Was in Biberach passiert ist, war nicht der einzige Vorfall dieser Art am Mittwoch. Und auch sonst scheint die Stimmung aggressiver zu werden. Die Grünen sind besorgt über die Anfeindungen, die ihnen entgegengebracht werden, und nehmen eine fehlende Diskursbereitschaft wahr. Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt warnte im Deutschlandfunk vor Protestformen, die den Dialog unmöglich machten: „Ich finde es wirklich absurd, dass wir in einer freien Demokratie leben und es nicht möglich ist, dass man in einen demokratischen Diskurs geht.“
Warum wütende Bauern eine Fähre mit Robert Habeck blockieren
BW-Grünen-Vorsitzende: „Eignen uns gut als Feindbild“
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann äußerte sich ähnlich. Gewalttätiger Protest schade zudem der Sache: Wer den politischen Austausch verhindere, „diskreditiert das Anliegen von friedlich Protestierenden“. Und die baden-württembergische Landesvorsitzende Lena Schwelling meint: „Wir eignen uns ganz gut als Feindbild. Wir werden mit vielem in Verbindung gebracht, was gerade schiefläuft.“
Auch im SWR3 Topthema ging es am 15. Februar um den Vorfall in Biberach und die Frage: Wie kann man so überhaupt wieder ins Gespräch kommen?
Özdemir: „Das ist nicht die deutsche Landwirtschaft“
Bundesagrarminister Cem Özdemir hat es bedauert, dass der politische Aschermittwoch wegen Sicherheitsbedenken abgesagt werden musste. Zugleich nahm er die Bauern in Schutz: „Die, die da jetzt über die Stränge geschlagen haben, das ist nicht die deutsche Landwirtschaft. Das waren Einzelne, die sich da so benommen haben.“
Die Kundgebung vor Ort fand der Grünen-Politiker nach eigener Aussage fair und anständig. Er hat sich bei einer nahegelegenen angemeldeten Demonstration den Landwirtinnen und Landwirten gestellt und mit ihnen über ihre Anliegen diskutiert:
Biberach: Festnahme bei Protest vor Grünen-Veranstaltung
Mehrere hundert Personen hätten sich vor der Stadthalle in Biberach versammelt, wie der Ulmer Polizeisprecher Sven Vrancken bei einer Pressekonferenz am Mittwoch sagte. Dabei sei es auch zu „aggressivem Protestverhalten“ gekommen. Polizei und Veranstalter hätten zusammen beschlossen, den politischen Aschermittwoch abzusagen. Es habe Bedenken gegeben, dass die Veranstaltung nicht gefahrlos hätte stattfinden können.
Laut Vrancken wurden vor der Stadthalle Gegenstände auf Polizeibeamte und -fahrzeuge geworfen. Dabei seien mehrere Polizisten leicht verletzt und ein Einsatzfahrzeug beschädigt worden. Die Polizei habe Pfefferspray und Schlagstock eingesetzt. Eine Person sei festgenommen worden.
Die Beamten wollten erreichen, dass der Weg für zwei Fahrzeuge freigeräumt wird. Die beiden Fahrzeuge fuhren danach von der Stadthalle weg. An einem Auto war eine Scheibe eingeschlagen, offenbar ein Begleitfahrzeug von Minister Özdemir.
War Polizei auf Proteste in Biberach gut genug vorbereitet?
Reporter Johannes Riedel hat Moderatorin Sabrina Kemmer in SWR3 PUSH berichtet, wie er die Situation vor Ort in Biberach erlebt hat:
Mehrere Polizisten verletzt Chaos durch Bauernproteste: Grüne sagen Politischen Aschermittwoch in Biberach ab
Massive Proteste unter anderem von Landwirten haben in Biberach für Chaos gesorgt. Der Politische Aschermittwoch der Grünen wurde daher kurzfristig von der Partei abgesagt.
