Der erwartete Rechtsruck blieb bei den Parlamentswahlen in Frankreich überraschenderweise aus. Konnte der Rassemblement National (RN) die erste Runde am 30. Juni noch gewinnen, landete er in der zweiten Runde nur auf dem dritten Platz. Dennoch dürfte die rechtsnationale Partei mehr Sitze als zuvor erreichen.
Das Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) holte die meisten Stimmen – eine absolute Mehrheit dafür gab es aber nicht. Ensemble, das Mitte-Lager um Präsident Emmanuel Macron, landete auf dem zweiten Platz und verliert wohl viele Mandate.
Im Elsass hat das Regierungslager von Präsident Macron 9 von 15 Wahlkreise gewonnen. Der rechtsnationale Rassemblement National setzte sich nur in einem Wahlkreis durch. In der ersten Runde vor einer Woche erreichte der RN in vielen elsässischen Wahlbezirken noch über 40 Prozent, deutlich mehr als im gesamten Land.
Das Elsass wählt überwiegend Macrons Bündnis
Die Wahlbeteiligung lag mit 67,5 Prozent deutlich über den Werten der vergangenen Jahre.
Parlamentswahl in Frankreich: Strategie gegen Rechts
Die Parlamentswahlen finden in Frankreich in zwei Runden statt. Nach dem guten Abschneiden des RN in Runde eins haben sich Kandidaten des NFP und des Präsidentenlagers offenbar taktisch für die zweite Runde aufgestellt. In mehr als 200 Wahlkreisen zogen sie sich zurück, wenn der jeweils andere bessere Chancen hatte, den RN-Kandidaten zu schlagen.
Frankreich-Korrespondentin Carolin Dylla hat in der SWR3 Morningshow nochmal genau erklärt, wie die Ergebnisse der beiden Runden so unterschiedlich ausfallen können und wie jetzt die Regierungsbildung ablaufen könnte:
Nach Parlamentswahl: Regierungsbildung könnte dauern
Jetzt kommt es darauf an, ob Ensemble und der NFP aufeinander zugehen und unter welchen Bedingungen. Die Mehrheitsfindung und Regierungsbildung könnten lange dauern.
Frankreichs Premier Attal reicht Rücktritt ein – Macron lehnt ab
Der französische Premierminister Gabriel Attal hatte nach der Niederlage des Regierungslagers bei der Parlamentswahl noch am Sonntag seinen Rücktritt angekündigt. Er werde ihn am Montag bei Macron einreichen. Gleichzeitig betonte er, dass er sein Amt „so lange ausfüllen werde, wie die Pflicht es verlangt“. Am Montagmittag veröffentlichte der Élysée-Palast eine Mitteilung, dass der Präsident Attals Rücktrittsgesuch vorerst ablehne. Macron bitte Attal, zunächst Premier zu bleiben, um die Stabilität des Landes zu gewährleisten.
Macron hatte nach Veröffentlichung der ersten Zahlen mitteilen lassen, bevor er Entscheidungen treffe, werde er das Endergebnis der Wahl und die letztendliche Zusammensetzung der Nationalversammlung abwarten.
Gewalt nach Wahl in Frankreich
Nach der Parlamentswahl hat es schwere Ausschreitungen gegeben. In Paris versammelten sich Tausende auf dem Place de la République, um den Sieg des Linksbündnisses zu feiern. Dabei gerieten Demonstranten Medienberichten zufolge mit Sicherheitskräften aneinander, die Tränengas einsetzten. Barrikaden aus Holz standen in Flammen. Auch aus Lille, Nantes und Rennes wurden Zusammenstöße mit der Polizei und Festnahmen gemeldet.
Nach der Wahl in Frankreich: Reaktionen aus Deutschland
Deutsche Politiker haben sich positiv zum Erfolg des links-grünen Bündnisses in Frankreich geäußert. Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid hat im RBB gesagt, es sei gerade nochmal gut gegangen – die Rechtspopulisten hätten keine Chance, eine Rolle bei der Regierungsbildung zu spielen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Rande seines Besuchs in Stuttgart, die Richtung stimme – es bleibe aber bei Herausforderungen für Europa und das deutsch-französische Verhältnis.
Grünen-Chefin Ricarda Lang hielt es kurz:
Der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet meint, nach der Wahl gebe es eine Chance für eine demokratische und pro-europäische Mehrheit. Im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF sieht Laschet, der Mitglied im Vorstand der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung ist, auch Chancen für die anstehenden Landtagswahlen in Deutschland:
Frankreich: Wie kam es zu den Neuwahlen?
Frankreichs Präsident Macron hatte noch am Abend der Europawahl am 9. Juni die französische Nationalversammlung aufgelöst und Neuwahlen angekündigt. Der Grund: Die rechte Partei Rassemblement National von Marine Le Pen lag deutlich vorn. Der RN bekam mehr als doppelt so viele Stimmen wie die Regierungspartei Renaissance von Präsident Macron.
Die nun stattgefundene Neuwahl bezog sich nicht auf Macron als Präsident, sondern auf die Nationalversammlung – also das französische Parlament. Dieses stellt den Premierminister.