- Wird zu viel Fleisch konsumiert?
- Markt für Fleischersatzprodukte boomt
- Gründe für Fleischverzicht
- Aus was bestehen Fleischalternativen?
- Vergleich: Fleisch vs. Fleischersatz
- Fazit
Wird zu viel Fleisch konsumiert?
In Deutschland wird laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) im Durchschnitt zu viel Fleisch konsumiert. 2021 lag der pro Kopf Fleischkonsum bei 55 kg. Auch wenn der Fleischkonsum in den letzten 10 Jahren um 12 Prozent zurückgegangen ist und auf einem Rekordtief seit Berechnung des Verzehrs 1989 fällt, liegt der pro Kopf Verbrauch deutlich über der Empfehlung von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Bei maximal 300 bis 600 Gramm sollte der wöchentliche Konsum von Fleisch und Wurst laut DGE liegen, das macht jährlich etwa 15 bis 30 kg – je nach Kalorienbedarf.
Markt für Fleischersatzprodukte boomt
Der Anteil an Veganern, Vegetariern und Flexitariern, also Menschen, die nur hin und wieder Fleisch konsumieren, in der Bevölkerung steigt. 2021 bezeichneten sich 7,9 Millionen Menschen als Vegetarier, 1,58 Millionen Menschen als Veganer. Viele verzichten aus ethischen oder gesundheitlichen Gründen auf Fleisch, mögen aber den Geschmack. Der Markt für Fleischersatzprodukte boomt. Das sind vegetarische oder vegane Produkte, die versuchen Fleisch durch Geschmack, Konsistenz und Geruch zu imitieren. Die Produktion von Fleischersatzprodukten erhöhte sich 2021 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 17 Prozent, im Vergleich zu 2019 stieg sie sogar um 62,2 Prozent. Der Marktführer für Fleischalternativen ist der Fleischprodukthersteller Rügenwalder Mühle. Das Unternehmen erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen höheren Umsatz mit vegetarischen und veganen Produkten als mit Fleischerzeugnissen. Fleischersatzprodukte werden immer beliebter, doch sind sie besser als Fleisch?
Warum Fleischerersatz? Gründe für den Verzicht
Laut einer Forsa-Umfrage werden als Gründe für Fleischverzicht häufig Tierwohl, Nachhaltigkeit und Gesundheit genannt.
Der am häufigsten genannte Grund für Fleischverzicht ist das Tierwohl. Doch auch in Fleischersatz können tierische Produkte stecken. Das Wissenschaftsmagazin Quarks veranschaulicht in einem Beispiel, wie viel Tierhaltung in vegetarischen Produkten stecken können: Für 100 kg Mortadella stirbt ein Schwein. Für die gleiche Menge der vegetarischen Alternative werden bis zu 2.200 Eier benötigt. Das entspricht der durchschnittlichen Menge an Eiern, die sechs Hennen ihr Leben lang legen. Wer Wert auf Tierschutz legt hat auch die Möglichkeit, auf vegane Alternativen umsteigen.
In puncto Nachhaltigkeit lohnt sich der Griff zur Fleischalternative deutlich. Tiere für die Fleischproduktion brauchen viel Futter, bei der Verwendung von Soja, Getreide und Co. für die menschliche Ernährung fällt ein erheblicher Teil der Treibhausgas-Emissionen, Land- und Wasserverbräuche weg. Rindfleischpattys beispielsweise verursachen laut einer Studie, die von Forschenden aus der Hochschule Osnabrück und dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik geführt wurde, im Vergleich zu Pattys auf pflanzlicher Basis 5,5- bis 8,3-mal mehr Treibhausgasemissionen (11,12). Doch wie sieht es mit der Gesundheit aus?
Inhaltsstoffe von Fleischersatzprodukten: Aus was bestehen die Alternativen?
Um das zu bewerten, schauen wir auf die beliebtesten Hauptzutaten für Fleischersatzprodukte. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Fleischalternativen zu erzeugen. Laut einer Untersuchung der Albert Schweitzer Stiftung sind die am häufigsten eingesetzten Grundzutaten Soja (45 Prozent) und Weizen (39 Prozent). Mit größerem Abstand folgen Lupinen (5 Prozent), Milch (5 Prozent), Erbsen (2,5 Prozent) und Hühnereier (2,5 Prozent) (14). Darüber hinaus gibt es weitere Grundzutaten wie beispielsweise Jackfruit, Pilze, Quorn und schwarze Bohnen.
