Im Zuge von Abrissarbeiten ist ein weiterer Abschnitt der Carolabrücke in Dresden eingebrochen. Es handelt sich um den Brückenzug mit Straßenbahngleisen, der in der Nacht zum Mittwoch bereits teilweise in die Elbe gestürzt war. Ein weiterer Brückenzug mit Fahrspuren für Autos stehe dagegen noch. Die Brücke galt als extrem einsturzgefährdet. Und diesmal war der Einsturz gewollt. Ein Video zeigt, was passiert ist:
SWR3-Reporter Florian Gatter erklärt, was in der Nacht passiert ist und warum:
Der sogenannte Brückenzug C, von dem in der Nacht zum Mittwoch ein 100 Meter langes Teilstück in die Elbe gestürzt war, sei akut einsturzgefährdet und könne nicht gehalten werden, hatte es schon vorher geheißen. Lasermessungen hätten ergeben, dass sich die Überreste dieses Brückenzuges langsam absenkten, so Feuerwehrsprecher Michael Klahre. Dieser Teil kam dann auch von selbst herunter, wie das Video zeigt.
Hochwasser im Anmarsch: Trümmerteile der Carolabrücke müssen schnell aus der Elbe geholt werden
Die Zeit für die Einsatzkräfte drängt: Ab Sonntag wird ein Hochwasser in der Elbe vorhergesagt, was die Gefahr laut Dresdner Feuerwehr noch einmal erheblich verschärfen würde. Verantwortlich für das mögliche Hochwasser sind heftige erwartete Regenmengen in Tschechien. Was dann die Elbe herunterkommt – beispielsweise Baumstämme und Müll – könnte sich in den Brückentrümmern verfangen und den Hochwassereffekt vervielfachen. Die Brücke würde dann zum Damm.
Laut Landeshochwasserzentrum sollen in Tschechien und Südpolen mit dem Iser- und dem Riesengebirge bis zum Montag 200 Liter Niederschlag pro Quadratmeter binnen 72 Stunden fallen. In den oberen Berglagen seien sogar 350 Liter möglich. Auch in Ostsachen ist mit Dauerregen zu rechnen. Neben der Elbe sollen auch für die Lausitzer Neiße und die Spree Hochwasserwarnungen herausgegeben werden.
Dresden: Großer Brückencrash am frühen Mittwochmorgen
Mitten in der Nacht auf Mittwoch, um 3:08 Uhr, war die Dresdener Carolabrücke in Teilen eingestürzt. Am Morgen wurde deutlich: Die Stadt ist nur knapp einer Katastrophe entgangen. Denn täglich fahren zig Autos, Straßenbahnen und Radfahrer über das Bauwerk. Auch Fußgänger sind dort unterwegs. 18 Minuten vor dem Einsturz sei die letzte Straßenbahn über die Brücke gefahren, hat ein Sprecher der Dresdner Verkehrsbetriebe gesagt.
Doch Verletzte oder gar Tote hat es bei dem Einsturz nach bisherigem Kenntnisstand der Behörden nicht gegeben. Die Polizei gehe bislang von einem Unglück aus, sagte ein Sprecher, Hinweise auf Fremdeinwirkung gebe es bisher nicht. Die Polizei Sachsen bittet darum, in dem Zusammenhang keine Falschmeldungen zu verbreiten:
SWR3-Korrespondent Christoph Stunker beschreibt, was er am Mittwochmorgen beim Eintreffen an der Brücke gesehen hat:
Hier ARD-Aufnahmen von der Szenerie am frühen Mittwochmorgen:
Check: Brücken in RLP und BW – das sagen Experten
Doch wie sieht es mit den Brücken in SWR3Land aus? Könnte auch hier so etwas passieren? Zunächst die gute Nachricht: Von den rund 17.000 Brücken in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg bekommen aktuell nur sehr wenige schlechte Noten. Im SWR3 Interview sagt Brückenexperte Andreas Jackmuth:
Dennoch: Etwa zehn Prozent aller Brücken in Deutschland sollten dringend saniert werden, heißt es von der Bundesanstalt für Straßenwesen. Darunter sind auch Brücken in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg: zum Beispiel die Moseltalbrücke bei Koblenz, die Lösterbachtalbrücke bei Trier und die Neckartalbrücke bei Rottweil.
