Bruce Springsteen: „Deine Songs sind ein Stück Zuhause“
SWR3-Musikredakteur Matthias Kugler hat schon viele Konzerte gesehen, viele Musiker getroffen und viele Songs gehört. Aber die Musik von Bruce Springsteen hat für ihn eine ganz besondere Bedeutung:
Lieber Bruce,
man könnte dir jetzt zu 130 Millionen verkauften Alben, 20 Grammys und einem Oscar für Streets of Philadelphia gratulieren. Oder dich loben für dein politisches Engagement, deine Bescheidenheit und dein soziales Gewissen.
Aber eigentlich ist es mal Zeit, danke zu sagen: für deine Musik. Du hast mit deinen Songs und deinen Konzerten meine Kindheit, meine Jugend und mein Erwachsenendasein geprägt. Die Rillen in meiner Born in the USA Schallplatte von 1984 sind so tief wie die Krater im Grand Canyon und meine Schwester hat heute noch Alpträume, weil deine Hits in Endlosschleife und voller Lautstärke aus meinem Zimmer dröhnten. Der Hausflur war mein Highway, das Wohnzimmer-Sofa meine Bühne und meine Kumpels mussten die E Street Band spielen, bis ich mich mit 14 unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Münchner Olympiastadion geschlichen hatte. Mein erstes Mal. Danach war nichts mehr wie vorher. Deine Konzerte sind wie eine Adrenalinspritze, ein Extra-Akku, der dir Kraft gibt für Monate, ein Wellness-Urlaub für die Seele und ein Rock’n’Roll-Schock fürs Herz.
Ich bin normalerweise niemand, der bei jeder Gelegenheit anfängt zu weinen. In deinen Konzerten aber laufen mir regelmäßig die Tränen runter. Vor Freude, vor Ergriffenheit, vor Rührung. Ich kann nichts dagegen tun. Deine Songs sind ein Stück Zuhause, egal, wo man ist. Sie spenden Trost, sind Zuflucht und Party-Kracher zugleich.
Eigentlich wollte ich dich nie persönlich kennen lernen, du weißt schon: „Von seinen Helden wird man oft enttäuscht!“ Und dann kam der 20. Oktober 2016. Plötzlich stand ich vor dir, habe kaum einen vernünftigen Satz rausgebracht, während mir dein Bodyguard eindeutig zu verstehen gab: keine Fotos! Und du? Du hast mir die Hand auf die Schulter gelegt, mir tief in die Augen geblickt und nur gesagt: „Alles ist gut! Wollen wir ein Selfie machen?“
Als ich nach Hause kam mit dem breitesten Grinsen der Welt im Gesicht, öffnete meine Frau die Tür, schaute mich an und meinte nur: „Du hast Bruce getroffen, oder?“
The Boss: für viele Musiker ein Vorbild
Viele Musiker lassen sich von Bruce Springsteen inspirieren oder sind selbst richtige Fans. Hinweise auf ihn, seine Musik und die E Street Band finden sich auch in Songs von Musikern, die auf den ersten Blick erst einmal gar nicht so viel mit Rock'n'Roll zutun zu haben scheinen – wie beispielsweise in den Indie-Raps von Casper.
Immer wieder zollen Künstler dem Boss auch Tribut, indem sie seine Songs covern oder bei Live-Auftritten interpretieren – da gibt es nahezu unzählige Beispiele von unter anderem Clueso, Passenger, Amy MacDonald oder auch Sam Fender. Der hat gerade kürzlich bei seinem Konzert beim SWR3 New Pop Festival den Song Dancing in the Dark für die Fans in Baden-Baden performed. Im Interview hat er uns erklärt, dass Springsteen sein Held ist. Auch, weil er sich in den Songs wiederfindet und in den Orten, an denen die Geschichten in den Songs spielen:
Hier die Coverversion von Sam Fender anschauen
Und damit ist Sam Fender in guter Gesellschaft. Matt Simons hat uns im SWR3-Interview berichtet, dass einer seiner absoluten Lieblingssongs Born to Run ist:
Auch unsere Supersoul-Stimme vom New Pop 2019, Emeli Sandé, hat eine besondere Verbindung zu der Musik von Bruce Springsteen und seinem Auftreten auf der Bühne:
Und Westernhagen schwärmt, als wir ihn im SWR3-Interview auf Bruce Springsteen ansprechen:
Rückblick: Die Anfänge der E Street Band
Anfang 1975. Bruce Springsteen ist noch nicht der Boss, sondern ein mäßig bekannter Sänger und Songschreiber aus Freehold, New Jersey. Bei seiner Plattenfirma Columbia steht er kurz vor dem Rausschmiss, weil seine ersten beiden Alben Greetings from Asbury Park und The Wild, the Innocent & the E Street Shuffle nicht besonders erfolgreich waren. Springsteen wurde damals als „Folksänger“ unter Vertrag genommen, er sollte der neue Bob Dylan werden. Aber eigentlich war Bruce Springsteen ein Rock'n'Roller mit einer Band im Rücken, der E Street Band.
Der Druck war groß, das dritte Album musste unter allen Umständen Erfolg haben. Eines Abends saß Bruce zuhause auf seinem Bett, die Gitarre in der Hand, er hatte sich gerade sein erstes eigenes Auto gekauft, einen 57er Chevy. Er dachte an Freiheit und Ungebundenheit und da kam ihm die Zeile „born to run“ in den Sinn. Das Gitarrenriff dazu war schnell gefunden.
Das war die Idee, der Song, den Springsteen brauchte. Monatelang feilten er und seine Band an den einzelnen Songs für das neue Album. Nie war Springsteen zufrieden, ständig wollte er alles noch besser machen. Tag und Nacht wurde gearbeitet, die Nerven lagen blank, jeder ging bis an seine physischen und psychischen Grenzen. Aber: alle blieben sie dran. Und es sollte sich lohnen. Am 25. August 1975 stand Born to Run in den Läden.
Innerhalb weniger Wochen verkaufte sich das Album 3 Millionen Mal und stieg bis auf Platz 3 der US-Albumcharts. Der Titelsong wurde Springsteens erster Hit. Plötzlich war er der Boss, sein Gesicht zierte die Titelseiten von Time und Newsweek. Aus dem Lokalmatador wurde ein Superstar. Born to Run ist immer noch eines der größten Rockalben aller Zeiten. Acht Songs und 39 Minuten voller Kraft und Romantik. Oder wie Springsteen selber sagt:
Bruce Springsteens Hits und ihre Geschichte
Hinter den Songs von Bruce Springsteen stecken spannende Geschichten, die Musikredakteur Matthias Kugler für unseren Podcast Die größten Hits und ihre Geschichte aufbereitet hat. Reinhören!