Tatort-Kritik: „Parasomnia“ mit Gorniak, Winkler und Schnabel
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Autor/in
Brigitte Egelhaaf
Die 14-jährige Talia sieht Gesichter in dunklen Fensterscheiben, hört unheimliche Geräusche, malt vermisste Mädchen, die sie nicht kennen kann. Und sie bringt das Dresdner Ermittlerteam Gorniak, Winkler und Schnabel auf die Spur eines Serienmörders. Ein Horrorfilm? Fast. Parasomnia ist jedenfalls kein Tatort für Schreckhafte.
Die 14-jährige Talia und ihr Vater ziehen nach Jahren wieder zurück aufs Dorf, in ihr altes, bisschen heruntergekommenes, riesengroßes Haus. Und schon beim Einzug macht Talia eine grausige Entdeckung. So grausig, dass sie den Anblick verdrängt und in ihrem Kopf durch Bilder ersetzt, die es nur in ihrer Phantasie gibt. Nein, meint sie, da lag keine Leiche. Das sind ihre Farbdosen, die sie zum Malen braucht. Und eine dieser Dosen, die mit der roten Farbe drin, die hat ein Loch und läuft aus. Auch wir als Zuschauer sehen zuerst nur das, was Talia sehen möchte.
Talia ist ohnehin ein seltsames Kind. Ihr Vater erklärt, sie leide an Parasomnie, einer Schlafstörung, die Albträume verursacht. Kinder könnten nicht mehr zwischen Traum und Realität unterscheiden und manche behaupteten sogar, diese Kinder könnten Dinge sehen, die sonst niemand sehen könne.
Gorniak, Winkler und Schnabel finden 30 Jahre altes Blut
Aber wir, Talias Vater sowie die Ermittler Gorniak, Winkler und Schnabel, wir alle wissen natürlich, dass da eine Leiche lag. Die Kommissarinnen und ihr Chef suchen nun im Umfeld nach dem Mörder. Und der hat vielleicht noch mehr Morde begangen. Denn auf der Tatwaffe findet sich nicht nur das Blut der aktuellen Leiche, sondern auch das von zwei Frauen. Dieses Blut an der Klinge ist aber schon ein bisschen älter und haftet schon lange an dieser Waffe. Keine Wochen, keine Monate, sondern über 30 Jahre.
Wer die Nachbarn nicht grüßt, der muss ein Mörder sein
Ein Serienmörder? Wer kommt hier in Frage? Natürlich der Nachbar. Kommt nie aufs Dorffest, grüßt nie. Das macht ihn in den Augen des älteren Ehepaares von gegenüber natürlich extrem verdächtig. Bis zu diesem Zeitpunkt, als die beiden ihren Verdacht äußern, hatte ich schon einige Schreckmomente hinter mir. Türenknarren, Schreie, Talias ängstliches „Hallo, ist da jemand?“ Mir lief es in diesem Tatort aus Dresden tatsächlich einige Male kalt den Rücken runter.
Horror-Happyend im Dresdner Tatort?
Ich stehe normalerweise nicht so auf Horror- und Gruselfilme, aber Parasomnia ist, finde ich, wirklich gut gemacht. Wer etwas schreckhaft oder empfindlich ist, setzt sich am besten jemanden mit auf die Couch, hält Händchen und schaut vorher, ob alle Fenster und Türen zu sind. Nicht, dass es euch geht wie Talia, die immer wieder ängstlich in die Dunkelheit fragen muss: „Hallo, ist da jemand?“
Sogar die Auflösung des ganzen Horrors, finde ich, ist hier wirklich gut gelungen. Parasomnia sollte man tatsächlich aufmerksam bis zur letzten Sekunde anschauen. Denn auf das zuckersüße, vermeintliche Marshmallow-Ende folgt noch dieser eine Blick.