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Kira Urschinger
Kira Urschinger
Christian Kreutzer
Christian Kreutzer
Johannes Seiler
Johannes Seiler
Redakteur/in
Milena Wassermann

Wird die telefonische Krankschreibung wieder abgeschafft? Das fordern zumindest einige Politiker und Arbeitgeber – sie sagen, dass sie der Grund für die hohen Krankenstände sei.

Wird die telefonische Krankschreibung wieder abgeschafft?

Der Krankenstand steuert in diesem Jahr auf einen neuen Höchstwert zu, zeigen Daten der Krankenkassen. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeber macht dafür auch die Krankschreibung per Telefon verantwortlich und fordert, dass diese wieder abgeschafft wird. Auch Finanzminister Christian Lindner hatte sich dafür ausgesprochen.

Dagegen stellen sich die Krankenkassen und die Hausärzte und Hausärztinnen in Deutschland. Die Einführung der telefonischen Krankschreibung sei medizinisch sinnvoll gewesen und „eine der ganz wenigen erfolgreichen politischen Maßnahmen zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens“, sagte die Bundesvorsitzende des Verbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, der Rheinischen Post

Die Unterstellungen, dass sich die Menschen mithilfe der Telefon-AU einen schlanken Fuß machen, können wir aus unserer täglichen Arbeit nicht bestätigen.

Was sagen die Krankenkassen zu der möglichen Abschaffung? Mehr Informationen von SWR-Redakteurin Kristin Beith:

Was stimmt denn jetzt? Machen Leute mit der telefonischen Krankschreibung öfter blau?

Nicolas Ziebarth vom Leibniz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sagt, dass die telefonische Krankschreibung kaum Einfluss auf die hohe Zahl der Krankmeldungen habe. Vielmehr sei die elektronische Krankschreibung dafür verantwortlich. Die Krankmeldungenwerden seit Ende 2023 damit vom Arzt direkt an die Krankenkasse und den Arbeitgeber übermittelt. Die Informationsübertragung ist daher wohl schneller und die Zahlen präziser.

10 Dinge, die du zur Krankschreibung & Krankmeldung wissen solltest!

Egal ob telefonische Krankschreibung oder Krankschreibung mit konventioneller Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – es gibt als Arbeitnehmer einige wichtige Dinge zu wissen.

Hier kannst du überprüfen, ob dir alle Aspekte aus dem Arbeitsrecht bekannt sind. Gemeinsam mit den Experten der SWR3-Rechtsredaktion haben wir sie für dich zusammengetragen. Wer sich am Arbeitsplatz krankmelden muss, sollte die folgenden zehn Facts kennen.

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1. Kann ich mich krankschreiben lassen, ohne zum Arzt zu gehen?

Seit dem Ende 2023 gilt wieder, was bereits in Corona-Zeiten möglich war: Ich kann mich – zumindest bei leichteren Krankheiten und mit schwachen Symptomen – auch telefonisch krankschreiben lassen, ohne persönlich in die Arztpraxis zu gehen.

Wichtig ist dabei auch, dass ich bei meinem Arzt bereits bekannt bin. Die genauen Infos dazu findest du weiter unten im Artikel.

Weiter möglich bleibt die Krankschreibung per Online-Sprechstunde, wenn eine Ferndiagnose bei meiner Krankheit möglich ist.

2. Ab dem wievielten Tag brauche ich eine Krankschreibung für den Arbeitgeber?

Laut Gesetz brauche ich als Arbeitnehmer eine ärztliche Krankschreibung am vierten Tag der Krankheit. Das heißt, dass ich mich nach drei Tagen Arbeitsunfähigkeit um eine Krankmeldung kümmern muss.

Aber Vorsicht: Zu den Tagen der Krankheit zählt jeder Kalendertag, also auch arbeitsfreie Tage wie das Wochenende oder Feiertage. Erkrankt man also freitags, muss montags eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegen.

Bei dir im Betrieb ist das anders? Das ist möglich. Der Arbeitgeber kann aber, wenn er möchte, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon früher verlangen. Dafür muss er in seiner Stellung auch keine Gründe nennen.

Krankmeldung beziehungsweise Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Arbeitgeber. Im Vordergrund hält jemand ein Handy in der Hand.
Normalerweise brauchst du nach dem dritten Krankheitstag eine Krankschreibung für den Arbeitgeber. Am besten kontaktierst du ihn aber mit deiner Krankmeldung so schnell wie möglich und sagst Bescheid, dass du nicht zum Dienst erscheinen wirst.

3. Wann muss ich dem Arbeitgeber Bescheid sagen, dass ich krank bin?

Der Arbeitgeber muss so schnell wie möglich Bescheid wissen. Schließlich muss er planen können und gegebenenfalls für Ersatz sorgen. Ich muss also als Arbeitnehmer sofort zu Beginn der betrieblichen Arbeitszeit darüber informieren, dass ich heute nicht kommen kann. Das geht formlos, also per Telefonanruf oder per Mail reicht völlig.

