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Ferdinand Vögele
Ferdinand Vögele

Was ist dran an der Behauptung, dass wir bei Vollmond schlechter schlafen? Nur gefühlte Wahrheit oder steckt da tatsächlich was dahinter? Und falls ja, wie ist das dann erst bei einem Supermond – wird es da dann noch schlimmer? Wir haben Schlafforscher gefragt.

Stimmt ab: Schlaft ihr schlechter bei Vollmond?

Schlechte Laune am Morgen? Ja klar, letzte Nacht war ja auch Vollmond. Sicherlich habt ihr diese Argumentation schon ganz oft gehört. Vollmond, schlechter Schlaf, schlechte Laune am Morgen.

Und natürlich wollen wir das aber auch von euch wissen: Schlaft ihr schlechter bei Vollmond?

Hey SWR3Land, schlaft ihr bei Vollmond schlechter?

Bei Vollmond schlechter schlafen? Das sind die vermeintlichen Gründe

Und irgendwie klingt es ja auch logisch: Der Mond ist hell und scheint ins Zimmer. Oder liegt es vielleicht doch an dem Einfluss, den der Mond auf die Erdanziehungskraft hat? Ebbe und Flut verursacht er ja auch.

Zumindest die letzte Vermutung kann Albrecht Vorster, Schlafforscher an der Uniklinik Bern, im Gespräch mit unseren Kollegen von SWR Wissen schon mal klar verneinen:

Die Anziehungskraft des Mondes erzeugt im 12-Stunden-Rhythmus Ebbe und Flut – und nicht einmal im Monat. Es ändert sich nur einmal im Monat die Beleuchtung des Mondes. Deshalb ist das Licht der einzige Faktor, der uns eventuell schlechter schlafen lässt. Und den können wir mit Rollläden ausschließen.

Schlafen wir bei Vollmond schlechter? Das sagt die Wissenschaft

Wir haben bei Schlafforscherin Christine Blume von der Uni Basel und bei Schlafforscher Hans-Günter Weeß vom Pfalzklinikum nach dem aktuellen Stand der Forschung gefragt. Die überraschende Antwort ist, dass zwar ein Großteil der Studien keinen Zusammenhang zwischen Vollmond und schlechtem Schlaf feststellen konnten. ABER es gibt trotzdem Studien, bei denen messbare Effekte festgestellt wurden. Auch bei einer aktuellen Studie von 2021.

Blume erklärt: „Möglicherweise ist es so, dass das Mondlicht einen Einfluss hat.“ In der Studie wurden drei unterschiedliche Gruppen untersucht. In der ersten war es so, dass der Mond die Haupt-Lichtquelle in der Nacht war. Zugang zu elektrischem Licht gab es nicht. Die zweite Gruppe hatte Zugang zu elektrischem Licht, war aber eher eine ländliche Region. Die dritte Gruppe war in der US-Großstadt Seattle. Und hier zeigt sich laut Blume: Je mehr Kontakt mit elektrischem Licht die Menschen haben, desto weniger hat der Mond einen Einfluss auf den Schlaf.

Mit zunehmenden Umgebungslicht bzw. elektrischem Licht hat der Einfluss des Mondes auf den Schlaf abgenommen. Das würde also für einen Einfluss des [Mond- Anm. d. Red.] Lichtes sprechen.

Dass der Vollmond unser Verhalten durch Anziehungskräfte wie bei den Gezeiten bestimmt, hält aber auch Schlafforscherin Blume nicht für plausibel: „Je weniger Flüssigkeit in einem Körper steckt, desto geringer wird auch der Einfluss. Der Einfluss der Gravitationskraft des Mondes ist beim Menschen vermutlich zu vernachlässigen.

Wie ausgeprägt sind die Schlafprobleme bei Vollmond?

Es ist aus Sicht der Wissenschaft auch nicht so, dass der Vollmond für massive Schlafprobleme sorgt, erklärt Schlafforscher Weeß: „Da verhält es sich dann so, dass das mal 10 oder 15 Minuten höchstens weniger Schlaf sind. Und das ist ja nicht vergleichbar mit dem, was subjektiv in der Bevölkerung erlebt wird: Dass man da schwerste Schlafstörungen hat und sich schlaflos durch die Nacht quält.

Junge Frau schläft erschöpft auf dem Sofa

Aktuell Führt der Vollmond zu Schlafstörungen?

Dauer

Einge klagen darüber, dass sie bei Vollmond schlechter schlafen. Aber wie groß ist der Effekt? Wir haben Schlafforscher Hans-Günther Weeß gefragt.

Schlechter Schlaf bei Vollmond: Welche Rolle spielt die Psychologie?