Soja
Soja liegt aktuell auf dem ersten Platz bei den Grundzutaten von Fleischimitaten. Für die Herstellung von Sojafleisch wird das Eiweiß aus der Sojabohne isoliert und entfettet. Zur Erzeugung der fleischähnlichen Konsistenz wird das Erzeugnis unter hohem Druck strukturiert. Tempeh (Fermentationsprodukt aus Sojabohnen und Schimmelpilzen) oder Tofu (Quark aus Sojamilch) können ebenfalls als Grundlage für Fleischersatzprodukte dienen. Das Problem bei Soja: Rund 76 Prozent des Sojas weltweit ist genmodifiziert, damit Pestizide eingesetzt werden können, ohne dass die sensible Sojapflanze einen Schaden davonträgt. Ein Großteil des genmodifizierten Sojas wird als Futtermittel verwendet. Sind mehr als 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Bestandteile in einem Produkt, muss dieses in Deutschland auch so gekennzeichnet werden. Sojaprodukte können für Verbraucher mit einer Birkenpollenallergie ein Problem sein. Ein Eiweiß, das in Soja enthalten ist, ähnelt einem Birkenpollenallergen und kann so zu einer Kreuzreaktion führen.
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Lupine und Erbse
Lupinen werden auch als „heimisches Soja“ bezeichnet, da sie einen ähnlichen Eiweißgehalt besitzen. Die Herstellung von Fleischersatz aus Lupinen erfolgt ähnlich wie von Soja – durch Extrahieren von Lupinen-Eiweiß und Erzeugung einer fasrigen Masse.
Auch Erbsen werden ähnlich verarbeitet. Lupinen haben den Vorteil, dass es keine gentechnisch veränderten Sorten gibt und können problemlos in Deutschland angebaut werden. Die Anbauflächen von Erbsen in Deutschland werden ebenfalls immer größer.
Seitan
Die Herstellung von der Grundzutat einer getreidebasierten Fleischalternative wird aus dem Getreide Seitan hergestellt. Hierbei wird das Mehl (meist Weizen) mit Wasser zu einem Teig verknetet, ausgewaschen und von Stärke und Kleie befreit, zurück bleibt das Weizeneiweiß, also Gluten. Durch die richtige Zubereitung kann daraus eine fleischähnliche Konsistenz erzeugt werden. Seitan enthält genauso viel Eiweiß wie Fleisch und wenig Fett. Die Umweltbilanz fällt gut aus, weil Weizen auch in Deutschland wächst. Für Menschen mit Zöliakie, also Glutenunverträglichkeit, ist Seitan tabu.
Vergleich: Fleisch vs. Fleischersatz
Ein Vergleich der gesundheitlichen Auswirkungen von Fleischersatzprodukten und Fleisch ist komplex und hängt von vielen Faktoren wie Tier- und Pflanzenarten, Verarbeitungsgrad und Zubereitung ab. Aus diesem Grund sind pauschale Aussagen nur bedingt möglich – dafür gibt es eine zu große Bandbreite an unterschiedlich hergestellten und verarbeiteten Lebensmitteln. Trotzdem lassen sich Fleisch und Fleischersatzprodukte unter bestimmten Aspekten vergleichen.
Fettgehalt
Im Rahmen einer Untersuchung von der Albert Schweitzer Stiftung wurden 80 vegane und vegetarische und 27 fleischhaltige Erzeugnisse verschiedener Gruppen wie Burger, Nuggets und Salami unter anderem in der Kategorie Fettgehalt miteinander verglichen. Dabei wurden die Richtwerte der britischen Lebensmittelbehörde Food Standards Agency (FSA) berücksichtigt. Laut der FSA gelten mehr als 17,5 g pro 100 g als ein hoher Fettgehalt und 3,0 g bis 17,5 g als ein mittlerer Fettgehalt. Fleischersatzprodukte lagen überwiegend im mittleren Bereich, während mehr als die Hälfte der Fleischprodukte eine hohe Fettmenge enthielt. Insgesamt variiert die Fettmenge sehr, bei Kauf lohnt sich der Blick auf die Nährwerte.
Neben dem allgemeinen Fettgehalt sollte auch die Menge an gesättigten Fettsäuren betrachtet werden. Gesättigte Fettsäuren werden häufig als die „schlechten Fette” bezeichnet. Sie stecken hauptsächlich in tierischen Fetten und dienen dem Körper als Botenstoff für die Nerven. Sie sind wichtig, sollten aber in Maßen konsumiert werden. Der Körper kann sie im Gegensatz zu ungesättigten Fettsäuren selbst herstellen. Ungesättigte Fettsäuren findet man beispielsweise in Nüssen und pflanzlichen Ölen wie Olivenöl. Sie dienen der Vitaminaufnahme und können den Cholesterinspiegel senken.
