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Sandra Herbsthofer
Sandra Herbsthofer

Paolo Häckl ist Anfang 20, studiert Sport, macht Musik und ist in der Blüte seines Lebens, als eine Diagnose von einem Tag auf den anderen sein Leben verändert. Im SWR3-Podcast „True Care – intensive Fälle mit Ricardo Lange“ erzählt er seine Geschichte.

Paolos Geschichte: So war sein Leben vor der Diagnose Morbus Crohn

Paolo Häckl ist Halb-Peruaner, Musiker – und er ist krank. Mit Anfang 20 wird bei ihm die chronisch-entzündliche Darmerkrankung Morbus Crohn diagnostiziert.

Als seine Symptome zum ersten Mal auftreten, sieht alles erstmal harmlos aus – eben wie eine simple Magen-Darm-Grippe.

Es fing mit einem verstimmten Magen und Durchfall an. Irgendwann kam Übelkeit dazu und auch Brechreiz. Man kennt das eigentlich von Magen-Darm, dass das dann irgendwann anfängt, abzuklingen. Aber es wurde immer heftiger. Irgendwann habe ich angefangen, nach jedem Essen zu erbrechen. Da wusste ich: ‚Okay, irgendwas läuft hier auf jeden Fall schief.' 

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Diagnose Morbus Crohn verändert sein Leben

Zu diesem Zeitpunkt ist Paolo Anfang 20. Er studiert Sport und Spanisch auf Lehramt. Er ist sehr sportlich, lebt ein sehr aktives Leben.

Ich habe mich nie so mit dem Thema Gesundheit beschäftigt. Also ich war einfach glücklich, sofern man das sagen kann und einfach aktiv und freudig. 

Erster Verdacht: Colitis ulcerosa

Als seine Symptome auch nach mehreren Wochen nicht abklingen, sucht Paolo einen Arzt auf. Die erste Diagnose: Colitis ulcerosa. Das ist eine geschwürige Entzündung des Dickdarms.

Doch als sich sein Zustand weiterhin verschlechtert, wird die Diagnose angepasst: Paolo leidet an Morbus Crohn, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung.

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Diagnose: chronisch krank?

Chronisch – das bedeutet, Paolo muss mit dieser Krankheit für den Rest seines Lebens leben:

Als mir der Arzt die Diagnose gesagt hat, war meine erste Frage – obwohl ich eigentlich schon wusste, dass das chronisch war – ‚Okay, bis bis wann habe ich das jetzt? Bis wann ist es wieder weg?' Meint er: ‚Nein, das haben Sie jetzt ein Leben lang.' [...] Ich habe das zwar gehört und ich habe das auch rational verstanden. Aber die emotionale Komponente davon, die habe ich ehrlich gesagt einfach weggedrängt.

Paolo und der Morbus Crohn: das „Ende des Therapieweges“

Paolo bekommt Medikamente, um seine Krankheit in den Griff zu bekommen. Phasenweise geht es ihm besser, allerdings nie dauerhaft.

Man war so nach zwei, drei Jahren an dem Punkt, wo mein Gastroenterologe gesagt hat: ‚Ja, wir müssen hier langsam uns mal Gedanken machen, weil so viele Optionen haben wir nicht mehr. Und wir sind hier bald am Ende von von unserem Therapieweg'. 

Sieben weitere Jahre lebt Paolo mit großen Schmerzen – er bewegt sich quasi nur noch zwischen seinem Schlafzimmer und der Toilette. Bis zu vierzig Mal am Tag hat er Durchfall.

Paolo Häckl sitzt im Rollstuhl, er ist abgemagert und blickt traurig in die Kamera
Paolo Häckl sitzt im Rollstuhl, er ist damals abgemagert und am Ende seiner Kräfte.

Was sein Gastroenterologe meint, wenn er sagt, dass Paolo bald am Ende des Therapieweges ist: dass er möglicherweise einen künstlichen Darmausgang, ein Stoma, benötigt.

Nach 7 Jahren unter Qualen: Paolo bekommt ein Stoma

Bei einer Routineuntersuchung im Krankenhaus wird Paolo mitgeteilt, dass sein Darm bzw. die Darmwand so dünn und mitgenommen ist, dass er in akuter Lebensgefahr schwebt.

Die Ärzte müssen handeln und sehen nur noch eine Option: Paolo benötigt einen künstlichen Darmausgang, ein Stoma.

Ich habe die ganzen Jahre davor gesagt: ‚Ne, ich möchte das nicht. Auf gar keinen Fall!' Aber wenn du dann wirklich mit der Realität konfrontiert wirst, dann überlegst du, ob du wirklich zu deinem ‚Nein, ich mache das auf gar keinen Fall!' stehst oder vielleicht doch nochmal zur Besinnung kommst. Und dann habe ich direkt gesagt: ‚Okay, wann geht's los?' 

