Eine zwei mal drei Meter große Zelle, in der du bis auf eine Stunde am Tag isoliert bist: So ungefähr sahen die letzten fünf Jahre für Julian Assange aus. Der 52-jährige Australier saß so lange im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London – aber jetzt ist er frei. Er hat sich vor einem US-Gericht im Zusammenhang mit Spionagevorwürfen in einem Anklagepunkt schuldig bekannt. Zuvor hatte Assange laut Gerichtsdokumenten einen Deal mit der US-Justiz gemacht: Im Gegenzug für sein Schuldbekenntnis muss er in den USA nicht noch einmal ins Gefängnis.
Das US-Gericht hat den Deal jetzt abgesegnet und damit seine Freilassung besiegelt. Das berichteten die BBC und der britische Guardian am Mittwoch aus dem Gerichtssaal auf der Marianen-Insel Saipan, einem US-Außengebiet im Pazifik. Nach Angaben der anwesenden Reporter sagte die zuständige Richterin, Assange könne „den Gerichtssaal als freien Mann verlassen“.
Am späten Vormittag unserer Zeit kam Assange in Canberra in seinem Heimatland Australien an:
ARD-Auslandskorrespondentin Isabell Karras mit Details aus der Verhandlung:
Seine Frau Stella Assange hatte zuvor ein Video von seiner Ankunft am Gerichtsgebäude in Saipan geteilt:
WikiLeaks: „Julian Assange ist frei“
In der Nacht von Montag auf Dienstag, kurz nach der Bekanntgabe der Gerichtsdokumente, teilte auch die Plattform WikiLeaks mit: „Julian Assange ist frei.“ Er habe das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London nach 1.901 Tagen verlassen. Er sei vom britischen High Court auf Kaution freigelassen worden und habe am Montagnachmittag seinen Flug angetreten. Nach mehr als fünf Jahren „in einer zwei mal drei Meter großen Zelle, in der er 23 Stunden am Tag isoliert war“ werde Assange bald wieder mit seiner Frau Stella Assange und den beiden gemeinsamen Kindern vereint werden, „die ihren Vater bislang nur hinter Gittern kennen“, so WikiLeaks auf X.
Assanges Frau Stella teilte ein Video, das auch WikiLeaks veröffentlichte. Darin ist zu sehen, wie der 52-jährige Julian Assange in ein Flugzeug steigt, um zu seiner Anhörung auf Saipan zu fliegen. Danach könne er weiter in seine Heimat Australien reisen. Sie schreibt dazu: „Es gibt keine Worte, die unsere unermessliche Dankbarkeit gegenüber euch - ja, EUCH - ausdrücken könnten, die sich jahrelang für die Verwirklichung dieses Projekts eingesetzt haben. DANKE. DANKE. DANKE.“
Assanges Frau bittet um weitere Unterstützung
Auf YouTube veröffentlicht die Ehefrau von Julian Assange kurz darauf ein weiteres Video: Darin bittet sie dessen Unterstützung um Hilfe für den Wikileaks-Gründer nach seiner Freilassung. „Wir beabsichtigen, einen Notfallfonds einzurichten für Julians Gesundheit und Genesung“, sagt Stella Assange in dem Video. „Ich bitte euch, wenn ihr könnt, einen Beitrag zu leisten und uns beim Übergang in diese neue Phase der Freiheit von Julian zu helfen.“
Das Video wurde den Angaben zufolge am 19. Juni vor dem Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh aufgenommen. Auch WikiLeaks-Chefredakteur , Kristinn Hrafnsson meldet sich darin zu Wort: „Wenn ihr das hier seht, bedeutet das, [Julian Assange] ist draußen.“
Das ganze Video seht ihr hier:
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Wer ist Julian Assange?
Die ganze Sache mit Julian Assange geht schon über zehn Jahre: Zuletzt ging es darum, ob der WikiLeaks-Gründer von Großbritannien an die USA ausgeliefert werden soll. Aber fangen wir von vorne an:
- Assange hat WikiLeaks gegründet - das ist eine Enthüllungsplattform, auf der Whistleblower geheime Informationen veröffentlichen.
- Das hat auch Assange selbst gemacht: 2010 veröffentlichte er dort rund 470.000 geheime US-Dokumente, in denen es um US-Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan geht. Unter anderem sind darin Informationen über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen.
- Die US-Regierung wirft ihm unter anderem vor, damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.
- Sieben Jahre lang entzog sich Assange den Strafverfolgungsbehörden, indem er bei von der ecuadorianischen Botschaft in London politisches Asyl erhielt.
- Die Strafverfolgungsbehörden hatten ihn ebenfalls 2010 wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden ins Visier genommen. Aus Mangel an Beweisen wurden diese Anschuldigungen 2017 fallen gelassen.
- Seit 2019 saß Assange ohne Verurteilung im Hochsicherheitsgefängnis in London. Denn in diesem Jahr verliert er sein Asyl, weil er die Auflagen „wiederholt verletzt“ haben soll.
- Unterstützer sehen Assange als Journalisten, der mutmaßliche Kriegsverbrechen aufgedeckt hat. Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker forderten seit langem Assanges sofortige Freilassung.
- Die amerikanische Justiz wollte Assange lange Zeit den Prozess wegen Spionagevorwürfen machen. Bis zu 175 Jahre Haft hätten ihm dann gedroht. Aber durch den abgesegneten Deal mit der US-Justiz ist Assange jetzt ein freier Mann.