Bei ungesättigten Fettsäuren gilt eine Menge über 5,0 g pro 100 g als erhöht, 1,5 g bis 5,0 g liegen im mittleren Bereich. In derselben Untersuchung schnitten vegane und vegetarischen Produkte deutlich besser ab als fleischhaltige. Die Hälfte der konventionellen Fleischprodukte lag im kritischen Bereich und etwa 70 Prozent der Bioprodukte.
Das liegt daran, dass gesättigte Fettsäuren vor allem in tierischen Fetten vorkommen. Aber auch Kokos- und Palmfett enthalten einen hohen Teil an gesättigten Fettsäuren, aus diesem Grund sollte die Nährwerttabelle auch bei vegetarischen und veganen Erzeugnissen betrachtet werden.
Übermäßiger Konsum von gesättigten Fettsäuren gilt als Risikofaktor für die Gesamt- und LDL-Cholesterolkonzentration im Blut. Das LDL-Cholesterin transportiert Cholesterin aus der Leber in den Körper. Eine hohe LDL-Cholesterolkonzentration und ist mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. Welche Mengen und welche Formen von ungesättigten Fetten ungesund sind, ist aber nach der aktuellen Studienlage nicht eindeutig.
Proteinqualität
Proteine sind nicht alle gleich, sie können unterschiedliche Qualitätsstufen aufweisen. Es gibt verschiedene Methoden die Qualität von Proteinen zu bestimmen, zwei etablierte sind die biologische Wertigkeit und der Protein Digestibility Corrected Amino Acid Score (PDCAAS). Die PDCAAS-Methode basiert auf dem Aminosäurebedarf des Menschen und der Verdaulichkeit. Mit der biologischen Wertigkeit wird angegeben, wie effizient die über die Nahrung aufgenommen Proteine in körpereigene Proteine umgewandelt werden. Je näher der Wert an 1,0 ist, desto besser.
Bei der biologischen Wertigkeit wird Hühnereiweiß als Referenzwert genommen und mit 1,0 bewertet. Rindfleischprotein liegt bei 0,87 und somit in einem ähnlichen Bereich wie Milchprotein (0,86) und Sojaprotein (0,84). Süßlupinenprotein wird mit 0,91 bewertet und Weizen (0,59) und Gluten (0,64) liegen deutlich darunter.
Beim PDCAAS kriegen Hühnereiweiß, Milch- und Sojaprotein höchste Wertung mit 1,0. Rindfleischprotein (0,9) bleibt auch bei dieser Methode darunter sowie Erbsenprotein (0,6), Weizenprotein (0,4) und Gluten (0,25). Der Wert für Süßlupine wurde laut der vorliegenden Untersuchung noch nicht ermittelt, Wildformen von Lupinen haben einen Wert zwischen 0,4 und 0,8.
Insgesamt weisen tierischen Proteine gemeinsamen mit Soja eine höhere Proteinqualität auf. Doch durch die Kombination von unterschiedlichen Proteinquellen, wie zum Beispiel Hülsenfrüchten und Weizen, kann die Qualität aufgewertet werden, da sie sich durch unterschiedliche Aminosäuren ergänzen.
Salzgehalt
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung wird in Deutschland zu viel Salz konsumiert. Die Empfehlung liegt bei bis zu 6 g pro Tag, das entspricht etwa einem Teelöffel. Diese Empfehlung wird im Durchschnitt deutlich überschritten. (25)
Bei einer Untersuchung von Fleischersatzprodukten aus dem vegetarisch/veganen Sortiment (Burger, Wurst, Salami, Steak, Nuggets usw.) und fleischhaltigen Produkten aus der gleichen Kategorie zeigte sich, dass in beiden Kategorien die Salzmenge größtenteils deutlich erhöht war. Bioprodukte in beiden Kategorien enthielten mehr Salz als konventionelle Produkte.
Hier gilt es, den Salzgehalt vor dem Kauf des Produkts zu überprüfen. Als hohe Salzmenge gelten laut der britischen Lebensmittelbehörde Food Standards Agency (FSA) mehr als 1,5 g Salz pro 100 g, 0,3 g bis 1,5 g gelten als mittlere Salzmenge.
Zu viel Salzkonsum kann bei „salzsensitiven“ Menschen mit gesundheitlichen Risiken einhergehen, wie zum Beispiel Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Zusatzstoffe und Aromen
16 verschiedene Lebensmittelzusatzstoffe in 30 von 44 Produkten konnte die Verbraucherzentrale Berlin in einer Stichprobe von Fleischalternativen finden. Bei Fleischersatzprodukten kommen hauptsächlich Verdickungsmittel zum Einsatz, da diese meistens aus Wasser und einem pflanzlichen Eiweiß bestehen, wodurch die Masse gefestigt und geformt werden kann. Verdickungsmittel werden bei Fleischprodukten kaum eingesetzt.