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Paolo: So lebt er mit künstlichem Darmausgang

Paolo wird notoperiert und bekommt also einen künstlichen Darmausgang – aber er lebt. Mehrere Wochen wird er auf der Intensivstation behandelt.

Später bekommt er von sogenannten Stoma-Schwestern Einweisungen, wie mit dem Stoma umzugehen ist.

Und ja, es war schon heftig, aber es war deutlich weniger schlimm, als ich vor dem Stoma gedacht hätte, dass es wäre. 

Nach der Entlassung: der Alltag mit Morbus Crohn & einem Stoma

Nach seiner Entlassung muss Paolo seinen Alltag als Stoma-Träger und Morbus-Crohn-Patient alleine bewältigen. Dazu gehört euch die Reinigung und Entleerung des Beutels.

Der Beutel ist wasser- und geruchsdicht. Auch sportliche Aktivitäten sind für Stoma-Träger in der Regel kein Problem.

Paolo Häckl im Freibad mit Stoma und Stomgürtel
Paolo Häckl im Freibad mit Stoma und Stomagürtel

Hätte ich gewusst, dass das Leben mit einem Stoma – wenn man es so nimmt – ein ganz normales Leben ist. Man hat nur ein gewisses Accessoire am Bauch, was sich auch mal füllt und auch mal ganz lustige Geräusche macht manchmal auch in Situationen, die peinlich sind. Aber wenn das der Preis ist, den man dafür zahlt, dass man wieder aktiv am Leben teilnehmen kann, dann zahle ich diesen Preis sehr gerne.

Paolo auf Social Media: „Ich bin nicht alleine“

Heute ist Paolo Musiker und klärt auf Social Media über Morbus Crohn und das Thema „künstlicher Darmausgang“ auf. Angefangen hat er mit den Videos auf Social Media durch den Impuls eines Freundes.

Es hat mir ein Gefühl gegeben: ‚Ich bin nicht alleine.' Und ich habe Brüder und Schwestern, die in genau derselben Lage sind und auch dieselben Probleme hinter sich haben. [...] Hätte ich das gewusst, schon vor dem Stoma, dass es so eine große Community gibt von Menschen, die sich helfen, dann hätte ich schon durch das Feedback der Menschen vorher entschieden, ein Stoma machen zu lassen. 

Nach vielen Jahren des Schmerzes blickt Paolo heute sehr positiv in die Zukunft. Und diesen positiven Blick, den versucht Paolo auch anderen Betroffenen zu vermitteln:

Ich würde euch ans Herz legen, euch wirklich mit einem positiven Blick damit zu beschäftigen. Das Stoma wird euch nicht euer Leben, eure Identität, eure Schönheit rauben, sondern es wird euch sehr viel geben. Und zwar die Fähigkeit, wieder ein aktives Leben zu führen. Und das sollte eigentlich für alle an erster Stelle stehen.  

Darmgesundheit: Tipps für eine gesunde Ernährung

Die schlechte Nachricht: Morbus Crohn kann man nicht vorbeugen. Ob Mann oder Frau, jung oder alt die Krankheit kann jeden treffen.

Die gute Nachricht ist: Mit der richtigen Ernährung könnt ihr eurem Darm ganz unabhängig davon etwas Gutes tun.

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Dr. Birgit Terjung ist Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie und Ernährungsmedizin. Chronisch-entzündliche Darmkrankheiten wie zum Beispiel der Morbus Crohn – sind ihr ausgewiesenes Fachgebiet.

Im SWR3-Podcast „True Care – intensive Fälle mit Ricardo Lange“ gibt Dr. Terjung Tipps zum Thema Darmgesundheit. Sie sagt: Wichtig sind eine gesunde Ernährung und ein gesundes Leben im Allgemeinen.

Sich gut ernähren, mediterran ernähren. Also wie sie essen würden, wenn sie in einem Mittelmeer-Urlaub sind. Nur nicht das Weißbrot, was es da immer gibt, aber alle anderen Kost-Ideen: Wenig Fleisch, viel Fisch, viel Gemüse, Obst und möglichst wenig tierische Produkte zu sich nehmen. Ausreichend Alltagsbewegung, Sport betreiben und eine gute Einstellung, also Achtsamkeit.

Symbolbild für die mediterrane Ernährung: Obst, Gemüse, Fisch
Die sogenannte mediterrane Ernährung umfasst u.a. viel Fisch, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Vollkorngetreide.

Das entspricht den Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Anfang 2024 hat diese ihre Empfehlungen zu gesunder Ernährung überarbeitet.

Mehr Tipps von Dr. Terjung hört ihr im SWR3-Podcast „True Care – intensive Fälle mit Ricardo Lange“.

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