4. Kann ich mich während der Arbeit krankmelden?

Merke ich erst im Laufe des Arbeitstages, dass ich mich nicht fit fühle oder habe mich zur Arbeit geschleppt und stelle fest, dass es doch nicht geht – dann darf ich mich selbstverständlich auch während des Arbeitstages noch krankmelden. Der Tag gilt dann sogar als voll gearbeitet, sodass der volle Arbeitslohn dafür abgerechnet wird. Diese Stunden müssen auch nicht nachgearbeitet werden.

5. Kann ich mich vom Arzt nachträglich krankschreiben lassen?

Grundsätzlich darf eine Arbeitsunfähigkeit nur für den Tag bescheinigt werden, an dem man krank beim Arzt oder der Ärztin vorspricht. Im Einzelfall ist es aber auch möglich, dass der zuständige Arzt oder die Ärztin die Krankheit für bis zu drei Tage rückwirkend bescheinigt.

Achtung: Das kommt aber nur in besonderen Fällen in Betracht und ist Sache des behandelnden Arztes. Also besser nicht drauf verlassen, dass das nachträglich schon noch klappen wird.

Die telefonische Krankmeldung beim Arbeitgeber macht es für so manchen Arbeitnehmer einfacher: Hier liegt eine Frau im Bett mit Telefon am Ohr und Taschentüchern auf dem Bett.
Achtung: Eine Krankschreibung für den Arbeitgeber kannst du dir nicht einfach so nachträglich vom Arzt holen. Am besten also erstmal die Krankmeldung machen und dann zum Arzt, um die Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen.

6. Kann ich die Krankschreibung einreichen, wenn ich wieder gesund bin?

Wenn der Chef sie nicht umgehend verlangt, dann gilt, dass die Krankschreibung spätestens am vierten Tag nach Beginn der Erkrankung vorliegen muss, wenn dieser Tag ein Arbeitstag (und nicht zum Beispiel Wochenende) ist. Ich kann also nicht einfach abwarten, bis ich wieder gesund bin und dann erst die Krankschreibung einreichen.

7. Was muss ich bei der elektronischen Krankmeldung beachten?

Für gesetzlich Krankenversicherte gilt seit Januar 2023, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitgeber nicht mehr in Papierform vorgelegt werden muss. Ich melde mich nun beim Arbeitgeber krank und er kann dann die Krankmeldung online abrufen. Wer das in diesem Jahr noch nicht gemacht hat (Glückwunsch!), fragt am besten bei den Zuständigen im Betrieb nach, was für den neuen Ablauf genau beachtet werden muss.

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8. Wie lange kann ich mich am Stück krankschreiben?

Wie lange eine Krankschreibung gilt, hängt zuallererst natürlich davon ab, wie lange ich voraussichtlich krank bin und daher nicht arbeiten kann. Eine Erstbescheinigung soll aber in der Regel nicht für mehr als zwei Wochen ausgestellt werden, im Höchstfall wird sie für maximal einen Monat erteilt. Bin ich danach immer noch krank, muss ich im Zweifel noch einmal zu meinem Arzt gehen werden und eine Folgebescheinigung holen.

Bei der telefonischen Krankschreibung gilt eine Grenze von maximal 5 Tagen. Länger darf ein Arzt mich nicht krankschreiben, wenn ich mich nur telefonisch gemeldet habe.

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9. Wie oft darf ich mich krankmelden – gibt es eine Obergrenze?

Es gibt keine Obergrenze, denn man kann ja in der Regel nicht beeinflussen, wie oft man krank wird. Allerdings kann der Arbeitgeber verlangen, dass eine Begutachtung durch den medizinischen Dienst stattfindet. Das geht, wenn ich beispielsweise auffällig oft krank bin. Vorher wäre es aber natürlich sinnvoll, dass die Führungskraft mit den betroffenen Mitarbeitern gesprochen hat um herauszufinden, was hinter der Häufung von Krankheitsausfällen stecken könnte. Außerdem kann unter Umständen auch eine Kündigung in Betracht kommen.

10. Kann ich gekündigt werden, wenn ich zu oft krank bin?

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist im äußersten Fall durchaus möglich. Das hängt aber davon ab, ob der Arbeitgeber auch in Zukunft davon ausgehen muss, dass ich öfter erkranken werde und für die Arbeit ausfalle. Dafür gelten gewisse Richtwerte:

  • Bei einer lang anhaltenden Krankheit muss ich voraussichtlich für mindestens 24 Monate ausfallen.
  • Bei häufigen, aber kürzeren Erkrankungen kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber zukünftig davon ausgehen muss, ob das noch öfter der Fall sein wird.
  • Außerdem muss der Arbeitgeber auch wirklich beeinträchtigt sein von meinen häufigen Erkrankungen. Das kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Betriebsablauf dadurch dauerhaft gestört ist oder er damit zu rechnen hat, das Arbeitsentgelt fortzahlen zu müssen.

