Sarah ist 53 Jahre alt und arbeitet seit zehn Jahren am Pariser Bahnhof Montparnasse als Toilettenfrau. Sie nimmt einen Euro Trinkgeld an, darf das aber eigentlich nicht und die Firma sagt, sie habe das Geld gestohlen. Das war der Grund ihrer Entlassung. Man arbeite nicht mit einem Trinkgeldsystem, teilte das Unternehmen dem TV-Sender France 2 mit.
Paris: Entlassung nach Videoüberwachung
Der Betreiber der Toiletten, 2theloo, ist ein Subunternehmen der französischen Bahngesellschaft SNCF. 2theloo habe sich für seine Vorwürfe gegen die Reinigungskraft auf Bilder der eigenen Videoüberwachung gestützt, berichtete der französische Fernsehsender BFMTV am Dienstag.
Der Gewerkschaftsbund CGT warf der Firma daraufhin vor, die Videoüberwachung zu missbrauchen. CGT-Gewerkschafter Richard Bloch wird die Toilettenfrau bei ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht verteidigen.
Jahrelang habe sie den Dreck in den Toiletten weggewischt und nun würde sie für einen Euro entlassen, obwohl sie um Verzeihung gebeten habe, sagte Sarah zu BFMTV.
Paris-Korrespondentin Carolin Dylla hat am Mittwoch in SWR3 MOVE mit Moderator Volker Janitz über den ungewöhnlichen Fall aus Frankreich gesprochen:
Frankreich: Petition für Toilettenfrau Sarah
Der Umgang ihres Arbeitgebers mit Sarah beschäftigt in Frankreich viele Menschen. Der Fall hat Empörung im ganzen Land ausgelöst – und zu einer Petition für die Toilettenfrau geführt. 35.000 Unterschriften sind das Ziel, über 34.300 Menschen (Stand: 9. Mai, 12 Uhr) haben seit dem Start Anfang April bereits unterschrieben.
Der Initiator, Thomas Portes, ein Parlamentsabgeordneter der Linkspartei La France insoumise, schreibt auf der Petitionsseite, 2theloo habe vier Monate gebraucht, um Sarah die Dokumente zuzuschicken, die die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern für den Bezug von Arbeitslosengeld benötige. Er fordert:
Toilettenbetreiber 2theloo in der Kritik
Sarah ist offenbar kein Einzelfall. Wie France 2 berichtet, seien auch andere 2theloo-Mitarbeitende aus fadenscheinigen Gründen entlassen worden. Medien und Gewerkschaften kritisieren das Unternehmen seit Jahren, unter anderem dafür, inwiefern das französische Arbeitsrecht eingehalten wird. Auch aus dem Text der Petition geht das hervor.