Kind liegt tot in der Schule
Es ist der Tag des Schulfestes. Marlon, der eigentlich hätte gar nicht da sein dürfen, liegt tot am Fußende der Schultreppe. Schnell ist klar: Er ist nicht gestolpert, jemand hat ihn gestoßen. Seine Eltern antworten auf die Frage, wer das getan haben könnte: jeder!
Wenn das die eigenen Eltern sagen: puh, harter Tobak. Aber natürlich gibt es Gründe, warum in Marlons Schule und Umfeld fast mehr Erleichterung als Schock über seinen Tod zu spüren ist. Marlon war ein sogenannter „Systemsprenger“, aggressiv, einer der immer Ärger machte und alle um ihn rum an ihre Grenzen brachte. Vor allem seine Mutter war mit ihm völlig überfordert, Lehrer und Lehrerinnen hatten Angst vor seinem nächsten Ausraster und auch unter den Mitschülern hatte er so gut wie keine Freunde.
Marlon war Opfer und Täter
Die Einträge in seiner Schulakte sind langsam nicht mehr zu zählen: von verbalen Attacken bis zu körperlichen. Einer Mitschülerin soll er – angeblich ohne Grund – den Arm gebrochen haben. Marlon war kurz davor, von der Schule zu fliegen. Und ist deshalb eben auch vom Schulfest ausgeschlossen worden.
Das alles macht den Kreis der Verdächtigen noch größer, denn auch die entnervten Eltern der Mitschüler kommen als Täter in Betracht, genauso wie die Kinder selbst. Der scheinbar Einzige, der zu Marlon gehalten hat, ist der Sozialarbeiter der Schule, Anton Leu. Er sagt, Kinder seien nicht das Problem, sie hätten eines. Und man müsse ihnen eben auch zuhören.
Der Fall geht den Kommissarinnen Odenthal und Stern nah
Der Fall geht Odenthal und Stern aber nicht nur deshalb so nah, weil ein Kind das Opfer ist, sondern weil beide sich irgendwie im Fall selbst finden. Stern kennt als alleinerziehende Mutter von Zwillingen Situationen, in denen man völlig überfordert ist und deshalb selbst mit Wut, Verzweiflung und verbaler Aggression reagiert. Um sich dann richtig mies zu fühlen, weil man feststellt, dass diese Reaktion falsch war. Odenthal dagegen, kann sich in Marlon reinversetzen. In wütende Kinder, die deshalb ausgeschlossen werden. Und die auf diesen Ausschluss mit noch mehr Wut reagieren – Odenthal war selbst eines dieser „wütenden Kinder“.
Bewertung: Ein Tatort entgegen der Klischees mit guten jungen Schauspielern
Dieser Tatort hätte ganz schnell ins Klischee abdriften können, tut er aber nicht! Marlon ist eben NICHT der schwierige Junge, aus sozial schwachen Verhältnissen an einer Problemschule. Sondern ein Kind der Mittelschicht, an einer ganz „normalen“ Schule. Und da zeigt sich, wie schnell das System und die Gesellschaft mit solchen Kindern überfordert ist. Und ich finde es auch gut, dass Marlon nicht nur Täter ist. Einige andere Kinder sind oft nicht viel besser, da dröhnt es uns Zuschauern mehr als einmal in den Ohren bei all dem Geschreie. Die jungen Schauspieler machen ihre Sache außerdem auch allesamt gut. Deshalb gibt’s von mir 4 von 5 Elchen.