Russland zum Vorbild nehmen – kann man machen, sollte man sich bei Angelegenheiten wie Zensur, Homosexualität und Menschenrechten aber vielleicht zweimal überlegen. Vermutlich interessiert das Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán aber auch gar nicht wirklich. Es ist schließlich nicht das erste fragwürdige Gesetz, das er befürwortet.
Ein besonderes Anliegen soll es ihm gewesen sein – das Gesetz, das am Dienstag vom ungarischen Parlament verabschiedet wurde. Es solle dem Kampf gegen Pädophilie dienen, behauptet die rechtsnationale Regierungspartei Fidesz.
Es umfasst aber auch ein Verbot von Büchern, Filmen und anderen Inhaltsträgern, die Kindern und Jugendlichen zugänglich sind und in denen nicht-heterosexuelle Sexualität dargestellt wird.
Kurz gesagt: Kinder und Jugendliche können sich nicht mehr so einfach über Homo- oder Bisexualität informieren. Übrigens soll auch Werbung verboten werden, in denen Homosexualität oder Transsexualität als normal dargestellt wird. In Russland gibt es seit 2013 ein ähnliches Gesetz – durch dieses soll „homosexuelle Propaganda“ untersagt werden.
Linke und Liberale boykottierten Abstimmung
199 Abgeordnete hat das ungarische Parlament. 157 Abgeordnete der regierenden rechtsnationalen Fidesz-Partei sowie der rechten Jobbik-Partei, die der Opposition zugerechnet wird, stimmten für die Gesetzesvorlage. Ein fraktionsloser Linker stimmte dagegen.
Die Abgeordneten der linken und liberalen Parteien verließen vor der Abstimmung aus Protest gegen das Gesetz den Sitzungssaal.
Der oppositionelle Abgeordnete Gergely Arató sah in dem Gesetz einen Verstoß gegen die parlamentarische Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte.
Tausende Anhänger und Unterstützer der LGBT-Community protestierten gegen das Gesetz und forderten Ungarns Präsidenten János Áder auf, gegen das Gesetz sein Veto einzulegen.
Gesetz könnte zu Ärger mit der EU führen
Das Gesetz verstößt möglicherweise gegen EU-Recht. Die Europäische Kommission, betonte ein Sprecher, habe einen klaren Standpunkt zu Diskriminierung und fühle sich verpflichtet, die Ungleichheiten und Probleme anzugehen, mit denen es Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* und queere Menschen (LGBTQ) in Europa zu tun hätten.
Deshalb werde das Gesetz jetzt von der EU geprüft. Sollte es also gegen EU-Recht verstoßen, könnte die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Dieses wiederum könnte dann mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes enden.