also!“, sagt der Sohn. „Warum nicht gleich so?“
Die ältere Dame und ich lehnen uns erleichtert zurück. In diesem Moment beginnt der Manager-Typ vor uns laut in sein Handy zu brüllen: „Oh nein, ich hätte doch in Kassel aussteigen müssen. Na, dann halten wir das Meeting hier im Zug ab, hören Sie mich? Oder soll ich noch lauter sprechen? BESSER SO? ODER SO?“
Ich fahre einfach sehr gern Bahn.