Alter Beton, Streusalz, Schwerverkehr machen Brücken zu schaffen
Soweit die Gegenwart. Was die Zukunft der Brücken angehe, sehe es nicht wirklich gut aus. Größtes Problem sei nicht das Geld für die Erhaltung der Brücken, sondern die fehlenden Leute, erklärt Jackmuth vom LBM. Der Fachkräftemangel und die Mitarbeiter, die in den nächsten Jahren in Rente gehen, stellten das größte Risiko dar. Derzeit seien allein in Rheinland-Pfalz mehr als 200 Stellen für Brücken-Techniker und -Ingenieure nicht besetzt.
In der Zukunft könnte sogar ein „Instandhaltungs-Tsunami“ auf uns zurollen, prognostiziert Jan Müller von der Landesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken Baden-Württemberg (BGIB) im SWR3 Interview. Denn das Alter des verbauten Betons, Streusalz und der Zuwachs an Schwerverkehr machten den Brücken schwer zu schaffen, so der Experte vom BGIB.
Wie ist die Situation der Brücken in Deutschland? Darum ging es auch im SWR3 Topthema – hier zum Nachhören:
Unwetterschäden verzögern Sanierung der Brücken in BW
Ursprünglich sollten in Baden-Württemberg in diesem Jahr mit 180 Sanierungsmaßnahmen begonnen werden – an Brücken und an Landstraßen. Wegen der heftigen Unwetter Ende Mai und Anfang Juni würden die aber erst einmal nicht weiter saniert, berichtet SWR Aktuell. So werde sich zum Beispiel die Instandsetzung der Jagstbrücke bei Haimhausen im Hohenlohekreis um etwa ein Jahr verschieben.
180 Straßen-Sanierungen aktuell betroffen Darum werden manche Landesstraßen und Brücken im Land gerade nicht saniert
Das Verkehrsministerium hat angekündigt, manche geplante Sanierungen an Landesstraßen und Brücken in BW zu verschieben. Grund sind die Hochwasserschäden, die behoben werden müssten.
Dresdener Fernwärmeversorgung nach Brückeneinsturz komplett ausgefallen
Dresden hat jetzt nach dem Einsturz der Carolabrücke einige Probleme: Betroffen sind laut Lagezentrum der Fußgänger- und Radweg sowie die Straßenbahngleise. Nach Angaben der Feuerwehr Dresden geht es um eine Länge von 100 Metern.
Diese Truckerin hängt in 20 Metern Höhe am Abgrund – und hat letztlich großes Glück!
Laut Feuerwehr hat sich am Brückenkopf auf der Seite der Altstadt ein etwa ein Meter langer Spalt gebildet. Nun wollen die Verantwortlichen ausschließen, dass auch die anderen beiden Brückenteile einstürzen. Die Feuerwehr befürchtet das und spricht von Lebensgefahr.
Zudem sind Fernwärme-Leitungen beschädigt. „Im gesamten Stadtgebiet fällt momentan die Fernwärme aus“, teilte die Feuerwehr mit. Durch das ausströmende Wasser stehen Teile des Terrassenufers komplett unter Wasser.
Streusalz? Ursache für Brückeneinsturz könnte noch aus DDR-Zeiten stammen
Der Einsturz eines Teils der Carola-Brücke in Dresden könnte durch Korrosion aufgrund von Streusalz ausgelöst worden sein. „Wir haben hier zu DDR-Zeiten massiven Chlorid-Eintrag gehabt“, sagte Holger Kalbe, Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbauwerke bei der Stadt Dresden.
An der Stelle, wo das Brückenteil in der Nacht einbrach, habe ein Mast der Verkehrsbetriebe gestanden. Es sei denkbar, „dass an der Stelle massiv die Chloride eingedrungen sind und dort im Inneren der Brücke zu einer Korrosion der Bewehrung geführt haben“, sagte Kalbe.
Bei der Carolabrücke in Dresden handele es sich um eine Spannbetonbrücke, die aus drei Zügen besteht. Zwei Teile waren bereits saniert worden. Der jetzt eingestürzte dritte Teil hätte im nächsten Jahr saniert werden sollen.