Dienstschluss für Moritz Eisner in Wien?
Die Perspektive, aus der Oberstleutnant Eisner die Welt verschwommen sieht, verheißt nichts Gutes. Man müsste den Kopf drehen und anheben, um die Umgebung wieder ins rechte Lot zu rücken. Nur leider verhindern dies missliche Umstände. Eisner liegt am Boden, ein Mann richtet eine Waffe auf ihn, sagt: „So Eisner, Dienstschluss!“ Ein Schuss fällt. Ups. Ich mochte den eigentlich ganz gern, den Eisner, schießt es auch mir durch den Kopf. War’s das jetzt? Und wo ist Kollegin Bibi Fellner eigentlich? Die steckt im Wiener Verkehr fest und flucht: „Wo steckt der Eisner?“
Und plötzlich krabbelt der aus einer MRT-Röhre. Aus so einem Ding, das wahnsinnig laut brummt und dröhnt, in dem man Knochen scannt und panisch wird. Wieder Eisner: „Bitte, das hält doch kein Schwein aus. Hey, Abbruch, tut mir leid, schaff ich nicht!“ Erst erschossen, jetzt in der Röhre, wie das? O.K. – diese zumindest zeitweilige Auferstehung wird sich irgendwann klären.
Ein totes Kind und eine Guerillakämpferin auf Rachefeldzug
Aber nun gibt es da noch einen Mann, dessen Kind gestorben ist: Rosa, fünf Jahre alt. Gerade ist er freigesprochen worden. Nicht schuldig an ihrem Tod, sagt die Richterin. Wenige Minuten nach dem Urteil tritt er vor dem Gerichtsgebäude auf die Straße, wird von einem Auto überfahren und getötet. Ist die Mutter der kleinen Rosa die Täterin? Eine kolumbianische ehemalige Guerilla, die auf Rache sinnt und Nahkampf kann? Das mit dem Nahkampf wird klar, als Chefinspektor Fredo ihre Flucht erläutert: Ein Passant hat noch versucht, sie aufzuhalten. Aber der musste anschließend ärztlich versorgt werden. Mit einer „botzn“ Gehirnerschütterung.
Die Glaubensfrage in diesem Tatort: Naturheilkunde oder Schulmedizin?
Kräutertinkturen oder Antibiotika, Naturheilkunde contra Schulmedizin, so löst es sich irgendwann auf. Das ist die Glaubensfrage, um die es in diesem Tatort geht. Hat der Glaube des Vaters an die Naturheilkunde das Kind getötet, wie es die Mutter ausdrückt? Die sanfte Medizin, so scheint es, ist genauso ein knallhartes Geschäft, wie das der Pharmakonzerne. Und auch im homöopathischen Business geht man hier über Leichen. Bibi Fellner zählt zusammen: „Ein stressbedingter Schlaganfall, ein Selbstmord und ein Mord. Und das Hunderl.“ Nicht nur Tierliebhaber müssen stark sein, auch bedingungslose Anhänger der Naturheilkunde.
Charmante Figuren und eine Überdosis Inhalt
Aber so viel Zündstoff das Thema auch hat, so verwirrend vollgestopft hat man die Geschichte mit viel zu vielen Personen und Handlungssträngen. Überdosiert, dafür gibt’s Abzüge, die auch die herrlich grantelnden Protagonisten nicht ganz wettmachen können. Die im Kirchenchor singende Bibi Fellner, der Naturheilkunde-Totalverweigerer Eisner, der eifrige Assistent Fredo und der Gerichtsmediziner Kreindl, der zunehmend nicht nur obduziert, sondern auch philosophiert. Nicht zu vergessen, der sogenannte Korinthenkacker vom Verfassungsschutz, der uns einen nützlichen Tipp für das Zusammenleben gibt und vielleicht mit einem gängigen Missverständnis aufräumt: „Umgangsformen sind nicht Formen, die umgangen werden sollten“.