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Kira Urschinger
Kira Urschinger

Wer Arbeit verweigert, kann eine Abmahnung oder Kündigung kassieren. Alles mitmachen müssen Arbeitnehmer aber nicht. Hier ist der Überblickt zu Rechten und möglichen Konsequenzen.

Arbeitsverweigerung, das klingt so drastisch. Natürlich ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, seinen Job zu machen für den Lohn, den er bekommt. In der Praxis ist das aber gar nicht so simpel, wie es auf den ersten Blick scheint: Darf ich Überstunden für ein Projekt absagen, wenn ich mein Kind aus dem Kindergarten abholen muss? Oder dürfen Chef oder Chefin mich aus dem Urlaub holen, wenn in der Arbeit die Hütte brennt? Wann darf ich im Job „Nein“ sagen und wann drohen Konsequenzen?

Grundregel für Arbeitsverweigerung – wann darf ich „Nein“ sagen?

Eine Arbeitsverweigerung liegt dann vor, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ihren arbeitsvertraglichen Pflichten nicht nachkommen – wenn also etwas nicht erfüllt wird, was im Arbeitsvertrag steht und unterschrieben wurde.

Wichtig: Es muss sich um eine willentliche Verweigerung handeln, also absichtlich passiert sein.

Überblick: Wann darf ich die Arbeit verweigern und wann nicht?

Die Grundregel klingt einfach, aber was bedeutet das genau? Hier schildern wir konkrete Situationen und zeigen auf, ob ich die Arbeit verweigern darf, ohne dass Konsequenzen drohen – oder eben auch nicht.

Aufgaben müssen dem Arbeitsvertrag entsprechen

Soll ich eine Aufgabe übernehmen, die nicht meinem Arbeitsvertrag entspricht, kann ich sie ablehnen. Beispielsweise muss eine Bürokauffrau nicht Reinigungstätigkeiten übernehmen oder ein Dachdecker muss nicht die Kisten beim Umzug seiner Firma tragen. Da kann ich berechtigt „Nein“ sagen.

Wichtig: Es geht auch nicht, dass einfach jede Eventualität in den Arbeitsvertrag geschrieben wird, damit der Arbeitgeber auf der sicheren Seite ist. Hier gilt es, noch vor der Unterschrift den Vertrag zu prüfen und zu checken, ob du damit einverstanden bist. Denn wenn die Unterschrift da erst einmal steht, wird es schwieriger, sich dagegen zu wehren.

Wenn mir die Arbeit einfach nur nicht gefällt oder ich eine Aufgabe nicht gerne mache, ist das hingegen natürlich kein Grund für Arbeitsverweigerung. Ich muss es trotzdem machen, wenn es zu meinem Job gehört.

Muss ich Überstunden machen, wenn der Chef es will?

Ähnlich ist es mit Überstunden oder wenn ich am Wochenende oder in der Nacht arbeiten soll: Steht dies im Arbeitsvertrag, kann der Arbeitgeber es erwarten. Steht es dort nicht, darf ich ablehnen.

Wenn ich also mein Kind im Kindergarten pünktlich abholen möchte, muss ich nicht die Mehrarbeit annehmen, die mir just in diesem Moment auf dem Schreibtisch landet, sofern es nicht vertraglich vereinbart ist. Grundsätzlich wäre aber natürlich wünschenswert, dass man darüber sprechen kann und dass es im Betrieb auch respektiert wird, wenn man gute Gründe nennt.

Recht zur Arbeitsverweigerung bei Gewissenskonflikten

Widerstrebt eine Aufgabe massiv meiner eigenen Überzeugung und verstößt beispielsweise gegen ethische oder eigene religiöse Maßstäbe, kann ich sie verweigern. Das ist ein komplizierter Fall, weil hier das Interesse des Arbeitgebers abgewogen werden muss gegen das persönliche. Wenn die Gewissenskonflikte des Arbeitnehmers schwerer wiegen, ist die Verweigerung gerechtfertigt. Ein Fall, bei dem der Arbeitnehmer recht bekam: Ein Arzt weigerte sich, ein Medikament zu entwickeln, das für einen Nuklearkrieg verwendet werden könnte. Das konnte er wohl nicht mit sich vereinbaren. Den konkreten Fall von angemessener Arbeitsverweigerung kannst du hier nachlesen.