Darf ich trotz Krankschreibung arbeiten?

Wenn du sicher bist, dass du wieder fit genug bist zum Arbeiten, kannst du das trotz Krankschreibung tun – vorausgesetzt, dass der Chef oder die Chefin damit einverstanden ist. Mehr Infos dazu, wann du trotz Krankschreibung arbeiten kannst, findest du hier:

Die telefonische Krankschreibung ist seit 2023 wieder möglich

Durch die Pandemie hat sich rund um die Krankmeldung und Krankschreibung einiges verändert. So gibt es beispielsweise die elektronische Krankmeldung in Betrieben. Nicht alle sind damit zufrieden, es gibt von Unternehmen und Arztpraxen Kritik zur E-Krankmeldung.

Seit Dezember 2023 auch wieder möglich: die telefonische Krankschreibung. Während der Pandemie wurde sie zeitweise eingeführt, damit nicht jeder persönlich zum Arzt gehen muss, um sich krankschreiben zu lassen. Die Regelung war nach mehrmaliger Verlängerung am 1. April 2023 ausgelaufen.

Weil das System gut geklappt hat und auch weiterhin Überlastung in vielen Praxen herrschte, wurde dieses System wieder und diesmal dauerhaft in Deutschland eingeführt.

Wie funktioniert die telefonische Krankschreibung?

Es gibt ein paar Bedingungen für die telefonische Krankschreibung. Wie sie funktioniert und was du beachten solltest:

1. Krankschreiben per Telefon nur bei leichten Erkrankungen

Während der Pandemie war die telefonische Krankschreibung auf leichte Erkrankungen begrenzt. Auch jetzt werden alle Krankheitsbilder mit Telefonkontakt abgedeckt, deren Symptome geringfügig sind und wenn es keine enge ärztliche Betreuung braucht.

Du kannst also nicht bei jeder Erkrankung auf den Arztbesuch verzichten. Bei schweren Erkrankungen genügt ein Anruf nicht, da musst du weiterhin persönlich zum Arzt.

2. Krankschreibung für maximal 5 Tage

Die telefonische Krankschreibung darf für maximal fünf Tage ausgestellt werden. Wenn du länger krank bist, musst du also persönlich zu einem Arzt gehen.

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3. Der Arzt muss dich kennen

Als Patient musst du in der Arztpraxis bekannt sein, damit du die telefonische Krankmeldung in Anspruch nehmen kannst.

Es geht also nicht, sich von irgendeiner Praxis krankschreiben zu lassen per Telefon, die man nie persönlich besucht hat. Dabei geht es darum, dass Ärzte den Zustand von Patienten besser einschätzen können, wenn sie nicht völlig unbekannt sind.

4. Nur, wenn keine Videosprechstunde möglich

Voraussetzung für die telefonische Krankschreibung ist auch, dass bei beim Arzt keine Videosprechstunde möglich ist. Das wäre sonst eine bevorzugte Alternative, weil dort zumindest ein Bild übertragen wird und der Mediziner dich auch anschauen kann.

In bestimmten Fällen sind Krankschreibungen und Behandlungen auch online per Videosprechstunde möglich – wenn der Arzt oder die Ärztin das anbietet. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung kommt auch bei diesem Modell der digitalen Sprechstunde zu einem positiven Fazit:

Gerade bei langen Anfahrtswegen oder nach Operationen kann die Videosprechstunde eine sinnvolle Hilfe sein. [...] Der Arzt oder Psychotherapeut muss dafür nur einen zertifizierten Videodienstanbieter auswählen, der für einen reibungslosen und sicheren technischen Ablauf der Videosprechstunde sorgt.

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Kinderkrankmeldung für Eltern geht auch per Telefon

Auch die sogenannte Kinderkrankmeldung per Telefon ist möglich. Konkret könnt ihr Bescheinigungen für den Bezug von Kinderkrankengeld für maximal fünf Tage bekommen. Auch hier gilt, dass ihr und euer Kind dem Arzt oder der Ärztin bekannt sein müsst und sie die telefonische Ausstellung als vertretbar ansehen.

Wie machst du es: Krankmelden oder arbeiten gehen?

Klar, grundsätzlich ist es natürlich richtig und wichtig, sich krankzumelden, wenn es einen erwischt hat. Die Gesundheit gibt einem schließlich keiner zurück und außerdem ist es auch für niemanden hilfreich, in der Arbeit alle anzustecken.

Wir wissen von den Nachrichten, die uns die SWR3-Community schreibt, dass es nicht immer so leicht ist, sich richtig auszukurieren und bei Krankheit rigoros daheim zu bleiben. Deine Meinung und deine Erfahrungen interessieren uns: Wie machst du es mit der Arbeit, wenn du krank bist? Bleibst du daheim oder gehst du auch mal krank arbeiten?

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