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Autor/in
Michael Haas
Michael Haas
SWR3

Mitten in der Tatort-Sommerpause jetzt also doch ein Tatort. Einer aus der Reihe, einer mit Nick Tschiller, also ein Til-Schweiger-Tatort. Das ist der, der fürs Kino produziert wurde, dort auch schon lief und jetzt ins Fernsehen kommt. Beim Kino-Publikum ist der Film vor zweieinhalb Jahren durchgefallen und viel besser wird's vor den heimischen Flatscreens auch nicht.

Die „Kraftmeierei“ und die „Selbstjustiz-Haltung“ von Kommissar Nick Tschiller wirken verstörend, so hieß es in einer Kritik, als der Film in die Kinos kam. In der Tat sind das die beiden herausragenden Merkmale dieses Tatorts. Tschillers Tochter wurde nämlich entführt, als sie aus Rache den Mörder ihrer Mutter umbringen wollte. Jetzt jagt Tschiller die Entführer quer durch Europa. Von Hamburg nach Istanbul, inklusive Schießerei hoch über den Dächern der Stadt. Schon das sieht genauso aus wie bei James Bond. Dann geht’s weiter nach Moskau, wohin Lenny (Luna Schweiger) als Zwangsprostituierte verschleppt werden soll.

„Das, was wir im Kinofilm gemacht haben, können wir nicht toppen!“

Zuviel „Kawumm“ für einen Tatort?

Vieles sieht aus wie bei Bond, nur dass die Umgangsformen etwas prolliger sind. Trotzdem kann man sagen: Wir haben es hier tatsächlich mit einem ganz gut gemachten Actionfilm zu tun, mit vielen Duellen und ordentlich Kawumm. Das ist tatsächlich ein Pluspunkt: Als Actionfilm ist das Ding gelungen, als Tatort weniger. Da sind wir weitaus Besseres gewohnt. Schwierig allein schon Luna Schweiger, auch im echten Leben die Tochter von Til, mit ihrem ewig gleichen Gesichtsausdruck, der irgendwo zwischen angeekelt und „Iss jetzt endlich deinen Rosenkohl“ liegt.

„Ein unfassbarer Egotrip“

Am meisten irritierte mich aber, dass Nick Tschiller, der ja Beamter des Landeskriminalamtes Hamburg sein soll, sich in seiner „Off-Duty“-Zeit, also in seiner Freizeit, so dermaßen über Recht und Gesetz stellt und rücksichtslos Leute verprügelt, um sich schießt, Menschen tötet, alles scheint egal zu sein. Ein unfassbarer Egotrip über 90 Minuten, plus Nachspielzeit, plus Elfmeterschießen. Will sagen: Dieser Tatort dauert satte zwei Stunden und zehn Minuten. Auch in diesem Punkt sprengt der Film den Tatort-Rahmen.

Etwas mehr Tatort, bitte!

Deshalb von mir nur 2 Elche für einen Kinofilm, der auch mit den bisherigen Tschiller-Tatorten nur noch die Erkennungsmelodie gemeinsam hat, aber als Actionfilm durchaus taugen mag. Bleibt aber zu Schluss die Erkenntnis: Ja, „Kraftmeierei“ und „Selbstjustiz“ von Kommissar Tschiller wirken verstörend. Und ich sage noch: Die passen auch nicht mehr in die Zeit und nicht mehr ins Weltbild. Jedenfalls nicht in meins.

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