Hefe(-extrakt), eine geschmacksverstärkende Zutat, wird sowohl bei Fleischersatzerzeugnissen als auch bei Fleischerzeugnissen häufig eingesetzt.
Aromen kamen bei der Stichprobe der Verbraucherzentrale in 80 Prozent der veganen und vegetarischen Produkte vor. Diese sollen den fleischähnlichen Geschmack erzeugen. Größtenteils wurden natürliche Aromen eingesetzt, die aus natürlichen Rohstoffen hergestellt werden. Reine Fleischprodukte enthalten in der Regel keine Aromen.
Bei einer weiteren Untersuchung, in der zwischen konventionellen und Bio-Produkten unterschieden wurden, konnte festgestellt werden, dass Bioprodukte häufig weniger Zusatzstoffe und Aromen enthalten. Konventionelle Fleischersatzprodukte enthielten mehr Zusatzstoffe als konventionelle Fleischprodukte, bei Bioprodukten war es umgekehrt.
Allerdings lässt sich nicht sagen, dass Zusatzstoffe generell schädlich sind. Zusatzstoffe werden nur zugelassen, wenn sie nach Stand der Wissenschaft gesundheitlich unbedenklich sind, den Verbraucher nicht täuschen und technologisch notwendig sind. Dennoch gibt es Bedanken bezüglich der langfristigen Wirkung oder der Kombination mehrerer Zusatzstoffe. Beispielsweise bewertete die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Titandioxid 2021 als Lebensmittelzusatzstoff (E 171) wegen möglicher erbgutschädigender Wirkung als nicht mehr sicher.
Das ARD Buffet verweist noch auf einen anderen Aspekt: Geschmacksverstärker animieren dazu, mehr zu essen, als eigentlich gut für uns ist.
Mineralölbelastung
Das Verbrauchermagazin Ökotest hat bei einer Untersuchung von vegetarischen und veganen Bratwurstalternativen Mineralöl-Rückstände in 16 von 19 Produkten entdeckt. Diese können sich im Körperfett, in der Leber und in den Lymphknoten anreichern, die Auswirkungen auf die Gesundheit sind unklar. Das Problem betrifft jedoch nicht nur die veganen und vegetarischen Produkte, bei einer Untersuchung von 19 Grillwürsten aus Schweinefleisch waren 12 ebenfalls mit Mineralöl-Rückständen belastet.
Antibiotikabelastung
Beim Vergleich von Veggie- und Fleischprodukten sollte auch die Antibiotikabelastung von Fleisch betrachtet werden. In Deutschland werden 735 Tonnen Antibiotika in der industriellen Tierhaltung jährlich verfüttert. Diese können eine Gefahr für den Menschen sein, da sowohl Rückstände der Medikamente als auch resistenten Bakterien über die Nahrung in den Körper gelangen können. Bei Bioprodukten ist der Einsatz von Antibiotika strenger reguliert.
Fleisch oder Fleischersatz? Unser Fazit
- Umwelt: Bei der Haltung von Tieren für die Fleischproduktion wird beispielsweise mehr Treibhausgas ausgestoßen als bei der pflanzlichen Alternative. Wer auf Nachhaltigkeit achten möchte, sollte daher zur Fleischalternative greifen.
- Gesundheit: In der Regel liefern Ersatzprodukte sowie Fleisch hochwertige Proteine. In puncto Fettgehalt schneiden die Alternativen sogar besser ab: Sie enthalten weniger Fett und kaum gesättigte Fettsäuren. Der Salzgehalt ist in beiden Fällen in einem kritischen Bereich.
- Inhaltsstoffe: Bei der Tierhaltung kann es zum Einsatz von Antibiotika kommen, sodass Rückstände darin auch im späteren Fleisch zu finden sein können. Fleischersatzprodukte enthalten dagegen häufig Zusatzstoffe. Greift man in beiden Fällen zur Bio-Variante, sind meist weniger solcher Zusätze enthalten.
Ob nun Fleisch oder Fleischersatzprodukte gesünder sind, lässt sich generell nicht sagen, da es eine große Spannweite an Zusammensetzungen und Verarbeitungsgraden gibt. Kleiner Tipp: Schaut auf die Nährwerttabelle! Und generell gilt: Je weniger ein Produkt verarbeitet wurde, desto gesünder ist es meistens.