Die Auswirkungen der Waldbrände auf Rhodos sind massiver als es erst schien: Vor allem weil es eine etwas kleinere Insel ist, bedeuten Waldbrände begrenzte Fluchtmöglichkeiten. In den vergangenen Tagen wurden mindestens 20.000 Menschen aus den gefährlichen Zonen gebracht – teils auf sehr abenteuerlichen Wegen. Urlauber sprechen von Griechen, die ihnen „das Leben gerettet haben“. Was genau vor Ort passiert, erschließen wir uns hier in Deutschland auch über Bilder von der Insel. Wie diesem hier, einem echten Bild von der Agentur dpa:
SWR3-Reporter Kimon Schanze ist gerade im Waldbrandgebiet. Hier lesen, wie es vor Ort ist.
Bild zeigt angeblich Waldbrand auf Rhodos
Ein ganz anderes atemberaubendes Bild ist nun auf Twitter und auf einigen griechischen Websites aufgetaucht. Es ist unklar, wer es zuerst verbreitet hat: Es zeigt einen Strand mit Menschen, dahinter Waldbrände bis ans Meer in starkem Wind. Außerdem ist ein Sonnenuntergang zu sehen. Wir sind auf das Bild aufmerksam geworden durch einen Post von einem Nutzer auf Twitter.
Fake-Bild aus Rhodos: Wie erkennt man eine Fälschung?
Menschen konnten schon immer Bilder fälschen. Heute können sie das mithilfe von verschiedenen KIs immer leichter, schneller und teilweise bestechend gut. Die Entwicklung ist rasant, noch vor kurzem gab es bei KI-Bildern oft viele Fehler. Diese führten zu sehr vielen Indizien, an denen man erkennen konnte, ob Bilder durch eine künstliche Intelligenz erstellt wurden oder nicht. Aber alle Experten sagen, die Entwicklung gehe in Lichtgeschwindigkeit voran:
Das bedeutet nicht nur, dass es heute sehr schwer ist, in kurzer Zeit Fälschungen gut zu erkennen. Es kann bedeuten, dass es bald unmöglich wird. Wie bei anderen Fake News auch hat es damit zu tun, wie clever diese Geschichten lügen. Anders ausgedrückt: Wie offensichtlich die Fehler in Fake News sind, die man dann entlarven kann.
Fälschungen mithilfe von KI: Wie erkennen wir sie?
Nicht nur die KI-Forscher, auch Journalisten stellen sich die Frage, ob Bilder vom Menschen abfotografiert oder mithilfe einer KI erstellt wurden – und wie man Fälschungen erkennt. Das ist unser Beruf bei SWR3: „Echtheit prüfen“ haben wir hier mit Faktencheck.de schon ganz oft gemacht. Beim Prüfen von Studien, Quellen und Zeugen checken wir: Kann das überhaupt sein, was wir da sehen? Stimmen die Details? Sind all diese Einzelheiten plausibel? Und das führt uns zum Waldbrand-Bild.
5 Anzeichen, wieso das Bild von Waldbrand auf Rhodos vermutlich Fake ist
Auf den ersten Blick wirkt es wie ein ganz normales Foto. Es gibt jedoch Indizien, die an dem Bild zweifeln lassen können.
1. Der Sonnenuntergang auf dem Bild passt nicht
Die Sonne geht überall auf der Welt immer an einer vorhersehbaren Stelle unter, auf Rhodos um diese Jahreszeit nicht ganz im Nordwesten.
2. Die Bucht auf dem Bild gibt es höchstwahrscheinlich nicht
Die Winde haben die Brände an die Südostseite bis ans Meer gedrückt. Auf dem Bild ist eine große, lange Bucht zu sehen, hinten kleine Berge. Die Küstenlinie verläuft an der Brandstelle südsüdwest, links das Meer, rechts das Land, die Sonne steht tief etwa Richtung Südwest.
Denkbar wäre, dass das Bild gespiegelt wurde und wir sehen einen Sonnenaufgang, nur eben dann auf der falschen Seite. Diese Möglichkeit ist vom Sonnenstand her zwar denkbar, aber die Szenerie der Küstenlinie gibt es so nicht. Das heißt: Eine Manipulation liegt nahe. Wir prüfen weitere Aspekte.
3. Stimmt die Windrichtung?
Bleibt noch eine zweite Naturgewalt, die man zumindest in dieser dargestellten Dimension überprüfen kann: extreme Winde. Zwar gab es in den letzten Tagen auf Rhodos auch wechselnde Winde, zum Schluss wehte er aber quer über die Insel und schob den Waldbrand vor sich her, bis er im Südosten das Meer erreichte – also genau entgegengesetzt zur Richtung, die auf dem Bild zu sehen ist. Aber Feuer selbst erzeugen durch die Hitze auch eigene Winde:
Auch auf dem vermuteten Fake-Waldbrandbild ist ein großräumiger Wind zu sehen, der Flammen vom Meer ins Landesinnere schiebt. Auflandige Winde gibt es tagsüber oft an der Küste. Es könnte also plausibel sein, da das Feuer im Landesinneren den Wind vom Meer „ansaugt“.
Aber erstaunlich bleibt, dass der Wind das Feuer am Strand weit weg vom Boden bis in eine größere Höhe beeinflusst (die Flammen biegen sich ordentlich im Wind). Ob es so aussehen kann, darf man zumindest anzweifeln. Ein Beweis ist das nicht.
4. Nur genau dieses Bild kursiert im Netz
Natürliche Vorgänge wie Sonnenuntergänge und überregionale Winde sind recht gute Anhaltspunkte, da man sie in der Regel gut nachweisen kann. Ein weiteres Indiz ist, dass es das einzige Bild ist, das diese Feuerwalze zeigt. Wir wissen von keinen anderen Social-Media-Bildern, die die Szenerie so oder so ähnlich zeigen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass keiner der Menschen auf dem Bild das Szenario fotografiert und gepostet hat. Auch die Google-Suche brachte keine ähnlichen Szenarien zum Vorschein, dafür einige griechische Medien, die das Bild möglicherweise ungeprüft veröffentlichten.
5. Das Bild ist extrem weichgezeichnet
Das Bild des Brandes an einem Strand wirkt beim Anschauen fast wie ein Gemälde: weichgezeichnet und leicht veschwommen. Ein extrem weichgezeichnetes Bild könne auf einen KI-basierten Inhalt hinweisen, sagt KI-Forscher Daniel Privitera im SWR3-Interview.
Unser Fazit: Die Hinweise sprechen dafür, dass das Bild mithilfe einer KI erstellt wurde. Hundertprozentig beweisen lässt es sich nicht.
Unklar bleibt, wer das Bild gemacht hat. War es Mensch oder Maschine? Und warum wurde es gemacht? Klar ist: Bilder, auch gefälschte Bilder, können uns alle beeinflussen. Ganz sicher zu wissen, was echt ist oder nicht, war noch nie so wichtig wie heute – und vielleicht auch noch nie schwerer.