Stand
Autor/in
SWR3
Künstler/in
Shawn Colvin

Bitte keine Ärzte mehr.
Mama, Du bist dran, kümmere Dich um mich.
Flick mich wieder zusammen,
pack mich in warme Decken,
und wenns auch nur die dünne Spitze von Deinem alten Hochzeitskleid ist.
Und dann leg mich in Dein Bett.
Behandle mich nicht schlechter als Deine Schuhe;
die sind immer schwarz und glänzend.
Lächeln, Lachen, Singen, Rumrennen -
ich will einfach nur noch heim.
Mein Gott,war ich drauf.
Hässliche kleine Amerikanerin,
dünner als Luft, aber zäh wie ’ne Nutte.
Ich habe damals zu aller Welt gesagt:
’Lügt mich ruhig an, ich gehöre mir - und sonst niemandem.
Und überraschen kann mich sowieso nix mehr.’

Wälder in Deutschland,
Kinder in den Tuilerien,
Burgruinen im alten Italien.
Da war dieser Kerl.
Siegessicher und geheimnisvoll.
Und dann ist er mit mir durchgebrannt.

In New York sind wir dann rumgelaufen wie die Existentialisten.
Schwarze Klamotten, einsame Strassen.
Langsame Bewegungen.
Nur Künstler können überleben.
’Wir haben alles, was wir brauchen’,
das war so unser Motto.
Und jedesmal haben wir dabei geheult.
Und wir waren uns vollkommen sicher:
das ist der Durchbruch -
jetzt kommen nur noch die Top Ten in Frage.

Knietief in unserer Musik.
Wir waren das glückliche Paar, das nie zufrieden war.
Und als er dann verschwunden ist,
hatten wir uns nichtmal gekracht.
Er hat sich einfach in Luft aufgelöst.
Eins wundert mich allerdings immer noch:
Wörter füllen Seiten.
Seiten füllen die Tage, die wir zusammen verbacht haben.
Aber diese ganzen heiligen Eide,
die wir uns irgendwo zwischen Bett und Business geschworen haben,
nur um sie gleich wieder zu brechen,
erinnern mich immer wieder daran,
wie billig Worte sind.

Und die ganzen Briefe, die ich Dir geschrieben habe,
die kamen nur aus meiner Verzweiflung.
Wie ein Betteln um Liebe kurz vorm Selbstmord.
Nur - ich bin noch zu jung zum Sterben,
zu alt, um in den Schlaf gesungen zu werden,
und zu müde für dieses Leben an der Kante zum Abgrund.
Aber letzte Nacht war da dieser Traum:
ein Liebespaar auf seinem letzten Spaziergang,
irgendwo am Ende der Zeit,
wo alles nur noch lächerlich ist.
Die sind über die Minenfelder getanzt
und haben auch noch gelacht dabei,
so als sei dieses Narrenschiff ein Ort zum Ausruhen.
Und er hat Bilder gemacht von ihrem Lächeln.
Mit einer Polaroid-Kamera.
Und über allem war dieses unwirkliche Licht der Dämmerung.
Sie hat sich umgedreht und eine Karte hochgehalten:
’Alles Liebe zum Valentinstag’

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