Es ist mal wieder Nacht im Tatort, Professor Boerne fährt in einen kleinen Urlaub. Endlich mal Abwechslung vom Team, ein bisschen Ruhe. Doch das geht schief, ein Autounfall verletzt ihn schwer und sein Körper landet auf der Intensivstation. Aber nicht nur das: Sein Geist sitzt plötzlich fest, im Limbus.
Der Limbus, die Vorhölle des engagierten Katholiken
Moment, das ist gar nicht lustig, denn in der Vorhölle stecken zu bleiben, hat ein paar Nachteile: Boerne kann im echten Leben noch rumlaufen, aber keiner kann ihn sehen oder hören – wie das eben so ist, bei typischen Halbtoten. Seine ehemaligen Angestellten packen über ihn aus: Ein egoistischer Typ, der alle wegdrücke mit seinem Narzismus, ein Ekel, mit dem keiner was zu tun haben wolle – aber sonst ganz okay.
Ist Karl-Friedrich Boerne tot?
Professor Boerne ist geschockt von so viel tief empfundener Wahrheit und taumelt weiter als Untoter durch die Straßen von Münster. Manchmal wird er durch seinen Vorhöllen-Sachbearbeiter in den Limbus zurückgeholt und muss wieder stiften gehen. Putzig das mit anzusehen, denn Boerne muss schließlich noch seinen bevorstehenden Mord aufklären.
Lange braucht er nicht, dann hat er langsam eine Spur, wer ihn da mutwillig in sein eigenes – dann also sein ehemaliges – Leichenschauhaus befördern will. Und jeder Tatort-Gucker weiß das, was Boerne auch weiß: Ohne Leiche und Mörder geht es nicht. Ernster war es nie um Boerne.
Nadeshda Krusenstern: Letzter Auftritt im Tatort Münster
Das alles sind wirklich ganz besondere 90 Minuten. Klar, wir sind es gewohnt, dass der Münsteraner Tatort ein bisschen durchdreht, und dieses Mal wird noch mal eins drauf gesetzt, und noch eins und noch eins. Die größte Überraschung ist Nadeshda, die vor Kurzem ebenfalls starb und jetzt mit ihm zusammen im Limbus wartet, dass ihr Fall vom Höllensacharbeiter gelöst wird. Merkwürdig bleibt, warum sie nach ihrem Tod gen Hölle statt gen Himmel gefahren ist, vermutlich falsch abgebogen.
Tatort Münster gewinnt deutlich gegen Netflix
Ich geb’s zu, es klingt alles kitschig. Ist es aber nicht. Die Geschichte hat Überraschungen und Witz, und ist oft auch sehr bemerkenswert inszeniert und gedreht. Schon allein die Vorstellung vom Tatort, wie der Weg in die Hölle wohl aussehen könnte, ist das Einschalten wert. Der Tatort bleibt trotzdem Krimi, ist aber wieder Mal außergewöhnlich und kann mit jeder Streamingplattform mithalten. Nimm das, Netflix!
Besonders Fans des Tatort Münster wird es Spaß machen, diese Umdrehung mehr. Alle anderen werden von mir dazu verdonnert, ihn trotzdem zu gucken, sonst kommt jeder Einzelne umgehend in den Limbus. Bitte mehr von solchen Innovationen – 5 von 5 Elchen.