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Autor/in
Stefan Scheurer
Stefan Scheurer

Was ist mehr wert – den Täter zu erwischen oder das Recht an der eigenen DNA? Obwohl es darauf nur schwerlich eine Antwort gibt, wagt sich der Freiburger Tatort in dieses ethisch verminte Gebiet – und so nebenbei sehen wir die schönsten Stellen in SWR3Land.

Es ist Nacht im Tatort, wie so oft. Auf einem Weinfest am Kaiserstuhl ist bis zum Schluss beste Stimmung. Alle fahren heim, nur die Radiomoderatorin Beate Schmidbauer möchte laufen. In der Tatort-Logik bedeutet es: Sie ist das Opfer und genau so wird es sein. Auf dem Heimweg wird sie vergewaltigt, aber sie überlebt.

Die Kommissare Tobler und Berg aus Freiburg ermitteln. Das Weinfest war recht klein, führt das vielleicht zum Täter? Kommt er aus der Region? Ein Massen-DNA-Test soll helfen. An diesem Test machen die meisten Männer aus der Gegend mit, aber nicht alle. Und völlig überraschend geraten all jene als Verdächtige ins Visier, die das Recht an der eigenen DNA höher schätzen als die Verbrechensaufklärung und den Frieden für das Opfer.

DNA-Tests und Datenschutz werfen moralische Fragen auf

Der Tatort stellt uns Polizisten, Friseure und alleinerziehende Witwer vor, die alle einen Grund haben, ihre DNA zu verweigern. Einer ist unsympathischer als der andere. Aber macht das einen von ihnen verdächtiger?

Der Krimi wirft aber noch viel brisantere Fragen auf: Die DNA vom Tatort lässt Rückschlüsse auf Hautfarbe und andere sehr persönliche Merkmale zu. Ist es moralisch o.k., mit intimsten Merkmalen viele unschuldige Verdächtige zu finden, obwohl vielleicht nur einer der Bösewicht war? Die Revier-Chefin wird zum Moralapostel, es stigmatisiere unschuldige Menschen.

Datenschutz mal anders, darum geht es in diesem Tatort. Die Frage ist nicht nur, welche alten, widerlegten Beschuldigungen gespeichert werden dürfen, sondern auch wie stark die DNA zur Typisierung von Verdächtigen beitragen darf.

Dieser Tatort übertreibt!

Eigentlich ein schönes Thema für einen Tatort und trotzdem übertreibt die Geschichte an vielen Stellen. Beispielsweise verlieren alle Verdächtigen, die den DNA-Test nicht machen, ihre Existenz. Verdächtigt von den Nachbarn, Kollegen und Freunden. Hier wird der Datenschutz vom Drehbuch allerdings oft etwas zu plump, realitätsfern und eifrig über das Leid der Opfer gestellt. Davon abgesehen bleibt der Krimi unauffällig und brav, leider auch, was die Schauspieler angeht. Dem Tatort fehlt es an überragenden Szenen und einprägsamen Momenten – und leider auch an Humor.

Es stirbt nicht mal jemand – eine Alibi-Tote aus Frankreich muss dem Täter dramaturgisch irgendwo noch untergeschoben werden, damit es ein richtiger Tatort bleibt. Gerne geschaut habe ich ihn trotzdem, schon allein wegen der außergewöhnlich schönen Aufnahmen aus unserem SWR3Land. Es reicht damit für 3 von 5 Elchen.

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