Trotz Krieg in der Ukraine ist der Preis für Gas inzwischen wieder gesunken – erstmal eine gute Nachricht angesichts des bevorstehenden Winters. Zu früh sollten wir uns darüber aber nicht freuen.
- Wie hat sich der Gaspreis entwickelt?
- Warum sinkt der Gaspreis?
- Müssen wir jetzt weniger zahlen?
- Gasspeicher gefüllt – was heißt das?
- Gaspreisbremse und Soforthilfe: Entlastung für Verbraucher
- Warum sollte man trotzdem Energie sparen?
Wie hat sich der Gaspreis entwickelt?
An der Börse wird immer die Zukunft gehandelt: Beim Spotmarkt kauft man Gas beispielsweise heute und bekommt es morgen. Der Preis für eine Megawattstunde Erdgas kostete an der deutschen Energiebörse EEX am Montag (24.10.2022) weniger als 30 Euro – ein Monat davor waren das noch mehr als 200 Euro. Bis Mitte 2021 lag der Spotmarkt-Preis in der Regel in der Preisspanne von 10 bis 30 Euro. Auch bei sogenannten Terminkontrakten ging der Preis deutlich runter. Das sind Verträge mit garantiertem Preis für spätere Lieferungen. Hier halbierte sich der Preis im Vergleich zum Vormonat teilweise.
Warum sinkt der Gaspreis?
Viele Experten blicken optimistisch in die Zukunft. Deutschland und andere Länder in der EU konnten ihre Gasspeicher bisher gut füllen. Das liegt zum einen am bisher milden Herbst und zum anderen daran, dass Unternehmen und Privatleute Energie sparen.
Aus den gesunkenen Verbrauchsdaten hätten die Märkte die Schlussfolgerung gezogen, dass Europas Energiehunger im Winter doch nicht so groß sein könnte, wie vorher angenommen, sagt Georg Zachmann vom Thinktank Bruegel. Die Nachfrage nach Gas zur Speicher-Befüllung hat sich deshalb stark abgeschwächt.
Auch Flüssiggas (LNG) spielt eine Rolle. In Spanien wird derzeit mehr davon angeliefert als entladen werden kann. Die Länder helfen sich gegenseitig: Frankreich gibt Deutschland Gas ab, Norwegen liefert Rekordmengen. An der deutschen Küste sollen zum Jahreswechsel die ersten LNG-Terminals ihren Betrieb aufnehmen.
Gesunkener Gaspreis: Müssen wir jetzt weniger zahlen?
Können wir die Briefe, in denen uns die Gasversorger neulich höhere Abschlagszahlungen angekündigt haben, jetzt ignorieren? So einfach ist es leider nicht. Jutta Kaiser aus der SWR-Wirtschaftsredaktion erklärt, wieso die gesunkenen Gaspreise eher nicht bei Verbrauchern ankommen:
Mehr zahlen muss also wohl fast jeder – in einem gewissen Rahmen. Verdrei- oder vervierfacht sich der Preis aber, sollte man vergleichen, rät Kaiser. Und zwar die überregionalen Anbieter mit der Grundversorgung, in der Regel sind das die örtlichen Stadtwerke. Die waren früher zwar oft teurer, sind jetzt aber meistens günstiger als die Konkurrenz, da sie größere Mengen Gas langfristig eingekauft haben.
Bei einem Wechsel zum Grundversorger sollte man darauf achten, dass man in den richtigen Tarif kommt – und nicht in die Ersatzversorgung. Diese ist nämlich nur für Notfälle gedacht und teurer als die regulären Tarife bei einem normalen Vertragswechsel.
Gasspeicher gefüllt – was heißt das?
Um die deutschen Speicher zu füllen, hat eine Handelsfirma im Auftrag des Bundes in den vergangenen Monaten im großen Stil Gas eingekauft. Mit Stand 27. Oktober betragen die Füllstände laut Bundesnetzagentur 97,77 Prozent. Technisch gesehen seien 100 Prozent und in manchen Anlagen unter optimalen Bedingungen sogar mehr als das möglich, sagt Sebastian Bleschke vom Gasspeicher-Verband Ines. Die 100 Prozent haben manche Speicher auch schon erreicht, denn die Bundesnetzagentur veröffentlicht nur einen Durchschnittswert.
Bleschke weist aber auch darauf hin, dass die Befüllung stark witterungsabhängig sei: „Fällt die Temperatur im Tagesmittelwert auf sechs Grad oder weniger, wird die Nachfrage stark anziehen und es wird schwierig, weitere größere Mengen einzuspeichern.“
Und dann wird auch der Gaspreis wieder ansteigen. Wenn der Speicherstand in den kommenden Wintermonaten schneller als erhofft sinkt, könnte der Preis für Erdgas wieder durch die Decke gehen wie vor Kurzem noch. Dann könnte auch eine Gasmangellage ausgerufen werden.
Gaskrise in Deutschland: Was kommt auf Verbraucher zu?
Gaspreisbremse und Soforthilfe: Entlastung für Verbraucher
Ab Anfang März 2023 bis mindestens Ende April 2024 soll eine Gas- und Wärmepreisbremse greifen. Diese sieht für eine Grundmenge an Gas einen staatlich garantierten Bruttopreis inklusive aller auch staatlich veranlassten Preisbestandteile von 12 Cent pro Kilowattstunde vor. Oberhalb dieses Kontingents sollen Marktpreise gelten. Das Grundkontingent soll bei 80 Prozent des Verbrauchs liegen, der der Abschlagszahlung für September 2022 zugrunde lag.
Um die Zeit bis zur Einführung der Gaspreisbremse zu überbrücken, sieht ein Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums vor, dass der Bund im Dezember einmalig die Kosten der Abschlagszahlungen übernimmt. Die Gutschrift erfolgt demnach über die Energieversorger. Mieterinnen und Mieter und Mitglieder von Wohneigentumsgemeinschaften sollen den Zuschuss im Rahmen ihrer jährlichen Heizkostenabrechnung erhalten. Der Gesetzentwurf soll am 2. November im Kabinett verabschiedet werden.
Warum sollte man trotzdem Energie sparen?
Damit bei uns kein Blackout passiert und wir im Winter nicht in eiskalten Wohnungen sitzen müssen, sollten wir trotz der momentan optimistischen Lage Strom und Gas sparen, wo wir können. Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller warnt, nur wenige, sehr kalte Wochen könnten ausreichen, um den Gasverbrauch in Deutschland explodieren zu lassen.
Bei einem durchschnittlichen Winter reichten die Reserven bis Mitte April. Sollte der Winter aber sehr kalt werden und die Gas-Importe sinken, drohe ein Gasmangel Ende Februar. Müller geht aber davon aus, dass das vermieden werden kann, wenn weiterhin Gas gespart wird.