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Von Autor/in Jessica Brandt

Karin spendet Matthias 2016 ihre Niere. 2020 trennt sich das Ehepaar. Was sie bis heute verbindet, ist mehr als nur die Organspende!

Karin und Matthias lernen sich 1992 bei einem Drachenflugkurs kennen, heiraten daraufhin bald, bekommen drei Kinder und wohnen in der Nähe von Baden-Baden. Doch schon zehn Jahre nach dem ersten Kennenlernen wird Matthias' Krankheit das Leben einschränken.

Matthias Niere funktioniert nicht mehr richtig

2002 hat Matthias eine Blasenentzündung, geht zum Arzt und das Blutbild zeigt Auffälligkeiten der Nierenwerte. Bei der anschließenden Nierenbiopsie stellen die Ärzte eine  IgA-Nephropathie fest. Dabei handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit, bei der die Nierenfilterröhrchen geschädigt werden. Die Nierenfunktion wird schleichend eingeschränkt.

Ende 2015 hat sich die Nierenleistung auf einmal dramatisch verschlechtert, so dass Matthias ab 2016 zur Dialyse muss.

Bis dahin hatte ich eigentlich immer die Hoffnung, das hält bis zum Lebensende.

Dreimal die Woche fährt er ins Krankenhaus. Vier Stunden dauert die Dialyse. Eine Spenderniere ist die einzige Chance, dass sein Leben wieder leichter werden könnte.

Ihr wollt euch die Geschichte von Karin und Matthias anschauen? Dann gibts hier das Video:

Social-Media-Beitrag auf Instagram von swr3online

Karin wird zur Organspenderin

Karin erfährt in den Nachrichten, dass der damalige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier seiner Frau eine Niere gespendet hat. Sie weiß: Wenn es nicht zufällig passe, seien Wartezeiten von neun bis zehn Jahre keine Seltenheit.

Und das ist für so eine Familie schon eine große Belastung. Wenn das irgendwie früher geht, weil meine Niere passt, dann machen wir das auch. Dann ist das so ein Lebensgewinn für alle.  

Im Frühjahr 2016 zeigt eine Untersuchung, dass Karin als Spenderin infrage kommt. Sie wird Matthias eine ihrer Nieren spenden. Zwischen der Entscheidung bis zur Operation und der Spende liegen viele Monate. Monate, in denen Karin vor der Ethik-Kommission versichern muss, dass sie die Organspende freiwillig macht. Monate, in denen Matthias weiterhin dreimal die Woche für jeweils vier Stunden zur Dialyse in die Klinik fährt. Monate, in denen die beiden mit ihren Kindern darüber sprechen, was passieren wird.

Es sei schon ein Lebenseinschnitt gewesen, als Matthias zur Dialyse musste. „Für Familie, mit den Kindern, und dreimal die Woche, den ganzen Abend weg, das merkt man schon als Familie“, erinnert sich Karin.

Karin und Matthias sitzen nebeneinander auf der Couch und halten symbolisch eine Hand über- und eine untereinander, weil Karin Matthias eine Niere gespendet hat
Karin und Matthias sind trotz Trennung noch sehr gute Freunde. Sie verbindet auch die Organspende von Karin an Matthias 2016.

Und dann ist der Tag da: Ende November 2016 fahren die beiden nach Freiburg. Am Vorabend verbringen sie noch einmal gemeinsam einen schönen Abend auf dem Weihnachtsmarkt.

Wir hatten noch einen schönen Abend auf dem Weihnachtsmarkt mit Glühwein – was natürlich ärztlich abgestimmt war.

Nicht nur der Glühwein bleibt den beiden von dem Vorabend der Transplantation im Gedächtnis. Karin war gerade auf der Suche nach einer neuen Pfanne und diese haben sie an dem Abend in Freiburg gefunden. Gewitzelt haben sie darüber, dass sie, wenn die OP nicht gut verläuft, dann eben die Nieren in dieser Pfanne braten könnten. Seither trägt die Pfanne den Namen „Nierenpfännle“.

Ängste vor der Organspende

Auch wenn die beiden über die Transplantation scherzen, schwingen bei Matthias auch Ängste mit. Da sei die Frage, ob die Operation überhaupt klappt oder es zu Komplikationen kommen könnte. Ob der Körper das Organ überhaupt annehmen wird, ist eine Frage, die sich Matthias in dem Moment stellt.

