Die Lage in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor unübersichtlich. Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW), Bundeswehr und viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer tun ihr Bestes, können aber nicht überall sein.
Das scheinen sich nun Anhänger von „Querdenken“ wie auch anderer Verschwörungsideologien zunutze zu machen – und fahren genau dorthin, um sich als Retter in der Not zu inszenieren für die Menschen, die die Regierung angeblich im Stich lasse.
In einschlägigen Gruppen des Messengers Telegram finden sich Aufrufe, in den Landkreis Ahrweiler zu fahren und sich „nicht abwimmeln“ zu lassen.
Am Mittwoch erschien ein Video eines bekannten Aktivisten, der in der Corona-Pandemie mit einer sogenannten Bus-Info-Tour unterwegs war und das Coronavirus massiv leugnete – auch er befindet sich momentan im Katastrophengebiet.
SWR-Korrespondent Eric Beres sprach in den ARD-Tagesthemen darüber, wer hinter den Aktionen steckt und wie sich die „Querdenker“ damit positionieren könnten:
Bad Neuenahr-Ahrweiler: „Familienzentrum“ in Grundschule
Bereits am Wochenende hatte der Verein „Eltern stehen auf“, der der „Querdenker“-Szene nahestehen soll, ein „Familienzentrum“ in einer Grundschule in Bad Neuenahr-Ahrweiler errichten wollen. Das rheinland-pfälzische Familienministerium warnte davor.
Schließlich hat das rheinland-pfälzische Landesjugendamt zusammen mit der Polizei das „Familienzentrum“ am Mittwochabend geschlossen. Die Behörden untersagten den Organisatoren, Kinder zu betreuen. „Bei aller Not, die vor Ort herrscht, müssen Kinder von qualifiziertem Personal betreut werden“, sagte Detlef Placzek, Präsident des Landesjugendamts. Politische Akteure aus ihrer Mitte habe man entfernt, sagte ein Sprecher der Gruppe „Eltern stehen auf“ dem SWR. Er sei froh darüber, dass das Jugendamt eine Lösung für die Kinder gefunden habe.
Falschmeldungen aus vermeintlichem Polizei-Fahrzeug
Ein Kleinbus mit der Aufschrift „Friedensfahrzeug“ und „Peace“ fährt durch die Trümmerlandschaften und macht Lautsprecherdurchsagen. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein offizielles Einsatzfahrzeug der Polizei – ist es aber nicht. Diese Art Autos wird regelmäßig auf Demos gegen die Corona-Maßnahmen gesehen.
Über Lautsprecher wird beispielsweise durchgesagt, dass sich die Einsatzkräfte zurückziehen würden. Das ist nicht richtig. Der Politikwissenschaftler Josef Holnburger sagte, es gehe unter anderem darum, mit diesem Fahrzeug Misstrauen gegen den Staat zu säen.
Dennoch: „Eine solche Lackierung ist nicht verboten, solange nicht Polizei draufsteht, es kein Blaulicht trägt oder ein hoheitliches Polizeiwappen“, so ein Sprecher der Polizei.
Polizei vermutet Rechtsextremisten hinter Falschmeldungen
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) macht Rechtsextremisten für diese und andere Falschmeldungen, die über soziale Netzwerke verbreitet werden, verantwortlich und droht den Verursachern mit strafrechtlichen Konsequenzen.
Es gehe um Amtsanmaßung, Behinderung von Rettungskräften oder unterlassene Hilfeleistung, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Jörg Radek im SWR. Diese Taten seien mit hohen Freiheitsstrafen belegt.
Radek ruft dazu auf, diese Meldungen in sozialen Netzwerken nicht einfach im Affekt weiterzuleiten.
Baldauf: Ausnutzung der Situation durch Querdenker schändlich
Auch der rheinland-pfälzische CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Baldauf hat sich entrüstet über die offenbar von „Querdenkern“ initiierte Hilfsaktion für die Betroffenen der Flut im Landkreis Ahrweiler gezeigt. Die Ausnutzung der Situation sei „schändlich“ und die betreffenden Menschen seien „nicht bei Trost“, sagte Baldauf dem Deutschlandfunk. Momentan gehe es darum, Menschen zu helfen.