Der russische Kreml-Kritiker Alexej Nawalny war drei Wochen von der Bildfläche verschwunden. Jetzt ist auch klar warum: Der 47-Jährige ist in ein anderes Straflager verlegt worden. Aus dem Gefängnis in Vladimir nahe Moskau wurde er in das Lager Polarwolf verlegt – in einen abgeschiedenen Ort im Polarkreis.
Nawalnys Anhänger vermuten, dass der Oppositionelle vor der anstehenden Präsidentenwahl in Russland gezielt aus dem Licht der Öffentlichkeit entfernt wurde. Präsident Wladimir Putin hatte erst vor Kurzem angekündigt, im März für eine Wiederwahl anzutreten.
Nawalny: 20 Tage lang in neuen Knast verlegt
Zu seiner Verlegung schrieb er: „Die 20 Tage des Transfers waren ziemlich anstrengend, aber ich bin immer noch in ausgezeichneter Stimmung, wie es sich für Väterchen Frost gehört.“
Die Route, die seine Bewacher gewählt hätten, sei sehr abenteuerlich gewesen, schrieb Nawalny weiter. Man sei mit ihm fast drei Wochen lang kreuz und quer durch Russland gefahren, ehe er im Lager Polarwolf angekommen sei.
Das Straflager Polarwolf liegt etwa 2.500 Kilometer nordöstlich von Nawalnys bisherigem Gefängnis nahe Wladimir. Zu Fuß würde man für die Strecke laut Google Maps etwa 28 Tage brauchen. Ob Nawalny laufen musste oder ob er motorisiert ins neue Lager kam: unklar.
In neuem Straflager: Nawalny weiter optimistisch
Nawalny wäre nicht er selbst, wenn er deswegen seinen Optimismus verlieren würde. Er sei frohen Mutes, schrieb er nach seiner Ankunft in der Strafkolonie in Jamal-Nenzen auf X. Er bestätigte auch, dass er Kontakt zu seinem Anwalt Iwan Schdanow hat. „Ich bin euer neuer Väterchen Frost“, schrieb Navalny scherzhaft in seinem ersten Post aus seinem neuen Gefängnis.
Nawalny in einem der härtesten Gefängnisse Russlands
Polarwolf gilt als eines der härtesten Straflager in Russland. Die meisten Gefangenen wurden wegen schwerer Verbrechen verurteilt. Daneben ist auch das Klima nichts für jeden: Die Winter im Polarkreis sind hart. Für die nächste Woche sind Temperaturen von -28 Grad vorhergesagt.
Die Strafkolonie liegt etwa 60 km nördlich des Polarkreises und wurde in den 1960er Jahren als Teil des ehemaligen sowjetischen Gulag-Systems als Zwangsarbeitslager eingerichtet, berichtete die Zeitung Moskovsky Komsomolets.
Nawalny: Drei Wochen ohne Lebenszeichen
Nawalnys Anwalt Schdanow bedankte sich bei Unterstützern, Aktivisten, Journalisten und Medien dafür, dass sie sich um Nawalnys Schicksal sorgen und nicht müde werden, über die Situation zu berichten.
Seit dem 6. Dezember gab es keine Hinweise darauf, wo Nawalny war und wie es ihm ging. Das befeuerte die Befürchtung, dass dem 47-Jährigen etwas zugestoßen sein könnte. Zuletzt war der Puting-Gegner ins Straflager IK-6 in Melechowo rund 240 Kilometer östlich von Moskau verlegt worden.
USA machen Russland für Nawalnys Schicksal verantwortlich
Die US-Regierung teilte mit, sie sei froh über das Lebenszeichen von Nawalny. „Wir begrüßen die Berichte, dass Herr Nawalny ausfindig gemacht wurde. Wir sind jedoch weiterhin tief besorgt über das Wohlergehen von Herrn Nawalny und die Bedingungen seiner ungerechtfertigten Inhaftierung“, hat ein Sprecher des US-Außenministeriums gesagt.
Nawalny: 19 weitere Jahre Haft
Ob Alexej Nawalny jemals wieder aus den Straflagern entlassen wird? Erst im August hatte ihn ein Gericht zu weiteren 19 Jahren Haft verurteilt – zusätzlich zu den 11 Jahren, die er ohnehin schon absitzen muss. Macht insgesamt 30 Jahre Haft.
Nawalny wurde unter anderem wegen Extremismus verurteilt. Seine Bewegung wurde verboten, enge Mitarbeiter kamen ebenfalls in Straflager oder flohen ins Ausland. Nawalny weist alle Vorwürfe als politisch motiviert zurück: Sie zielten darauf ab, seine Kritik an Präsident Wladimir Putin zum Schweigen zu bringen.