Stand

Von Autor/in SWR3

Meine Familie hab ich verlassen,
wofür kann ich nicht sagen.
Das war ein ziemlich tränenreicher Abschied,
und was sie mir damals alles gesagt haben, hab ich nie vergessen.
Ich habe gebetet.
Gott um Hilfe gebeten.
Aber der einfache Glaube eines einfachen Mannes...,
sie haben gesagt, dass alles in Gottes Hand liegt.
Mir liegt eher alles auf der Seele.

Beschreiben Sie bitte, wie die Arbeitsbedingungen waren:

Ich hab alles gemacht,
was man von mir wollte,
aber den Bossen war das nicht genug.
Wir haben uns abgerackert,
geschunden, geschwitzt.
Leute sind dabei gestorben - gute Leute.
Und sie haben wahrscheinlich nicht mal gewusst wofür.
Ich habe Herz und Seele an diese Typen verkauft,
einfach alles.
Aber sie haben mich nicht brechen können,
meine Würde kann man nicht brechen.

Erzählen Sie, wie die Arbeit ablief:

Wir waren in Gruppen eingeteilt.
Die Jüngeren mussten die Waggons ziehen,
und wir haben gegraben,
auch diesen Tunnel, in dem es passiert ist.

Wie kam es zu dem Tunnel-Einsturz ?

Woher die Risse gekommen sind, weiß keiner.
Waren halt einfach da.
Und dann kam alles runter.
Als sich der Staub dann verzogen hat,
wollten wir erstmal rausfinden, wer denn überlebt hat.
Überall nur zerschmetterte Körper.
Sie hatten gesagt, dass die Strecke sicher sei.
War eine Lüge.
Seitdem weiß ich, dass man Angst riechen kann.
Und dass Mut selten geworden ist.
Ich hab damals einfach Glück gehabt.

Sind sie anständig entlohnt worden ?

Wir haben geschuftet wie die Teufel.
Und für so gut wie kein Geld.
Bei jedem Wetter.
Wir haben dieses Land in der Mitte durchschnitten.
Gottes Eigentum.
Und alles dafür, dass es die Kinder mal besser haben.

Denken Sie oft an Ihre Familie ?

Ob ich die nochmal wiedersehe, oder meine Frau, weiß ich nicht.
Aber ihre Augen kann ich nicht vergessen.
Und die Tränen.
Lässt mich nicht los, der Abschied.

Erzählen Sie von den anderen Männern in Ihrem Trupp:

Wir kamen von überall her,
Norden, Süden, überall.
Wir hatten Hacken, Schaufeln,
Blasen an den Händen
und auf dem Rücken nur noch Hautfetzen wegen der Sonne.
Und so ham wir die Strecke verlegt und die Schwellen eingegraben,
bis die letzte Schiene vernietet war.
Immer der Trasse nach,
immer in Gefahr,
unter jedem Berg durchgraben,
und nachts haben wir im Freien gepennt.
Wir waren sowas wie ein Orden:
keine Angst vor nix.
Sowas gibt’s nicht nochmal.

Stand
Autor/in
SWR3
Künstler/in
Genesis
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