Wichtig: Relevant ist hierbei im Einzelfall ebenfalls, dass die Aufgabe nicht bereits im Arbeitsvertrag verankert war – wenn ich das nämlich bereits unterschrieben und damit akzeptiert habe, kann ich danach nicht mehr sagen, dass es gegen meine Überzeugung verstößt.

Aufgaben, die gesetzeswidrig oder gefährlich sind, muss ich nicht erfüllen

Wenn mein Auftrag etwas beinhaltet, was mit dem Gesetz kollidiert – beispielsweise, vorgeschriebene Pausenzeiten zu unterschreiten, die vorgeschriebene Arbeitssicherheit gefährden oder ähnliches – muss ich das natürlich nicht machen als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin. Einen konkreten Fall, der vor Gericht verhandelt wurde, kannst du hier nachlesen.

Infos zum Arbeitszeitgesetz Pausen bei der Arbeit – wann und wie lange müssen sie eigentlich sein?

Ab wann muss ich eine Pause machen? Wie lange muss sie sein bei 8 Stunden Arbeit? Hier gibts einen Überblick übers Arbeitsrecht und Pausenzeiten.

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Darf ich die Arbeit verweigern, wenn ich keinen Lohn bekomme?

Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, die Arbeit zu tun, für die er bezahlt wird. Dafür geht er in Vorleistung, der Lohn erfolgt nach erledigter Arbeit. Wenn der Lohn aber nicht ausgezahlt wird, ist es gesetzlich nicht zumutbar, dass er seinen Job weiter erledigt. Eine Verweigerung ist also grundsätzlich möglich. Eine Ausnahme gilt, wenn dem Unternehmen ein enormer wirtschaftlicher Schaden entstünde, wenn die Arbeit niedergelegt wird.

Wichtig: Hier gilt, dass der so genannte Lohnrückstand nicht nur geringfügig sein darf. Wenn ich also mein Geld zwei Wochen lang nicht bekomme und der Arbeitgeber in Aussicht stellt, dass es bald überwiesen wird, ist es nicht angemessen, dass ich meine Arbeit niederlege.

Relevant sind zwei Punkte:

  1. Wie lange wurde das Gehalt nicht ausgezahlt?
  2. Und ist es absehbar, dass das bald passiert?

Dafür ist ein Gespräch nötig: Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin darf nicht einfach nicht mehr zur Arbeit kommen, sondern er muss mit dem Arbeitgeber sprechen und ihm die Möglichkeit einräumen, der Forderung nachzukommen.

Hat der Chef das Recht, mich aus dem Urlaub zurückzuholen?

Wenn mein Urlaub genehmigt wurde, kann er im Regelfall nur einvernehmlich zwischen Chef und Mitarbeiterin oder Mitarbeiter wieder aufgehoben werden.

Heißt: Wenn ich bereits im Urlaub bin und am Strand liege, dann darf ich „Nein“ sagen, wenn ich einen Anruf mit der Bitte bekomme, morgen zu arbeiten. Es geht also nicht, dass der Arbeitgeber einfach meine Urlaubspläne umschmeißt. Das gilt auch, bevor man den genehmigten Urlaub angetreten hat, ebenfalls währenddessen – und auch unabhängig davon, ob man verreist oder nicht.

Wichtig: Vereinbarungen, mit denen sich Arbeitnehmer verpflichten, ihren Urlaub auf Abruf abzubrechen, sind nicht rechtmäßig und damit unwirksam, wenn es sich um den gesetzlichen Mindesturlaub handelt.

Es gibt eine Ausnahme, die aber wohl selten eintreffen wird: wenn es sich um unvorhergesehene und massive Notfälle handelt. Eine dünne Personaldecke ist damit definitiv nicht gemeint. Ein legitimer Grund könnte eher eine Naturkatastrophe sein, wegen der die Arbeitskraft rechtmäßig und unbedingt im Job benötigt wird. Dann muss der Arbeitgeber übrigens auch alle Kosten dafür tragen, dass der Mitarbeiter zurückkommt.