Eine andere Erklärung ist das psychologische Phänomen der selbsterfüllenden Prophezeiungen. Also die bewusste Erwartung, dass ein (negatives) Ereignis auch eintreten wird. „Wenn wir erwarten, dass der Vollmond unseren Schlaf negativ beeinflusst, dann steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass er das tatsächlich tut“, sagt Blume.

Diese selbsterfüllenden Prophezeiungen lassen sich laut Blume auch mit „tradiertem Wissen“ erklären. Also Glaubenssätze, die uns vielleicht schon unsere Eltern und Großeltern mitgegeben haben. Die man für richtig hält, weil sie schon lange existieren. Und wer hat nicht schon mal von der Oma gehört, dass man wahrscheinlich wegen des Vollmonds schlecht geschlafen hat?!

Schlafforscher Weeß sieht als zweiten großen psychologischen Faktor die selektive Wahrnehmung: Weil viele Menschen generell schlecht schlafen, hat man beim Vollmond eben gleich einen Grund, warum man schlecht geschlafen hat, erklärt Weeß. „All die anderen schlechten Nächte, wo es eben nicht diesen Anhaltspunkt gibt, nimmt man dann nicht so wahr. So kommt es zu einer falschen Kausalitätszuweisung.“

Könnte der Supermond besonders starken Einfluss auf den Schlaf haben?

Ganz aktuell ist der Nachthimmel ziemlich spannend! Uns steht am 17. Oktober ein Supermond bevor und ein Komet ist mit ein bisschen Glück auch noch zu sehen. Von einem Supermond spricht man immer dann, wenn der Mond der Erde besonders nah ist und eben zusätzlich Vollmond ist. Dann scheint der Vollmond auch besonders hell. Und jetzt kommts: In der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober ist der hellste Supermond des Jahres!

Während Astronomiefans vielleicht jetzt schon in Freudentränen ausbrechen, klingt das für alle, die bei Vollmond das Gefühl haben, schlechter zu schlafen, jetzt nicht so toll. Könnte es sogar sein, dass wir bei einem Supermond noch schlechter schlafen als bei einem gewöhnlichen Vollmond? Wir haben bei Christine Blume nachgefragt:

Die Forscherin erklärt: Wenn man davon ausgeht, dass das Mondlicht tatsächlich einen Einfluss auf unsere Schlafqualität haben kann, könnte der Supermond einen stärkeren Einfluss haben. Denn ein Supermond hat eine geringere Distanz zur Erde als ein gewöhnlicher Vollmond und erscheint deswegen größer und heller.

Blume geht aber auch bei diesem Phänomen davon aus, dass die Psychologie wieder eine große Rolle spielt. Weil alle über den Supermond reden, ist die Erwartungshaltung vielleicht gerade jetzt schlecht zu schlafen eben noch größer. Und das sieht auch Weeß so:

Dann geh ich schon angespannt mit schlotternden Knien ins Bett und habe dann Angst, nicht schlafen zu können. Und dann ist es eben diese Angst, diese Anspannung, die die Schlaflosigkeit verursacht – aber nicht der physikalische Effekt des Mondes.

Fazit: Schlafen wir bei Vollmond schlechter?

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Ein Großteil der wissenschaftlichen Studien sieht keinen Effekt zwischen Vollmond und schlechtem Schlaf. Dennoch gibt es auch aktuelle Studien, die messbare Effekte aufzeigen konnten – auch wenn das wenige sind. Wenn es einen direkten Einfluss des Vollmonds auf den Schlaf geben sollte, rührt der am ehesten vom Licht und nicht von Erdanziehungskräften oder sonstigem.

Und wenn das Licht eine Rolle spielt, dann könnte unser Schlaf unter Umständen bei einem Supermond ein bisschen mehr leiden, denn der scheint noch ein bisschen heller.

Die verminderte Schlafzeit, die in wenigen Studien gemessen wurde, liegt dabei im Bereich weniger Minuten. Es ist wissenschaftlich nicht haltbar, dass der Vollmond für massive Schlafprobleme oder gar Schlafstörungen sorgen würde.

Ganz viel hängt beim Thema Vollmond und Schlaf wahrscheinlich mit der Psychologie zusammen. Stichwort Erwartungshaltung, selbsterfüllende Prophezeiung, selektive Wahrnehmug und weitergegebenes vermeintliches Wissen. Wenn ich davon ausgehe, dass ich bei Vollmond schlechter schlafe, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass das auch passiert.

Die Erkenntnis, dass wir es zu einem großen Teil selbst in der Hand haben, wie wir bei Vollmond schlafen, ist doch aber schon mal eine, mit der man gut einschlafen kann!

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