Bauern protestieren in Biberach
Seit dem frühen Mittwochmorgen protestierten überwiegend Landwirte in Biberach und blockierten Straßen. Laut einem dpa-Reporter standen auf den Zufahrtsstraßen zur Stadthalle Dutzende Traktoren. Vor der Halle wurde ein großer Misthaufen abgeladen. Zu hören waren lautes Gehupe und Musik.
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg hat nach eigener Auskunft nicht zu den Protesten aufgerufen oder diese im Vorfeld unterstützt.
Bauernprotest sorgt für Chaos vor der Stadthalle
Der Vorstand des Kreisbauernverbands, Karl Endriß, sagte, an die Stadthalle sei kein Herankommen, da überall drumherum Demonstrierende stünden. Zu den Protesten hatten laut Endriß verschiedene Gruppierungen aufgerufen. Unter den Demonstrierenden seien hauptsächlich Bauern, aber auch Fuhrunternehmer seien beteiligt.
Politischer Aschermittwoch der Grünen in Biberach abgesagt
Die Grünen treffen sich seit Jahren in Biberach, wo in diesem Jahr wieder viel Bundesprominenz erwartet wurde. Neben Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann gilt, wollten die Bundesvorsitzende Ricarda Lang und Urgestein Jürgen Trittin ans Rednerpult treten. Daraus wurde jetzt aber nichts.
BW-Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) schrieb auf X: „Wer glaubt, mit gewaltvollen Aktionen seine politischen Ziele zu erreichen, wird dabei nicht nur scheitern, sondern hat den Boden unseres demokratischen Gemeinwesens längst verlassen.“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mahnte, legitimer Protest ende dann, wenn Menschen bedroht würden. Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bezeichnete Gewalt als No-go.
Die baden-württembergische CDU findet es inakzeptabel, dass ihr Koalitionspartner, die Grünen, wegen aggressiver Bauernproteste in Biberach ihren politischen Aschermittwoch dort absagen musste. Die Landtags-AfD dagegen stufte die Absage als Resultat gelebter Demokratie ein.
Ricarda Lang in Schorndorf beschimpft
Nach einer Veranstaltung der Grünen am Abend in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) wurde auch die Bundesvorsitzende der Partei, Ricarda Lang, angefeindet. Nach der dortigen Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch wurde die Politikerin ausgepfiffen und musste auch härtere Beschimpfungen ertragen. Einige Störer verfolgten Lang und deren Personenschützer, bis sie von der Polizei gestoppt wurden. In der Nähe hatte es eine Demo von Landwirten gegeben. Auch eine Kreuzung war blockiert worden.
Zuvor hatte Lang bereits vor Gewalt bei den Bauernprotesten gewarnt. Wenn Menschen eingeschüchtert würden und die Polizei angegriffen werde, überschreite das eine Grenze, sagte sie zu den teils aggressiven Protesten von Landwirten in Biberach.
Demonstrierende blockieren Kreuzung Aschermittwoch: Ricarda Lang in Schorndorf beschimpft und bei Abreise behindert
Wegen gewalttätiger Proteste mussten die Grünen in Biberach ihre Veranstaltung zum Politischen Aschermittwoch absagen. Am Abend kam es in Schorndorf erneut zu einem Vorfall.
Bauern protestieren seit Wochen gegen Politik der Ampel-Regierung
Landwirte in ganz Deutschland protestieren seit Wochen gegen die Sparpläne der Bundesregierung, insbesondere gegen die geplanten Kürzungen beim Agrardiesel. Die von SPD, Grünen und FDP getragene Bundesregierung hatte mit ihren Plänen für den Abbau von Steuervergünstigungen für Landwirte bundesweite Proteste der Bauern ausgelöst, die auch durch Zugeständnisse nicht gestoppt werden konnten.
Bauernproteste: festgefahrene Situation Festgefahrene Situation bei den Bauernprotesten? Das ist der aktuelle Stand
Die Bauerndemos in Deutschland sind auch in dieser Woche weitergegangen. Was die Landwirte fordern und was die Pläne der Politik sind – hier gibt's die Infos!