Eine junge Familie spaziert am Strand. Mann, Frau und ein Kind auf den Schultern des Vaters im Urlaub. Es drohen keine Konsequenzen und es ist keine Arbeitsverweigerung, wenn sie sich von hier aus nicht zurück zur Arbeit holen lassen.
Wenn ich gerade im Urlaub bin, braucht es schon sehr triftige Gründe, damit der Vorgesetzte mich zurückzitieren kann an den Arbeitsplatz. Einen Anruf mit Arbeitsauftrag von hieraus abzulehnen ist meist keine Arbeitsverweigerung.

Arbeitnehmer haben ein Streikrecht – ohne Konsequenzen

Auch für gewerkschaftlich organisierte, rechtmäßige Streiks dürfen viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Arbeit niederlegen, ob es dem Arbeitgeber passt oder nicht. Die Regeln sind hier in einem Artikel vom MDR erläutert – denn auch hier ist natürlich nicht alles überall möglich.

Wichtig: Für die Zeit des Streiks habe ich keinen Anspruch auf Lohn. Ich kann mich aber an die Gewerkschaft wenden, die den Streik organisiert, dafür gibt es eine so genannte Streikkasse.

Wenn ich krank bin ist das keine Arbeitsverweigerung

Wenn ich krank bin, muss ich meinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommen. Ich muss mich allerdings regelhaft krankmelden.

Als Elternteil habe ich ebenfalls die Möglichkeit auf eine begrenzte Anzahl von Tagen, an denen ich zu Hause bleiben kann, wenn mein Kind krank ist. Nähere Infos dazu findet ihr hier bei uns:

Darf ich vor der Geburt oder nach der Entbindung arbeiten?

Vor der Geburt können Mütter theoretisch arbeiten, wenn sie es denn können, wollen und ausdrücklich so beantragen. Im Regelfall gilt, dass eine Mutter bis zu sechs Wochen vor der Entbindung arbeitet und dann in Mutterschutz geht.

Nach der Entbindung gelten für Mütter besonders strenge Regeln, da muss ich natürlich nicht arbeiten und darf es auch nicht, selbst wenn ich es wollte. Das verbietet das Gesetz. Hier gilt in Deutschland ein ausdrückliches Beschäftigungsverbot von acht Wochen beziehungsweise zwölf Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten, so das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Wie gehe ich vor, wenn ich Arbeit verweigern möchte?

Die Theorie und die Praxis sind leider oft zwei unterschiedliche Dinge. Manchmal empfinden Arbeitnehmer so einen Druck oder eine Abhängigkeit, dass sie sich nicht trauen, Arbeitsaufgaben zu verweigern. Wichtig ist es zunächst, die Rechtslage zu kennen, sich zur Sicherheit auch persönlich beraten zu lassen (beispielsweise bei der Gewerkschaft) und die eigenen Rechte und Pflichten gut einzuschätzen. Denn Arbeitsverweigerung ist keine Kleinigkeit.

  • Der erste Weg sollte dann immer ein Gespräch mit dem Vorgesetzen sein. Vielleicht sehen die Chefin oder der Chef das Problem gar nicht und sind verständnisvoll oder zumindest gesprächsbereit, wenn es gut kommuniziert wird.
  • In vielen Firmen gibt es außerdem einen Betriebsrat, an den ich mich wenden kann. Auch das ist eine Anlaufstelle für solche Themen.
  • Als letzte Option sind natürlich auch rechtliche Schritte möglich, im Zweifel kann ein Gericht entscheiden.

Wichtig: Wenn ich rechtliche Schritte in Erwägung ziehe, sollte ich sicher sein, dass meine Arbeitsverweigerung begründet und rechtmäßig ist. Einfach mal so die Arbeit niederlegen und gucken, was passiert, kann böse enden. Wichtig zu wissen ist, dass ich da als Arbeitnehmer auch in der Verantwortung stehe, die Verweigerung stichhaltig zu begründen. Und wenn ein Gericht entscheidet, dass das nicht angemessen war, muss ich möglicherweise drastische Konsequenzen tragen. Experten empfehlen daher, mit so einer Entscheidung nicht leichtfertig umzugehen.

