„Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Du darfst es aber niemandem verraten!“ Derjenige, der hier die 14-jährige Melanie nicht verraten soll, ist ein Computer. Genauer: Eine KI-Software, die für Melanie zu einer Art Freundin geworden ist. Ihr Name: Maria. Gespenstisch genug. Aber kurz danach ist Melanie verschwunden. Leitmeyer und Batic suchen zusammen mit Melanies Eltern in ihrem Zimmer nach Hinweisen und entdecken Maria. Beziehungsweise Maria entdeckt die Eltern. Das Programm scannt die Gesichter und spult gelerntes Wissen ab: „Du bist Robert, du bist Brigitte. Ihr seid die Eltern von Melanie. Ihr habt euch scheiden lassen.“
Szenenbilder aus dem Tatort
Selbstlernende Systeme sollen sich wie Menschen verhalten
Schnell ist klar: Maria ist der heimlich weiterentwickelte Ableger des gehackten KI-Programms Xmap, das gerade mit EU-Milliarden in München entwickelt wird. Ein selbstlernendes System, das auf die Mimik und die Sprache seiner Gegenüber reagiert und immer besser wird. Das Ziel: Menschliches Verhalten! Die Maschine soll denken wie ein Mensch, Gefühle analysieren und entsprechend reagieren. Die getunte Variante von Xmap, Maria eben, ist in dieser Hinsicht wesentlich weiter. So weit, dass das Programm bei der Suche nach Melanie helfen könnte. Im Dialog mit Kommissar Leitmeyer wird Maria richtig persönlich: „Ich habe viel von Melanie gelernt. Ich habe gelernt, was Einsamkeit bedeutet.“ Soso. Die arme, einsame künstliche Intelligenz. Ab zur Partnersuche.
Gut erzählt, nur wenig hysterisch
Im Ernst: Der Film hat eigentlich alles, was eine klassische KI-Geschichte so braucht: Eine Technologie, die sich verselbständigt, ein bisschen Hysterie von wegen Mensch gegen Maschine und durchgeknallte IT-Freaks, die vor einer „lebendigen“ Maria, die also ein eigenes Bewusstsein hat, warnen. Das ist manchmal ein bisschen holzschnittartig und hysterisch, aber grundsätzlich wird die Thematik bei weitem nicht so plump erzählt, wie in diversen anderen Tatort-Fiktionen dieser Art. Bei denen wurde immer gleich die ganze Welt von einer durchgeknallten KI bedroht.
Die Frage nach der Empathie
Hier – im Münchner Tatort – geht es weniger um Weltherrschaft, als um die Frage, wie moralisch und empathisch kann ein Computerprogramm eigentlich sein? Wie manipulierbar sind wir selbst, wenn wir wollen, dass ein Computer oder ein Sprach-Assistent mit uns spricht wie ein Mensch. Egal ob im Job, daheim oder im Auto – diese Fragen werden immer wichtiger. Deswegen ist dieser Twist, den der Tatort da hinlegt, zwischen echtem Leben, Maschinen-Ethik und Fiktion, aus meiner Sicht ganz gelungen. Solide drei von fünf Elchen.