Und funktioniert das Organ nach der Transplantation auch? Das ist dann so eine Sorge, die auch nach der Operation einen dann ständig begleitet erstmal.

Die ersten Wochen nach der Operation seien aufreibend gewesen. Jedes Zwicken in der Bauchgegend habe bei ihm für kurze Angstschübe gesorgt. „Da hatte ich dann auf jeden Fall Angst, ist das schon ein Zeichen für irgendeine Abstoßungsreaktion?

Die Organspende verändert die Beziehung

Für Matthias war die Spende seiner Frau eine große Geste, die er bis heute zu schätzen weiß und mit einem Lächeln im Gesicht Karin anschaut und sagt:

Das war ein super Gefühl, einfach zu wissen, dass da jemand ist, der so für einen dasteht und bereit ist, so eine große Sache von sich selbst herzugeben.

Doch die Leichtigkeit vom Vorabend der Organspende und dem Gefühl danach verfliegt kurze Zeit später schon. Die vielen Monate vor der Transplantation haben Matthias auch Zeit zum Nachdenken gegeben. Ihm fällt es schwer, die Transplantation anzunehmen. Er weiß, dass es eine Chance auf ein besseres Leben ist, doch der Gedanke, in einer Art Schuld zu stehen, findet er bis heute noch schwer zu ertragen. Bis zum Zeitpunkt seiner Erkrankung sei er derjenige gewesen, der für die Familie gesorgt habe, so Matthias im Interview. Er habe dank Karin seine berufliche Karriere verfolgen können. Karin habe sich um die Kinder gekümmert.

Die Diagnose veränderte das Gefühl bei Matthias. „Normalerweise war ich gewohnt, dass ich alles mehr oder weniger alleine hinkriege und schaffen kann. Das war mit Sicherheit auch eine ungewohnte Situation, mit der ich am Anfang sicher etwas zu kämpfen hatte“, räumt Matthias ein. Obwohl die Zeit vor der Transplantation so innig zwischen ihnen als Paar war, so habe er sich danach zurückgezogen.

Während der Rehabilitation, die Matthias alleine machte, zog er sich weiter zurück. Er habe sich bewusst von Karin distanziert und durch die räumliche Trennung war es auch für Karin schwer, über die Gefühle zu sprechen. Es sei für beide eine herausfordernde Zeit gewesen.

Es wäre vielleicht tatsächlich einfacher gewesen, wenn man da die Reha zusammen gemacht hätte und dann einfach auch das Ganze nicht isoliert gemacht hätte.

Die Trennung des Ehepaares

Einige Jahre später, 2020, führen Karin und Matthias ein Gespräch. Mehr als nur die Schwierigkeiten im Nachgang der Organspende haben ihre Ehe belastet. Matthias fragt Karin, wie sie sich ihr Leben in fünf Jahren vorstelle. Sie sehe ihre Beziehung immer noch – allerdings auf freundschaftlicher Basis.

Damit stand für Matthias fest, dass ihre Beziehung so nicht mehr weitergehen kann. Die beiden trennen sich. Doch auch heute sehen sie die Organspende weder als Grund für die Trennung noch als Problem, sondern vielmehr als verbindendes Element an.

Enge Bindung bleibt bis heute

Auch das Ende einer Beziehung kann beide nicht davon abhalten, wie sie heute miteinander umgehen: Freundschaftlich zugewandt und unfassbar harmonisch. Matthias sei es wichtig, diese Freundschaft nicht zu verlieren. Der Kontakt zu seinen Kindern sei ihm wichtig. Ebenso, dass er seine Hilfe im Haus anbietet, sodass Karin dort weiterhin gut leben kann.

Er blickt positiv auf die Organspende von Karin, wenn er über sein jetziges Leben nachdenkt. „Dieser Freiheitsgewinn, das ist mir schon jeden Tag bewusst, auch was den sonstigen Lebenswandel angeht.“ Das sei mit Dankbarkeit verknüpft, die er bis heute versucht, zu zeigen. „Deshalb ist jetzt ja auch die Verbindung noch so eng.“ Und Karin selbst würde sich jedes Mal aufs Neue wieder dafür entscheiden, ihre Niere zu spenden.

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