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Welche Konsequenzen hat eine Arbeitsverweigerung?

Der erste Schritt ist eine Abmahnung. Das ist so etwas wie eine gelbe Karte, die keine konkreten Konsequenzen für mich hat, wenn es dabei bleibt. In der Abmahnung weist der Vorgesetzte schriftlich auf das Fehlverhalten des Mitarbeiters hin. Die Abmahnung ist in den meisten Fällen Voraussetzung dafür, dass bei weiteren Verfehlungen eine Kündigung ausgesprochen werden könnte.

In Ausnahmefällen kann dieser Schritt übersprungen werden, wenn deutlich nachvollziehbar ist, dass der Mitarbeiter bewusst und massiv gegen seine Pflichten verstößt und auch eine Abmahnung daran nichts ändern wird.

Wenn ich nach der Abmahnung wiederholt die Arbeit verweigere, kann ich unter Einhaltung der Fristen eine Kündigung kassieren.

Bei einer so genannten beharrlichen Arbeitsverweigerung kann ich auch fristlos gekündigt werden. Das ist dann der Fall, wenn ich mich uneinsichtig zeige, wiederholt und ausdauernd die Arbeit verweigere.

Entscheidet ein Gericht, dass meine Arbeitsverweigerung nicht rechtmäßig war, muss ich im Zweifel auch mit einer Schadensersatzforderung für die ausgefallene Arbeit rechnen.

3 Urteile: Darf ich „Nein“ sagen und verweigern oder nicht?

Wie so oft beim Arbeitsrecht ist es eine Frage des Einzelfalls, der bewertet werden muss. Daher hier drei beispielhafte Urteile von Gerichten:

1. Baustellen-Mitarbeiter weigert sich, länger zu arbeiten als zulässig

Ein Baustellen-Mitarbeiter bekam die offizielle Info, dass seine Aufgabe für heute erledigt sei. Er beendete die Arbeit. Als er später einen Anruf für einen anderen Auftrag bekam, weigerte er sich, seine Arbeit fortzusetzen. Der Grund: Er würde mit dem Befahren der Baustelle seine zulässige Arbeitszeit überschreiten und damit gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin fristlos. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz gab dem LKW-Fahrer recht, die Arbeitsverweigerung war rechtmäßig und die Kündigung unwirksam.

2. Arzt will kein Medikament entwickeln, das gegen seine Überzeugung verstößt

Ein Arzt verweigerte die Medikamententwicklung für einen Nuklearkrieg und sollte daher gekündigt werden. Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass er mit der Begründung von Gewissenskonflikten rechtmäßig die Arbeit verweigert habe. Allerdings, so heißt es im Urteil, könne „bei fehlender anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeit“ eine „personenbedingte Kündigung“ in Betracht gezogen werden.

3. Arbeitnehmer will nicht im Home-Office arbeiten und wird fristlos gekündigt

Der Betrieb wurde geschlossen, dann bot der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an, seinen Job im Home-Office weiterzuführen. Das wollte der Mitarbeiter aber nicht. Schließlich wurde er wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung gekündigt. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg erklärte die Kündigung für unwirksam. „Der Arbeitnehmer war arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, die ihm angebotene Telearbeit zu verrichten.“ Weiter heißt es im Urteil: „Die Umstände der Telearbeit unterscheiden sich in erheblicher Weise von einer Tätigkeit, die in einer Betriebsstätte zu verrichten sind. Dass Arbeitnehmer z.B. zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf an einer Telearbeit interessiert sein können, führt nicht zu einer diesbezüglichen Erweiterung des Weisungsrechts des Arbeitgebers.

Junge Frau sitzt am Schreibtisch mit Laptop und weiteren Arbeitsmaterialien. Sie hat den Kopf erschöpft auf die Tischplatte abgelegt, vielleicht ist sie überfordert von der Arbeit. Möglicherweise denkt sie über Arbeitsverweigerung als Möglichkeit nach.
Zu arbeiten ist natürlich die erste Verpflichtung im Job. Deshalb ist es besonders wichtig, die eigenen Rechte und Pflichte zu kennen, wenn es um Arbeitsverweigerung geht. Alles bieten lassen muss man sich aber nicht.

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