Udo-Walz-Frisur in vier Minuten?
Frau Gundula überwacht die ambulante Pflege ihres Mannes ganz genau, schaut zu, wie Anne Werner ihn wäscht und ist ständig am Nörgeln. Auch darüber, wie Anne Werner ihren Mann kämmt. Bei drei Euro und sieben Cent für Kämmen und Rasieren, erwidert die, sieht das halt nicht aus wie bei Udo Walz. Fast bewegungsunfähig liegt Gundulas Mann im oberen Stock der schicken Maisonettewohnung, ein paar Stufen entfernt vom Leben unten. Und seine Frau scheint nicht allzu traurig darüber zu sein, als er schließlich nach einem Sturz tot am unteren Ende der Treppe liegt.
Unten Hochzeitstorte, oben Herzstillstand
Aber Gundula sitzt nicht im Verhörzimmer. Dort sitzt Anne Werner, die Pflegerin. Sie sitzt da, weil noch einer ihrer Patienten gestorben ist. An Herzversagen. Im eigenen Hotel, in einem Zimmer, allein, ans Bett gefesselt, während unten im Saal die Verwandtschaft eine Hochzeit feiert und sich sicher ist, dass er aus purer Bosheit ausgerechnet an diesem Tag gestorben ist.
Herausforderung für Ermittlerduo Bootz und Lannert
Aber hat Anne Werner mit dem Ableben der beiden überhaupt was zu tun? Kann ja auch ganz anders gewesen sein. Ja, auch Selbstmord. „Das kriegt ihr nie raus“, erklärt der Gerichtsmediziner den Stuttgarter Kommissaren Lannert und Bootz. Oder haben die Herren Anne beim Klauen erwischt? Mussten sie deswegen sterben? Niemals, sagt die Pflegedienstchefin: „Anne hat schon ein schlechtes Gewissen, wenn sie zu Fuß falschrum durch die Einbahnstraße geht.“
Stuttgarter Tatort trifft Alltag im Pflegedienst
Warum sitzt sie dann da im Verhörraum, diese liebenswerte, ruhige, intelligente Frau? Wir jedenfalls sitzen da und möchten, dass Lannert und Bootz diese nette Anne doch endlich in Ruhe lassen. Doch immer, wenn die Tür in die Freiheit aufzugehen scheint, fällt den beiden etwas Neues ein. Und wenn es doch Mord war, was dann? Gibt es einen guten und einen schlechten Mord? Jedenfalls ermitteln sie in einem Milieu, das man nur schwer erträgt. Weil jeder von uns hier mal seine Rolle spielen wird und keiner von uns weiß, wie es dann sein wird, am Ende oder kurz davor. Wenn die Patienten eingenässt vor dem ewig laufenden Fernseher sitzen, wenn der einzige Kontakt nach draußen der Pflege- oder der Pizzadienst sind.
Herausragende Schauspielleistung von Katharina Marie Schubert
Anne und der Tod ist ein Krimi, der sich ständig weiterentwickelt, eine Geschichte über das Kümmern, das Ertragen, über Stolz, Bedürfnisse und vor allem und über allem über die Scham. Lebensnah und mit einer herausragenden Katharina Marie Schubert als Anne. Nichts explodiert, keiner schießt, es fließt nur ganz, ganz wenig Blut. Ein Tatort fast aus dem ganz normalen Leben. Eindrücklich und mutig. 4 Elche.